Bayer-Konzern nach Monsanto-Fusion: Gewinn runter, Dividende rauf
Bayer verdient 77 Prozent weniger, will den Aktionären aber so viel zahlen wie noch nie. Die sind wegen der Glyphosat-Prozesse in den USA verschreckt.
Berlin taz | Trotz eines drastischen Gewinneinbruchs nach der Übernahme des US-Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto will der Chemiekonzern Bayer eine Rekorddividende zahlen. Wie das Leverkusener Unternehmen am Mittwoch berichtete, verringerte sich das Ergebnis im vergangenen Jahr um 77 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die von den Schadensersatzprozessen wegen des Pestizids Glyphosat verschreckten Aktionäre sollten dennoch 9 Prozent mehr als im Vorjahr erhalten: 2,6 Milliarden Euro.
Nicht so großzügig ist der Konzern mit seinen Mitarbeitern: Bereits im November hatte das Unternehmen angekündigt, bis Ende 2021 weltweit rund 12.000 Stellen abzubauen. 2018 hatte das Unternehmen etwa 117.000 Vollzeitjobs.
„Bayer befindet sich in einer ernsten Krise. Aber die Aktionär*innen sollen davon nichts spüren. Sie will der Konzern bei der Stange halten“, teilte Axel Köhler-Schnura vom Vorstand der Organisation Coordination gegen Bayer-Gefahren mit. Tatsächlich ist der Aktienkurs von Bayer ab August 2018 um etwa 40 Prozent eingebrochen. Damals verurteilte ein Gericht in den USA Monsanto zu 289 Millionen Dollar Schadensersatz. Kläger war ein Mann, der seine Krebserkrankung auf das konzerneigene Pestizid RoundUp mit dem Wirkstoff Glyphosat zurückführt.
Zwar wurde die Summe später auf 79 Millionen Dollar reduziert. Viele Aktionäre befürchten aber immer noch große Haftungsrisiken. Denn bis zum 28. Januar hat Bayer Klagen nach eigenen Angaben in den USA von etwa 11.200 Betroffenen erhalten – rund 2.000 mehr als bisher bestätigt. Das zweite Gerichtsverfahren begann am Montag in San Francisco. Auch in Kanada sei bereits eine Klage anhängig. „Mit weiteren Klagen ist zu rechnen“, erklärte Bayer am Mittwoch.
Aktivisten kritisieren Monsanto-Deal
Zum Jahresschluss hatte die Bayer-Aktie denn auch bei 60,56 Euro notiert. Die Aktionäre kamen also inklusive der Ende Mai gezahlten Dividende auf eine Rendite von minus 39 Prozent, wie das Unternehmen vorrechnete. Im Vergleich dazu sei der Deutsche Aktienindex Dax 30 im vergangenen Jahr lediglich um 18 Prozent gefallen.
Jetzt wird sogar schon darüber spekuliert, dass Finanzinvestoren das geschwächte Unternehmen zerschlagen könnten. Der einschlägig bekannte Hedgefonds Elliott ist bereits bei dem Konzern eingestiegen. Am Mittwoch stieg der Aktienkurs jedoch um mehr als 5 Prozent, weil die Geschäftszahlen besser als erwartet waren.
„Die Bilanz des Monsanto-Deals fällt katastrophal aus“, sagt Bayer-Kritiker Köhler-Schnura. Nicht nur, weil die US-Tochter ein Geschäftsmodell verfolge, das Menschen und der Umwelt schade. „In seiner grenzenlosen Gier nach Gewinn und Profit hat Bayer bereits jetzt dafür gesorgt, dass der Wert des eigenen Unternehmens sich in den letzten Monaten mehr als halbierte und nur mit Mühe wieder aufgepäppelt werden kann“, so der Aktivist.
Aktionäre sollen Entlastung des Vorstands verhindern
Verantwortlich sei die Führungsriege um Vorstandschef Werner Baumann. „Darum wird die Coordination zur Bayer-Hauptversammlung am 26. April neben anderen Gegenanträgen mit einem Gegenantrag die Aktionär*innen auffordern, den Vorstand nicht zu entlasten“, kündigte die Organisation an.
Gründe des Gewinnrückgangs im vergangenen Jahr sind Finanzierungskosten für den gut 54 Milliarden Euro teuren Kauf von Monsanto sowie „saisonal bedingte“ Mindereinnahmen bei der neuen US-Tochter. Außerdem hatte Bayer 2017 noch hohe Gewinne durch den Verkauf von Anteilen an der früheren Werkstoffsparte Covestro verbuchen können.
Der Umsatz des Konzerns stieg 2018 um 4,5 Prozent auf 39,6 Milliarden Euro. Das Wachstum ging vor allem auf das Arzneimittelgeschäft und das Agrargeschäft zurück. „Für unser Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln war 2018 ein schwieriges Jahr“, erklärte Baumann. Die Sparte schrumpfte leicht. (mit afp)