Nach taz-Recherche über Pflanzengift: Bayer ändert Aussage zu Glyphosat
Dass 800 Studien ein Krebsrisiko bestreiten, behauptet der Chemiekonzern jetzt nicht mehr. Die Zahl der Klagen von Glyphosat-Geschädigten steigt weiter.
Nach den taz-Recherchen zu falschen Aussagen über das Krebsrisiko des Pflanzengifts Glyphosat hat Bayer seine Kommunikation zum Thema verändert. Im letzten Quartalsbericht vom Juli (pdf) hatte das Chemieunternehmen noch behauptet, „mehr als 800 wissenschaftliche Studien“ hätten „bestätigt, dass Glyphosat bzw. Glyphosat-basierte Herbizide nicht krebserregend sind und dass die bestimmungsgemäße Anwendung sicher ist“. Tatsächlich befassten sich aber überhaupt nur rund 50 Studien mit dem Krebsrisiko – und kamen zudem zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Im jüngsten Quartalsbericht (pdf), der am Dienstag veröffentlicht wurde, ist die Aussage deutlich verändert worden. „Mehr als 800 wissenschaftliche Studien und Aufsichtsbehörden weltweit haben bestätigt, dass Glyphosat sicher ist, wenn es entsprechend den Anwendungshinweisen verwendet wird“, heißt es nun. Ähnlich äußerte sich der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann bei einer Pressekonferenz. Die Falschaussage, dass alle diese Studien das Mittel für nicht krebserregend halten, wiederholte das Unternehmen nicht.
„Bayer rudert deutlich zurück, bleibt aber kreativ im Umgang mit Studienergebnissen“, kommentierte Harald Ebner, Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag, die neue Aussage. Zwar seien tatsächlich rund 800 Studien in die Glyphosatbewertung der Behörden eingeflossen, doch kämen nicht alle zu dem Schluss, dass Glyphosat unbedenklich sei. „Das ist lediglich die Gesamtinterpretation der Zulassungsbehörden, die diese weitgehend unkritisch von den Herstellern übernommen haben“, sagte Ebner der taz.
Harald Ebner, Grüne
Im Pressegespräch zu den Quartalszahlen berichtete Bayer-Chef Baumann zudem, dass die Zahl der Klagen von Glyphosatgeschädigten in den USA auf 9.300 gestiegen ist. Im August hatte das Unternehmen noch von 5.000 gesprochen. „Mit weiteren Klagen ist zu rechnen“, sagte Baumann. Das Unternehmen sei aber „unverändert davon überzeugt, gute Argumente zu haben“, und werde sich „in all diesen Verfahren entschieden zur Wehr setzen“.
In einem ersten aufsehenerregenden Urteil war Bayer in Kalifornien dazu verurteilt worden, einem krebskranken Glyphosatanwender 289 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen. Das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, hatte den Aktienkurs des Chemiekonzerns einbrechen lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“