Nachfolger von Yücel an PEN-Spitze: Haslinger wird erneut Präsident
Der 66-jährige Josef Haslinger wird die Schriftstellervereinigung interimsmäßig führen. Zuvor war Deniz Yücel überraschend vom Amt zurückgetreten.
Haslinger war bereits einmal von 2013 bis 2017 PEN-Präsident. Er wolle den Neustart vorbereiten, sagte Haslinger. Der PEN-Notvorstand wurde notwendig, da in Gotha das komplette, erst im Oktober gewählte Präsidium zurückgetreten war. Zunächst hatte am Freitag der Journalist Deniz Yücel nach nur knapp überstandener Abwahl überraschend seinen Rücktritt erklärt.
Nach dem überraschenden Rücktritt von Yücel haben PEN-Mitglieder eine personelle Verjüngung gefordert. Die Schriftstellerin Thea Dorn sagte am Samstag bei der Aussprache auf der Mitgliederversammlung in Gotha, für sie mache ein Verbleib im PEN nur Sinn, wenn sich die Vereinigung radikal neu aufstelle. PEN-Mitglied Herbert Wiesner sagte: „Wir brauchen einen Neuanfang mit jüngeren Leuten nach diesem Desaster, wir steuern ins Nirwana.“ Neumitglied Markus Ostermair sah in der personellen Verjüngung eine der wichtigsten Aufgaben für die weitere Existenz des Vereins.
Der Journalist Yücel hatte am Freitagabend in Gotha nach einer teils giftig geführten Debatte und eines nur knapp gescheiterten Abwahlantrags sein Präsidentenamt hingeschmissen. Zugleich erklärte der 48-Jährige seinen Austritt aus der „Bratwurstbude“ PEN. Am Samstag traten dann auch der PEN-Vizepräsident Ralf Nestmeyer und der Beisitzer Christoph Links aus dem Präsidium zurück.
Der Führungsstil der erst im Oktober gewählten Spitzenriege hatte zu heftigen internen Querelen und einer tiefen Spaltung der Vereinigung geführt. Viele Mitglieder haben nach dem Debakel in Gotha über einen Austritt aus der Schriftstellervereinigung nachgedacht, wie sie am Samstag bekannten. Sie werteten den gegenseitigen Umgang als unwürdig, beschämend, schäbig und peinlich.
Die Schriftstellerinnen Eva Menasse und Julia Franck äußerten in der Aussprache ihre Befremden über die in Gotha zutage getretene Häme und Grabenkämpfe. Franck sprach von einem „Höllenspektakel“ und Gefechten, an denen sie sich nicht beteiligen wolle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz