Nachfolge von Theresa May: Zehn Tory-Politiker nominiert
Im Rennen um die Nachfolge von Regierungschefin May haben zehn Kandidaten die erste Runde geschafft. Exaußenminister Boris Johnson gilt als Favorit.
Als Favorit gilt der umstrittene frühere Außenminister Boris Johnson. Er ist zwar als Chefdiplomat in etliche Fettnäpfchen getreten. Viele trauen ihm aber zu, enttäuschte Brexit-Wähler, die sich von den Konservativen abgewendet haben, zurückzugewinnen.
Nominiert sind ebenfalls Außenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael Gove, der frühere Brexit-Minister Dominic Raab, Innenminister Sajid Javid, Gesundheitsminister Matt Hancock, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, die frühere Ministerin für Parlamentsfragen Andrea Leadsom, Ex-Arbeitsministerin Esther McVey und der EU-freundliche Abgeordnete Mark Harper. Jeder Kandidat brauchte die Unterstützung von mindestens acht Abgeordneten. Nur der frühere Hochschul-Staatssekretär Sam Gyimah hatte diese Hürde nicht geschafft.
Johnson sorgte mit neuen Plänen sogleich wieder für Aufsehen. Er kündigte an, die vereinbarte Schlussrechnung für den EU-Ausstieg in Höhe von 39 Milliarden Pfund (rund 44 Milliarden Euro) vorerst zu stoppen. Auch eine deutliche Senkung der Einkommensteuer für gut verdienende Briten stellte er in Aussicht, sollte er Regierungschef werden. Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon bezeichnete die Pläne des Brexit-Hardliners umgehend als eine „Horrorshow“.
Ein Wendehals als Herausforderer
Bei der Brexit-Schlussrechnung handelt es sich um langfristige Lasten wie Pensionszahlungen für EU-Beamte. Johnson sagte der Sunday Times, er würde das Geld so lange nicht bezahlen, bis es bessere Bedingungen und „mehr Klarheit“ über das weitere Vorgehen gebe.
Seine Äußerungen stießen in Brüssel umgehend auf Protest: „Das schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit Großbritanniens als internationaler Partner, sondern ist absolut inakzeptabel“, twitterte der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt.
Vor allem Außenminister Hunt könnte Johnson noch gefährlich werden. Er hat eine Wandlung vom EU-Befürworter zum Brexit-Anhänger durchgemacht. Viele glauben, dass er sich damit schon in Position bringen wollte als potenzieller Premierminister.
Die Aussichten für Gove, May beerben zu können, dürften sich hingegen verschlechtert haben: Der Umweltminister gab am Wochenende zu, vor mehr als 20 Jahren mehrmals Kokain konsumiert zu haben – und wurde dafür von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Er selbst sprach von einem großen Fehler, wollte aber an seiner Kandidatur festhalten.
Wie es weitergeht
Kritiker sehen in Gove auch einen Wendehals. Er gilt als bestens vernetzt – im Parlament sowie bei den Mächtigen in der Welt der Medien. Als er nach einem gescheiterten Versuch, Premierminister zu werden, kurzzeitig auf den hinteren Bänken im Parlament Platz nehmen musste, arbeitete er nebenberuflich als Journalist. Er gilt als Protegé des US-Medienmoguls und Trump-Verbündeten Rupert Murdoch.
May hatte im Zuge des Brexit-Streits am vergangenen Freitag ihr Amt als Parteichefin aufgegeben. Ihr war es nicht gelungen, das Parlament oder auch nur ihre eigene Partei auf einen gemeinsamen Kurs zu bringen. Drei Mal hatte das Unterhaus ihren mit Brüssel ausgehandelten Deal für den EU-Austritt krachend durchfallen lassen.
Wie geht es in den nächsten Wochen nun weiter? Das Verfahren ist in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase wird das Feld der Bewerber von den Tory-Abgeordneten in mehreren Wahlgängen auf zwei reduziert. Diese beiden müssen sich einer Stichwahl unter den rund 160.000 Parteimitgliedern stellen. Bis Ende Juli soll der Sieger feststehen und May auch an der Regierungsspitze ablösen.
Bei der ersten Abstimmungsrunde am kommenden Donnerstag (13. Juni) scheiden alle Bewerber aus, die nicht mindestens 17 Stimmen erhalten. Weitere Abstimmungsrunden sind am 18., 19. und 20. Juni vorgesehen.
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