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Nach dem SPD-Debakel im NordenRoter Doppelwhopper

Nach der Wahlniederlage in Schleswig-Holstein setzt die SPD nun voll auf Sieg in NRW. Wahlkampfjoker soll der Kanzler sein.

Schulter an Schulter für NRW: SPD-Kandidat Thomas Kutschaty und Bundeskanzler Olaf Scholz Foto: Robert Schmiegelt/imago

Berlin/Bochum taz | Sandwichmethode nennt man das, wenn eine schlechte Nachricht zwischen zwei gute gepackt wird. SPD-Parteichef Lars Klingbeil probierte es am Montag bei der Nachwahllese in der Berliner Parteizentrale damit. Zunächst gratulierte er Yasmin Fahimi, einst SPD-Generalsekretärin, die zuvor als erste Frau an die Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes gewählt worden war. Dann erst kam er zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein, wo die SPD am Sonntag ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt hatte.

Nur 16 Prozent der Wäh­le­r:in­nen hatten sozialdemokratisch gewählt, das reichte nur noch für Platz drei hinter den Grünen. „Es ist uns nicht gelungen, mit unseren Themen durchzudringen“, trug Klingbeil die Analyse des Präsidiums vor. Ausdrücklich bedankte er sich bei dem glücklosen Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller.

Der Ex-Grüne war dem amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther zu keiner Zeit gefährlich geworden. Zu beliebt war dieser und zu unbekannt der Herausforderer, der gegen Günther auch im gemeinsamen Heimatwahlkreis Eckernförde untergegangen war mit 16,1 zu 58,4 Prozent. Eine schmerzhafte Niederlage, aber keine ganz überraschende.

„Es war schon in der Aufstellung klar, dass es eine sehr große Herausforderung wird, gegen den beliebtesten Ministerpräsidenten anzutreten“, teilte Losse-Müller am Montag in Berlin mit. Die viel bekanntere SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli hatte dankend auf die Spitzenkandidatur verzichtet. Doch auch sie hatte es unerwartet hart getroffen: Sie war extra umgezogen, um im Wahlkreis Kiel-Ost antreten zu können. Am Wahlabend aber musste sie sich in der SPD-Hochburg Seyran Papo von der CDU geschlagen geben.

Midyatli und Losse-Müller: ein Team

Einen wirklichen Vorwurf für das Wahldebakel im einstigen Stammland wollte Losse-Müller denn auch niemand machen. Dass er dennoch in den Landtag einziehen werde, hatte er schon am Vorabend klargemacht, den Anspruch auf eine Spitzenposition erhebt er aber nicht. Er schlage vor, dass Midyatli Fraktionsvorsitzende bleibe, sagte Losse-Müller am Montag: „Wir werden uns als Team aufstellen.“ Klingbeil bekräftigte, dass man in Berlin sehr gern mit beiden weiter zusammenarbeite.

Kiel ist also abgehakt. Lieber blickt der Parteivorsitzende nach Nordrhein-Westfalen, wo am kommenden Sonntag gewählt wird. Dort herrsche eine ganz andere Ausgangslage. „Ich bin ziemlich sicher, dass Thomas Kutschaty neuer Ministerpräsident wird“, versuchte Klingbeil sodann das Sandwich zuzuklappen.

Ein Wahlsieg im mit 18 Millionen Menschen einwohnerstärksten Bundesland wäre der Hauptgewinn. In Umfragen liegen der amtierende Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und sein sozialdemokratischer Herausforderer Kutschaty tatsächlich Kopf an Kopf. Wobei Wüst leicht führt, doch die Mehrheit der Bür­ge­r:in­nen wünscht sich laut Umfragen eine rot-grüne Regierung.

Obwohl der Rückenwind aus Schleswig-Holstein nun ausbleibt, will Thomas Kutschaty mögliche Folgen für die Wahl an Rhein und Ruhr nicht erkennen. In NRW stünden „die Zeichen auf Wechsel“, macht Kutschaty sich und seinen Ge­nos­s:in­nen Mut. „In Bochum oder Bielefeld haben die Leute andere Probleme. Die interessiert in den kommenden fünf Jahren nicht, wie in Eckernförde abgestimmt worden ist“, bekräftigt ein Sprecher Kutschatys.

Und tatsächlich dürften Kutschaty und Ge­nos­s:in­nen die Klatsche in Kiel längst eingepreist haben, die eine „reine Personenwahl“ gewesen sei. Kutschaty will nun also weiter mit seinen Themen soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit auch für Kinder aus finanzschwachen Familien, bezahlbares Wohnen und bessere Pflege punkten. Und setzt doch im Endspurt auf Personalisierierung.

Denn die gesamte Parteiprominenz rückt an: Zum Wahlkampfabschluss am Freitag in Köln werden neben Klingbeil auch Co-Parteichefin Saskia Esken und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer erwartet. Und Olaf Scholz. Den Kanzler setzt die SPD im Wahlkampfendspurt gewissermaßen als Joker ein. Neue Plakate zeigen Scholz und Kutschaty Schulter an Schulter: „Für die Menschen in NRW ist es gut, dass der künftige Ministerpräsident einen guten Draht zur Bundesregierung hat“, prahlt Kutschaty.

