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Nach dem Referendum in der OstukraineGegen Kiew, nicht für Moskau

Die Befürworter der Unabhängigkeit in Donezk wollen nicht unbedingt den Anschluss an Russland. Wie der Osten mit Kiew ins Gespräch kommt, ist unklar.

Kampfbereit: prorussische Bewaffnete an einer Barrikade in Lugansk. Bild: dpa

DONEZK taz | In einem Punkt herrscht in der Ukraine nach dem Referendum in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Lugansk Konsens: beilegen lasse sich der Konflikt nur mit einem Dialog. Doch schon bei der Frage, wie der aussehen solle, scheint die Kluft zwischen beiden gesellschaftlichen Blöcken unüberwindbar.

Dabei sind die prorussischen Kräfte keinesfalls ein monolithischer Block. Viele, die beim Referendum für die Unabhängigkeit gestimmt haben, stehen nicht hinter der Erklärung der Führer der „Volksrepublik Donezk“, die den Wunsch nach einem Anschluss an Russland erklärt hatten.

„Ich habe mit Ja gestimmt“, sagt Tatjana Schneidmüller aus dem Donezker Vorort Zugres. „Und ich freue mich, dass man in Kiew endlich zu begreifen scheint, dass wir diese Regierung nicht anerkennen. Aber ich will weder einen eigenen Staat noch einen Anschluss an Russland. Besonders wichtig ist mir eine Gleichberechtigung der russischen Sprache. Aber neue Grenzen brauchen wir nicht.“

So wie Tatjana Schneidmüller denken viele im Gebiet Donezk. „Wenn wir größere Autonomie haben und nicht mehr unsere Steuern nach Kiew abführen müssen, wird es einfacher“, kommentiert Vera aus Donezk das Wahlergebnis. Auch sie möchte keinen eigenen Staat. Die Bevölkerung im Gebiet Donezk, so Vera, sei vor allem gegen Kiew, aber nicht unbedingt für Moskau.

Nikolaj Lewtschenko von der Partei der Regionen warnt davor, die Unruhen im Osten Moskau in die Schuhe zu schieben. „Glauben Sie etwa, dass die Frau, die sich in Mariupol unbewaffnet ukrainischen Panzern in den Weg gestellt hat, eine Agentin Moskaus ist?“, hält er seinen Gesprächspartnern in der Talkshow „Savik Schuster“ entgegen.

Angriff auf Militärkonvoi

Bei einem Angriff prorussischer Kräfte auf einen Militärkonvoi in der Ostukraine sind nach offiziellen Angaben mindestens sechs Soldaten getötet und acht verletzt worden. Die Einheit sei etwa 20 Kilometer westlich der Großstadt Kramatorsk in einen Hinterhalt geraten, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Dabei seien auch Granatwerfer gegen die Truppe mit gepanzerten Fahrzeuge eingesetzt worden. Das Ministerium sprach von etwa 30 Angreifern. Die Separatisten bestätigten das Gefecht. Ein Aktivist sei getötet worden. In dem Gebiet gehen Regierungseinheiten mit einer „Anti-Terror-Operation“ gegen prorussische Kräfte vor.(dpa)

Politisches Sprachrohr der prorussischen Kräfte in der Ukraine, die für einen Verbleib des Ostens in der Ukraine sind, ist die Partei der Regionen und deren Wortführer, der 34-jährige Donezker Rada-Abgeordnete Nikolaj Lewtschenko. Er tritt unversöhnlich gegenüber der Kiewer Übergangsregierung auf, distanziert sich aber auch von den „selbsternannten Führern der Volksrepublik Donezk“, die „die Unabhängigkeit sofort nach dem Referendum an Russland verschenken“.

Dialog wird nicht einfach

Bei seinen Fernsehauftritten beantwortet er in ukrainischer Sprache gestellte Fragen grundsätzlich auf Russisch. In einem Aufruf wendet er sich an den selbsternannten Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, er solle seine Vorgängerin, Nelja Schtepa, freilassen. Schtepa wird seit ihrem unfreiwilligen Rücktritt am 17. April vermisst.

Einfach wird der Dialog nicht. Lewtschenkos Forderung, neben Stadträten und Abgeordneten auch „bewaffnete Aktivisten“ des Ostens einzubeziehen, dürfte in Kiew kaum auf Gegenliebe stoßen. Und seine Äußerung, Kiews Machthaber würden für ihren Machterhalt noch Hunderte Menschen in „Strafexpeditionen“ opfern, dürfte ergebnisoffene Gespräche erschweren.

Auch Kiews Signale stehen im Widerspruch zur angekündigten Dialogbereitschaft. An eine Einstellung der „antiterroristischen Operationen“ sei nicht zu denken, ließ Übergangspräsident Olexandr Turtschinow nach dem Referendum verlauten. Auf seinen Antrag prüft das Justizministerium ein Verbot der Kommunistischen Partei der Ukraine.

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2 Kommentare

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  • Mindestens bei der TAZ ist ein Umdenken eingetreten. Nachdem man den Eindruck hatte, man werde regelrecht mit Propaganda zugedeckt, teilt die TAZ mittlerweile ihren Leser_innen offen mit, dass es einen innerukrainischen Konflikt gibt und dass das Land tiefgreifend gespalten ist. Der Maidan und der Regierungssturz, die so enthusiastisch begrüßt wurden, waren nichts als Ausdruck der Spaltung des Landes. Überwunden werden kann die Spaltung nicht durch Panzer und Maschinengewehre sowie die Fortsetzung der beidseitigen Menschenrechtsverletzungen, sondern nur durch Verhandlungen und zwar natürlich unter Einschluss aller bewaffneter Kräfte. Zusätzlich zu dem innerukrainischen Konflikt gibt es ebenfalls einen Stellvertreterkonflikt. Mittlerweile ist hinreichend belegt, dass beide Seiten (Russland und die NATO-Staaten) alles getan haben, um ihre Position zu festigen, die Interessen der Menschen in der Ukraine interessierten da niemanden. Um zu einer Lösung zu gelangen, ist es ebenfalls wichtig, dass die völlig naive Verkennung, dass es sich hier um einen Konflikt zwischen Demokratie und Freiheit auf der einen Seite und Korruption und Unfreiheit auf der anderen Seite handelt beendet wird. Zu begrüßen ist, dass sich wenigstens die TAZ in ihrer Berichterstattung langsam auf eine Position zubewegt. Gerade vor dem Hintergrund der extremen Parteiergreifung der Gründen, denen die TAZ ja nun einmal nahesteht, ist das durchaus anerkennenswert!

  • Es ist in der Tat zu befürchten, daß die Putschregierung in Kiew weiterhin auf bewaffnete Gewalt setzen wird. Dies erschwert den gesprächsbereiten Kreisen der "Separatisten" natürlich das Leben. Man könnte denken, Kiew wolle gar keinen Dialog.

     

    Unterdessen, diese Mitteilung off topic, hat der Sohn des amerikanischen Vizepräsidenten, Hunter Biden, einen Direktorsposten bei der ukrainischen Gasfirma Burisma angetreten. Na siehe da! Da sind die Amis dabei, die Zinsen für ihr bisheriges Engagement in der Ukraine einzutreiben!

    http://burisma.com/hunter-biden-joins-the-team-of-burisma-holdings/