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NachgefragtNicht tabuisieren

■ Echte Kurden, falsche Libanesen

Matthias Güldner, innenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, will den Innensenator gegen „falsche Libanesen“ unterstützen.

taz: Herr Güldner, auf welche Weise wollen Sie den Innensenator unterstützen?

Matthias Güldner: Wir unterstützen seinen Versuch, Licht in das Dunkel zu bringen.

Ist die Legislative dazu überhaupt in der Lage?

Es handelt sich dabei natürlich eher um moralische Unterstützung. Es geht uns darum zu zeigen, dass die Grünen zwar einerseits jederzeit für die Rechte von Flüchtlingen eintreten, aber andererseits die Augen nicht davor verschließen, dass es in dieser Stadt schwierige Gruppen gibt.

Worauf bezieht sich Ihre Formulierung „vermeintliche“ Asylbewerber? Wären die Flüchtlinge nicht in jedem Fall Asylbewerber, egal aus welchem Land sie stammen?

Das ist richtig, aber mit türkischer Staatsangehörigkeit wären sie längst abgeschoben worden.

Sie fordern einerseits die konsequente Anwendung des geltenden Rechts, andererseits warnen Sie davor, unschuldige Frauen und Kinder büßen zu lassen. Wie können die denn geschützt werden?

Richtig, man muss dafür sorgen, dass das, was einige männliche Mitglieder der Gruppe veranstaltet haben, auch wahrgenommen wird, ohne dass die Frauen und Kinder, die völlig unschuldig in diese Situation hineingeraten sind, darunter zu leiden haben. Es ist die Frage, wie das rechtlich aussehen kann.

Aber das geltende Asylrecht trifft diese Unterscheidung nicht, die Abschiebung erscheint unvermeidlich.

Das kommt auf die jeweilige Familiengeschichte an.

Ihr Landesvorstand zieht ganz andere Schlüsse aus den Vorgängen: Die migrationspolitische Sprecherin, Christina Bremme, will durch Bekämpfung der Fluchtursachen und die Lockerung des Asylrechts verhindern, dass Flüchtlinge aus Angst und Not zur Lüge greifen. Geht ein Riss durch die Partei?

Nein, in diesen Punkten sind wir uns völlig einig. Mein Anliegen ist, dass wir gleichzeitig vor den Problemen in der Stadt die Augen nicht verschließen.

Ungewohnte Töne: Erst die Forderung nach einer Polizeiwache am Sielwalleck, jetzt die Unterstützung für den Innensenator – suchen die Grünen nach einem neuen innenpolitischen Profil?

Der Vorschlag mit der Polizeiwache stammt von der Beiratsfraktion, und ich halte ihn für falsch. Das andere sind Töne, die hoffentlich von uns in Zukunft öfter zu hören sein werden. Wenn wir rassistischen und ausgrenzenden Tendenzen in der Asylpolitik entgegentreten, sollten wir die problematischen Seiten nicht tabuisieren. Mit neuer grüner Innenpolitik hat das nichts zu tun. not

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