Sieg der CDU in Schleswig-Holstein: Netter Mann darf weiter regieren

In Kiel beschert Ministerpräsident Günther dem Mann einen ersten Sieg, den er als Parteichef am liebsten verhindert hätte: Merz.

Daniel Günther strahlt

Der Wahlsieger Daniel Günther auf dem Weg zur Wahlparty in Kiel Foto: Christian Charisius/dpa

KIEL/BERLIN taz | Auf diesen Abend dürften sich in der Berliner CDU-Zentrale alle gefreut haben. Seit Wochen haben die Umfragen der Partei vorhergesagt, dass hier an diesem Sonntag ein Sieg verkündet werden kann, endlich mal wieder. Nach den Niederlagen bei der Bundestagswahl und vor sechs Wochen bei der Saarland-Wahl, wo die CDU die Macht ebenfalls verloren hat, brauchen die Christ­de­mo­kra­t:in­nen und ihr neuer Parteichef Friedrich Merz dringend einen Erfolg. Und Auftrieb für das wichtige Nordrhein-Westfalen, wo am kommenden Sonntag ein neuer Landtag gewählt wird und es knapp wird für die CDU und ihren Ministerpräsidenten.

Daniel Günther hat diesen Erfolg geliefert – und mehr als das. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein hat seine Landtagswahl nicht nur gewonnen, die CDU hat unter seiner Führung auch deutlich zugelegt.

Ausgerechnet Günther.

Daniel Günther, 48, bekennender Anhänger der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel, gehört zum liberalen Flügel der CDU. Und zu denen, die Friedrich Merz als Parteichef gerne verhindert hätten. So wie Merz sicher anderen Parteifreunden lieber glänzende Wahlsiege gewünscht hätte. Doch nach viel Streit, zwei verschlissenen Che­f:in­nen in Berlin und dem Machtverlust bei der Bundestagswahl ist beiden klar: Soll es mit der CDU nicht noch weiter abwärts gehen, muss die interne Spaltung überwunden werden. Inzwischen lobt Günther Merz und Merz Günther.

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Dieser sei ein „hoch anerkannter, beliebter Ministerpräsident“ und habe „Kompetenzwerte, von denen die anderen Ministerpräsidenten nur träumen können“, so CDU-Chef etwa bei einer Wahlkampfrede in Pinneberg.

Vom Notnagel zum beliebtesten Regierungschef

Dabei kannten Günther noch vor fünf Jahren Jahren bei weitem nicht alle Menschen in Schleswig-Holstein – und erst recht kaum jemand außerhalb der Landesgrenzen. Zur Spitzenkandidatur kam er damals eher zufällig. Ein „Notnagel“ sei er gewesen, sagte er jüngst, natürlich war da auch Koketterie dabei. Heute ist Günther laut Umfragen der beliebteste Ministerpräsident bundesweit und eine feste Größe in der Bundespartei. Nach dem Wahlsieg könnte sein Einfluss dort weiter steigen. Wie hat der Mann das gemacht?

Günthers „Notnagel“-Äußerung jedenfalls stimmt nur zum Teil.

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Als Günther 2017 die CDU in den Landtagswahlkampf führte, weil der designierte Kandidat aufgrund mieser Umfragewerte überraschend hinwarf, hatte er bereits eine lange Parteikarriere hinter sich, war Landesgeschäftsführer, Landtagsabgeordneter und ab 2016 Vorsitzender der Schleswig Holstein-CDU. Zu dem Zeitpunkt regierte die SPD mit den Grünen und der Minderheitenpartei SSW, die „Küstenkoalition“ genoss einen soliden Ruf. Die CDU litt unter Strukturschwächen: zu alt, zu männlich, zu ländlich.

Günther trat an, um die Partei zu modernisieren und auch, sie für Frauen attraktiver zu machen. Nach dem Wahlsieg bildete er mit Grünen und FDP eine Jamaika-Koalition. Er holte Karin Prien aus Hamburg als Bildungsministerin in sein Kabinett und setzte sich parteiintern für die Quote ein. Die Basis, obwohl konservativer als Günther, ging mit.

Die Jamaica-Koalition arbeitete erfolgreich und ohne viel Streit, die Corona-Pandemie überstand das Land vergleichsweise gut.

Einen Teil seines Erfolgs hat der Ministerpräsident aber auch seinem Image und seiner Art zu verdanken. Der Mann wirkt nett und verbindlich, hat den Ruf, zuhören zu können. In den vergangenen Wochen war er gefühlt überall in Schleswig-Holstein unterwegs: auf Podien, in großen Hallen und Fußgängerzonen. Etwa in seiner Heimatstadt Eckernförde an der Ostsee, in der der 48-Jährige auch als Direktkandidat angetreten ist. Mitten im Gedränge, zwischen Wochenmarktständen und Schaufensterscheiben, stand der Ministerpräsident und verteilte Flyer. Viele Pas­san­t:in­nen brauchten einen zweiten Blick, um den Blondschopf mit Brille und dem stets so freundlichen Lächeln zu erkennen. Falls Personenschützer in der Nähe waren, hielten sie sich optisch zurück – mehr Bürgernähe geht kaum.

Im Kabinett sei unter seinem Vorsitz die Atmosphäre vertrauensvoll und offen, so schildern es Teilnehmer:innen. Das hat sich ausgezahlt: Die Kieler Jamaika-Koalition arbeitete erfolgreich und ohne viel Streit, die Coronapandemie überstand das Land vergleichsweise gut. Das Ergebnis von so viel Harmonie allerdings sei ein „inhaltsleerer Wahlkampf“ gewesen, kritisierte Rasmus Andresen, Grünen-Europaabgeordneter, im Gespräch mit der taz.

Die meisten Menschen in Schleswig-Holstein würden gerne nicht nur ihren Ministerpräsidenten, sondern auch die Jamaika-Koalition behalten, ergaben Umfragen. Doch danach sieht es nicht aus. Zwar hat der CDU-Mann mehrfach angekündigt, er wolle mit Schwarz-Grün-Gelb weiterregieren: „Diese Koalition hat dem Land gutgetan“, sagte er. Beide kleineren Parteien wollen aber nur bereitstehen, wenn sie auch gebraucht werden. Nach den Prognosen aber wäre einer der zwei Partner rechnerisch überflüssig. Schon eine Zweierkoalition würde eine absolute Mehrheit im Landtag ergeben. Die CDU hat also die Wahl zwischen Grünen, der FDP und dem SSW.

Auch in der Bundespartei wolle er sich nach der Wahl wieder stärker engagieren, sagte Günther der taz jüngst im Interview. Sollte nach Tobias Hans im Saarland auch CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen die Wahl am kommenden Sonntag verlieren, bliebe Daniel Günther den Christdemokraten als Zukunftsgesicht.

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