Nach Zwangslandung in Belarus: Flugverbote und Sanktionen
Nach der Zwangslandung eines Flugzeugs ist der Umgang mit Belarus Hauptthema des EU-Gipfels. Die Union stoppt nicht nur Milliarden-Investitionen.
Nach der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine in Minsk und der Festnahme des oppositionellen Bloggers Roman Protassewitsch könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem zweitägigen Sondergipfel in Brüssel, bei dem es auch um Russland und um die Klimakrise ging. „Dies ist ein Angriff auf die Demokratie“, erklärte von der Leyen. „Dies ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Und dies ist ein Angriff auf die europäische Souveränität.“ Protassewitsch müsse unverzüglich freigelassen werden.
Die 27 Staats- und Regierungschefs haben zudem alle Fluggesellschaften in der EU aufgerufen, Flüge über Belarus zu vermeiden. Lufthansa und Air France sind dem bereits nachgekommen. Genehmigungen für das Überfliegen des EU-Luftraums und Zugang zu EU-Flughäfen für belarussische Fluggesellschaften würden ausgesetzt, so der EU-Gipfel.
Es ist das erste Mal, dass Brüssel zu einem flächendeckenden Flugverbot greift. Auf einen ähnlichen Vorfall im Jahr 2013, bei dem die USA ein Flugzeug mit Boliviens Präsident Evo Morales zur Landung in Wien zwangen, hatte die EU nicht reagiert. Damals ging es um den Whistleblower Edward Snowden, der aber nicht an Bord war.
Merkel will die Nordstream 2
Der Fall des belarussischen Bloggers Protassewitsch sei ungeheuerlich und beispiellos, hieß es nun in Brüssel. Mit der Festnahme Protassewitschs wolle Lukaschenko alle unabhängigen Journalisten und Oppositionspolitiker einschüchtern – auch jene, die im Exil im EU-Ausland leben. Mit dem Fall Snowden sei dies nicht vergleichbar.
Die EU will nun ihre Unterstützung für die belarussische Opposition ausweiten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat vorgeschlagen, sie zum nächsten G7-Gipfel im Juni nach Cornwall einzuladen – so hatte es die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja gefordert. Das letzte Wort haben aber die britischen Gastgeber. Eine Warnung richteten die EU-Chefs auch an Russland. Nach einer „strategischen“ Aussprache verurteilten sie die „illegalen, provokativen und disruptiven russischen Aktivitäten gegen die EU“. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell wurde aufgefordert, bis zum nächsten EU-Gipfel im Juni ein Papier mit politischen Optionen vorzulegen.
Dazu gehörten auch neue Russlandsanktionen. Einen Stopp der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 hatten auch jetzt einige EU-Politiker wieder gefordert, jedoch ohne Erfolg. Kanzlerin Angela Merkel hält an Nord Stream fest.
Merkel lehnte auch neue Beschlüsse zur Klimapolitik ab. Bei einer Aussprache über die europäischen Klimaziele verwies sie darauf, dass Deutschland bereits „in Vorleistung getreten“ sei. „Wir wollen Klimaneutralität bereits bis 2045 erreichen“, sagte sie.
Die EU-Kommission will am 14. Juli ein Gesetzespaket zur Klimapolitik vorlegen, um das Ziel einer Reduzierung der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent bis 2030 zu erreichen („Fit for 55“). Umstritten ist, ob die Senkung der Emissionen an die Wirtschaftskraft eines Mitgliedslandes gebunden werden soll. Dann müsste Deutschland als größtes EU-Land auch den größten Beitrag leisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten