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Nach der Wahl in VenezuelaOpposition sucht neues Bündnis

Der Wahlsieg von Nicolás Maduro in Venezuela ist umstritten. Nun diskutiert die Opposition über Strategien, ihn loszuwerden.

Einige Maduro-Gegner_innen protestieren am Montag in den Straßen von Caracas Foto: ap

Caracas taz | Maximaler Druck auf Nicolás Maduro, um seine Absetzung als venezolanischer Präsident zu erzwingen. Das ist die Reaktion der Vereinigten Staaten nach dessen fragwürdigem Wahlsieg. Die USA verhängten am Montag weitere Sanktionen gegen Maduro und andere Mitglieder der sozialistischen Regierung. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete ein Dekret, das Strafmaßnahmen gegen Maduros Regierungsmitglieder verschärfen und den Zugang zu Devisenquellen erschweren soll. Dies gilt auch für den so wichtigen staatlichen Ölkonzern PDVSA sowie Venezuelas Zentralbank.

Zugleich größtmöglichen innenpolitischen Druck aufzubauen, ist die Absicht der Opposition. Sie will den Präsidenten des südamerikanischen Landes endlich loswerden. Laut regierungstreuer Wahlkommission CNE war Maduro am vergangenen Sonntag auf knapp 68 Prozent der abgegebenen Stimmen gekommen. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei historisch niedrigen 46 Prozent.

Das oppositionelle Wahlbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) will keine Mittel ausschließen, um gegen Maduro vorzugehen. „Wir fordern sie nicht, aber gegen eine Militärintervention sind wir auch nicht“, sagte der Abgeordnete Américo de Grazia der taz. Allerdings sei dies nur eine der Möglichkeiten, Maduro abzusetzen.

Andere Oppositionelle plädieren für eine Zusammenarbeit mit der Regierung, um der umfassenden Krise des Landes zu entkommen und zur Demokratie zurückzukehren. Das Parlament hat derzeit kaum politischen Einfluss. Die Asamblea Nacional war von Maduro entmachtet und durch eine linientreue verfassungsgebende Versammlung ersetzt worden.

Opposition will Neuwahl im Oktober

Venezuelas drängendstes Problem ist der Hunger. Etwa 15 Prozent der Bevölkerung litten im Jahr 2017 an Unterernährung, gibt die Menschenrechtsorganisation Provea an. 280.000 Kindern droht laut der katholischen Caritas der Tod, sollte sich die Lage nicht verbessern.

Die einheimische Agrarwirtschaft produziert eigenen Angaben zufolge nur noch rund 20 Prozent der nötigen Lebensmittel. Für Importe fehlen die Devisen. Die Hyperinflation lähmt die Wirtschaft, allein in der Woche vor der Wahl verlor die nationale Währung Bolívar auf dem Schwarzmarkt etwa 25 Prozent an Wert. Aufs Jahr gerechnet schätzt die Weltbank die Inflation auf 13.800 Prozent.

Gegen eine Militärintervention sind wir auch nicht

Américo de Grazia

Bislang war die venezolanische Opposition zersplittert und konnte sich nicht auf ihren Weg für das gemeinsame Ziel einigen. Der gemeinsame Feind Maduro schweißt seine Gegner nun zusammen. Doch viele Oppositionelle befinden sich im Exil, der populäre Leopoldo López steht unter Hausarrest, der ehemalige Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles darf zu keinen Wahlen antreten. „Wir brauchen einen gemeinsamen Anführer, wir müssen uns auf eine Person einigen“, forderte de Grazia. „Das ist unsere Aufgabe der kommenden Tage.“

Noch am Wahlabend hatte das Parteienbündnis Frente Amplio alle anderen oppositionellen Gruppen dazu aufgerufen, „Hand in Hand“ gegen Maduros Regime vorzugehen. Das MUD ist de Grazia zufolge bereit, ein solches Bündnis einzugehen. Dazu gehören auch die unterlegenen Gegenkandidaten Henri Falcón, ein ehemaliger Chavist und gemäßigter Linker, sowie Javier Bertucci, ein evangelikaler Ex-Prediger. Schon vor Bekanntgabe des Ergebnisses hatten sie die Wahl für ungültig erklärt und eine Neuansetzung im Oktober gefordert.

Der Vorsitzende der Asamblea Nacional sagte nun, es gebe keine Zeit zur verlieren. „Wir kämpfen für gerechte Wahlen im letzten Jahresdrittel“, so Omar Barboza vom MUD.

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7 Kommentare

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  • „Wir fordern sie nicht, aber gegen eine Militärintervention sind wir auch nicht“, sagte der Abgeordnete Américo de Grazia der taz. Allerdings sei dies nur eine der Möglichkeiten, Maduro abzusetzen.-- Die TAZ als Sprachrohr für eine Militärintervention der USA ? Quo vadis TAZ? Venezuela hat schon immer 70 % seines täglichen Konsums eingeführt. Wenn unter einem Embargo nur noch 20% produziert werden ist das also keine Neuheit. Das bedeutet allerdings das ein Wirtschaftsembargo die Bevölkerung tatsächlich das Lebensnotwendige entzieht und bewusst dem Hunger und der Misere aussetzt, da Venezuela zu 2/3 immer von Importen abhing. Man entzieht also der Bevölkerung 70 % aller verfügbaren Waren, obwohl Venezuela reich genug ist- wegen der Gas- und Erdölvorkommen - diese zu importieren.

  • Opposition in Venezuela ist ABD...

  • Wie sollen diese Sanktionen der Bevölkerung helfen? Wer soll in Wirklichkeit unterstützt werden?

     

    Das Land braucht Devisen um für die Bevölkerung zu sorgen. Die könnte es auch durch den Handel mit dem Ausland bekommen, wenn nicht der US-Regierung die Nase von Herrn Maduro nicht passen würde.

     

    Man denke an den Putsch in Brasilien, wie gut da die US-Regierung die Putschisten unterstützt (natürlich gegen Übergabe von Rechten an US Unternehmen). Die Verarmung der Bevölkerung ist dabei ganz egal, hauptsache man hat vorteilhafte Wirtschaftsvereinbarungen in der Tasche.

  • Die AfV (Alternative für Venezuela) könnte sich bei ihren deutschen Kollegen ja Anregungen holen: "Maduro muss weg", immer Montags.

  • "Wir fordern sie nicht, aber gegen eine Militärintervention sind wir auch nicht“

     

    Super Idee! Es gibt eindeutig zu wenig Krieg auf der Erde.

     

    Maduro ist ja schon schlimm. Die "Alternative" scheint aber noch dümmer zu sein.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Mit welchem Recht mischen sich die USA in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates ein?

    • @82236 (Profil gelöscht):

      mit dem Recht des Stärkeren und Skrupelloseren. Wozu brauchen die USA ihre überdimensionierten Streikräfte und ihre Finanzwaffen?