Ob es denn nicht riskant sei, auf diesen Doppelwhopper zu setzen, wird Klingbeil am Montag im Willy-Brandt-Haus gefragt. „Überhaupt nicht“, meint dieser. In Nordrhein-Westfalen stünden viele Arbeitsplätze auf der Kippe, da sei ein direkter Zugang ins Kanzleramt gut. Subtext: Wehe, wenn der Falsche gewinnt.

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8 Kommentare

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  • - doch die Mehrheit der Bür­ge­r:in­nen wünscht sich laut Umfragen eine rot-grüne Regierung. -

    Ich kann das nicht glauben.. Stimmt das, oder haben die Leutz in NRW den Schuss nicht gehört..?



    Hannelore hat den Laden abgerockt, der Haushalt war nicht verfassungskonform, das ideologische Rumgemurckse am Schulsystem, die verrotteten Gebäude.

    Schwarz- Grün..!



    Schwarz-Grün.

    • @Rasmuss:

      "Hannelore hat den Laden abgerockt", aber dann kamen die Durchseucher von der Maskenmafia, und schlugen alles kurz und klein.

      "Schwarz-Grün."

      Weil das mit den "nur" liberal Verstrahlten Lindner und Buschmann im Bund schon so "super" klappt, sollen die NRW-Grünen jetzt mit der Deutschlandfiliale der Trump-GOP koalieren? Na auf die Queerpolitik mit Liminski bin ich ja mal gespannt...

      Niemand kann im Übrigen der AfD verbieten, für Wüst zu stimmen. Und niemand wird die CDU dran hindern, zu versuchen, sich die fehlenden Stimmen stattdessen von den Grünen zu holen. Wenn nötig, wird halt mit Geld gedroht; die Sache ist sehr wichtig besonders für die christlichen Fundamentalisten um Schäuble usw, und Wüst wird sich sein angebliches "Recht", als "Wahlsieger" weiterzuregieren, nicht nehmen lassen.

      Der NRW-FDP ist mittlerweile, das kann man durchaus sagen, wirklich komplett egal, was sie tun, wenn sie nur mitregieren dürfen, und wenn Menschen deswegen sterben, dann ist das halt so. Aber für eine Neuauflage von Schwatz-Geld wird es eher nicht reichen.

      Es wird vielleicht spannend. Aber auf jeden Fall wird es dreckig, sehr sehr dreckig. Die NRW-CDU ist so etwas wie die deutsche Vernetzungszentrale des abrahamitischen Fundementalismus - Laschets "old boys' network" ist sowohl mit Likud auf gutem Fuß (Mafiosi unter sich halt), als auch mit Erdogan, als auch mit den Evangelikalen. Und wir wissen ja, wie es bei den Katholen läuft: Lügen, betrügen, klauen und heucheln - aber hinterher immer schön zur Beichte, dann ist alles vergeben und vergessen.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Kompliment, SPD.



    Super Wahlplakat.



    Die beiden (Scholz und der Spitzenkandidat) stehen da, als wären sie in zwei verschiedenen Erdteilen fotografiert und dann per Fotoshop zusammendilettiert worden.

  • Find ich gut, Scholz mehr einzubinden.



    So rutscht die SpD wenigstens dort hin, wo sie hingehört.



    Scholz wurde damals nicht gewählt (nur in die Lücke gerutscht!) und würde heute auch nicht gewählt werden, weil er nicht kann.



    Also los: Wahlkampf mit Scholz!

  • Ich glaube die Zahlen aus NRW nicht. Wüst rangiert deutlich vor Kutschaty. Ob dem gerade mit einem Scholz geholfen ist, oder überhaupt mit dem Eindruck, dass er Hilfe braucht, ist fraglich. Richtig spannend in NRW ist, ob sich die Wähler überhaupt in eine Wahl zwischen den beiden Volksparteien drängen lassen, oder ob sie lieber mögliche Koalitionen antizipieren und die Grünen oder die FDP wählen. Ich würde auf Zweiteres tippen. Der Einzug der AFD ist auch nicht ganz sicher. Es ist vieles möglich. Die Grünen dürften Königsmacher werden und statt mit der Zementblock- FDP ins SPD- Boot zu steigen, könnte man wirklich mal an Schwarz- Grün denken.

    • @Benedikt Bräutigam:

      "Ich glaube die Zahlen aus NRW nicht. Wüst rangiert deutlich vor Kutschaty."

      Ja und? Wo wurde behauptet, dass er das nicht tut?

      Rot/grün liegt aber immer noch über 50%, weil die Linkspartei nicht in den Landtag kommt. Schwarz/gelb liegt immer noch klar unter 50%.

      "Der Einzug der AFD ist auch nicht ganz sicher."

      Höchstens wenn es irgendeinen Schleswig-Holstein-Effekt gibt. In den Umfragen haben die Braunen in NRW ziemlich gleichauf mit der FDP eingependelt, sogar etwas stabiler als diese (weil viele noch zwischen FDP und CDU unentschlossen sind).

      "könnte man wirklich mal an Schwarz- Grün denken."

      Lesen Sie evtl mal bei Annika Brockschmidt nach, die hat vor der Bundestagswahl dargelegt mit was für Horrorclowns wir es bei der NRW-CDU zu tun haben.

  • Nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, hab ich Lust auf einen Besuch bei Burger King. Mehr aber auch halt nicht.

    • @DiMa:

      Na Mahlzeit - 🍔 -

      Stimmt - “Thomas Kutschaty - issen - Guter.“