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Asow Huldigung in der TAZ Ressortleiterin Ausland:
taz.de/Stadt-im-Widerstand/!5852158/
„Dennoch haben diese Soldaten, viele davon schwer verletzt, bis zum bitteren Ende unter unmenschlichen Bedingungen ausgeharrt – wohl wissend, dass sie auf verlorenem Posten kämpfen. Dieser Durchhaltewille und diese Moral sind es, die militärische Unterlegenheit in ungeahnte Stärke verwandelt, die ganze Welt in Erstaunen versetzt und auch „normale“ Ukrainer*innen über sich haben hinaus wachsen lassen.“
Im Zusammenhang mit diesem komplexen Thema ist die Titelzeile "Holocaustverharmlosung bei Springer" ironischerweise Bildzeitungsniveau.
Nun, ich denke, eine gewisse deutsche Lust, den Ukraine-Krieg für die eine oder andere Geschichtsrevision zu missbrauchen, hat seit Februar 2022 sehr viele hier in Deutschland befallen. Da hätte ich mir sehr viel früher sehr viel mehr (Selbst)Kritik gewünscht.
"Sehr [sic!] ihr, sagen die russischen Bots, wir haben’s euch schon immer gesagt, im Westen wimmelt es vor Nazis". Da ist sich die Taz aber mit den russischen Bots einig.
"1946 entschied er, dass die SS eine verbrecherische Organisation war und alle ihre (freiwilligen) Mitglieder sich Kriegsverbrechen haben zuschulden kommen lassen"
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Mit der ersten Hälfte gehe ich mit, mit der zweiten Hälfte nicht. Schon allein aus dem Grund weil ich in den Protokollen des IMT keine Passagen finde, die das explizit klarstellen. Wenn Sie da mehr Informationen haben nehme ich die gerne entgegen.
Dass zu viele "im Westen" naziträchtig sind, würde ich nicht grundsätzlich abstreiten. Solche würden Putin auch helfen, "den Westen" zu "entnazifizieren".
"Am Ende des Textes schreibt Giles, dass Hunka nicht ins kanadische Parlament hätte eingeladen werden sollen. Doch das nicht deswegen, weil er selber eventuell Kriegsverbrechen schuldig sein könnte, sondern weil man damit der russischen Propaganda einen Steilpass gebe."
Das ist für mich verräterisch. Antifaschismus, der nur dann gilt, wenn es gegen den "Feind" geht, ist kein glaubwürdiger Antifaschismus, sondern reine Taktik. Und, bei aller Liebe: Bei einem so wichtigen Thema wie Antifaschismus ist es mir letzten Endes auch egal, ob dieser Putin jetzt akut schadet oder nicht.
@Agarack Ein Antifaschismus, der einem faschistischen Diktator nicht schadet, ist keiner.
Das gibt es nicht nur bei Springer. Man musste in den letzten Wochen schon häufiger lesen, dass die ukrainischen Freiwilligen bei der Waffen-SS für die Freiheit der Ukraine kämpften und nicht für die Nazis. Aus Verbrechern werden so Freiheitskämpfer gemacht. Die Verwirrungen nehmen so langsam überhand. Nur weil man sich nicht eingestehen kann, dass es ein Naziproblem gibt, was gelöst werden muss (bevor die UA in die EU kommt) aber was nicht bedeutet, dass man ihr gegen den Angriff nicht helfen darf. Differenzieren scheint verlernt worden zu sein.
@J_CGN "Nur weil man sich nicht eingestehen kann, dass es ein Naziproblem gibt, was gelöst werden muss (bevor die UA in die EU kommt) aber was nicht bedeutet, dass man ihr gegen den Angriff nicht helfen darf. Differenzieren scheint verlernt worden zu sein."
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Nun, in der Ukraine wird bereits differenziert. Sicher, Nazis gibts, aber auch die geben ihr Leben an der Front. Für die Freiheit der Ukraine im Kampf gegen Putin.
Du wirst dich also darauf einstellen dürfen das auch nach Kriegsende dieser Personenkreis innerhalb der Bevölkerung bestehen bleibt und eine besondere Würdigung erfahren wird. Und die von dir geforderte "Lösung des Naziproblems" nicht so kommen wird, wie du es dir vorstellst. Man wird nicht, um es mal auf Deutschlands Geschichte zu projezieren, jüdische Veteranen des 1.WK, vielfach hochdekoriert, einfach der Ideologie wegen opfern.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas lässt alte Konflikte in der linken Szene wieder aufbrechen. Ein Dialog erscheint so gut wie unmöglich.
Nach Würdigung von SS-Mann in Kanada: Holocaustverharmlosung bei Springer
Ein Kommentator schreibt beim Springermedium „Politico“, nicht alle bei der SS seien Nazis gewesen. Das ist gefährlich – und hilft am Ende nur Putin.
Jaroslaw Hunka im kanadischen Parlament Foto: dpa
Am 2. Oktober erschien bei Politico.eu ein Text mit dem Titel „Gegen die UdSSR zu kämpfen macht jemanden nicht notwendigerweise zu einem Nazi“. Der britische „Russlandexperte“ Keir Giles geht darin auf die Würdigung von Jaroslaw Hunka beim Besuch von Wolodimir Selenski im kanadischen Parlament Ende September ein. Parlamentssprecher Anthony Rota ehrte Hunka mit den Worten, er sei ein Held. Hunka erhielt Standing Ovations. Doch als bekannt wurde, dass Hunka Freiwilliger der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS gewesen war, ergoss sich ein Strom von Entrüstung über Rota, der mittlerweile zurückgetreten ist.
In diese Gemengelage feuert nun Giles eine Salve ab. In einem Rundumschlag gegen eine angeblich unterkomplexe Erinnerungskultur, die alle SS-Mitglieder in denselben Topf werfen würde, wehrt sich der Brite gegen „simple Narrative“, dass „alle in der SS an Kriegsverbrechen schuld waren“. Die Geschichte sei komplizierter. Der Internationale Militärgerichtshof sah das in den Nürnberger Prozessen anders: 1946 entschied er, dass die SS eine verbrecherische Organisation war und alle ihre (freiwilligen) Mitglieder sich Kriegsverbrechen haben zuschulden kommen lassen.
Bei Politico kriegt auch noch der Holocaustüberlebende Simon Wiesenthal was ab. Er habe mit „völlig nutzlosen“ Anschuldigungen gegen angebliche Kriegsverbrecher in Kanada der Regierung unnötige Arbeit aufgebürdet, schreibt Giles. Und heute verbreite das Simon Wiesenthal Center Falschinformationen, die russischer Propaganda ähnelten.
Der Text folgt einer kindischen und gefährlichen Logik: „Meines Feindes Feind ist mein Freund“ – selbst wenn es sich um SS-Männer handelt. Denn die UdSSR sei mindestens so schlimm gewesen wie das Dritte Reich. Diese These des „doppelten Genozids“ gilt gemeinhin als Holocaustverharmlosung. Das Brisante daran: Politico.eu gehört seit 2021 zu hundert Prozent Axel Springer. Ein deutscher Verlag bläst hier SS-Verharmlosung und Holocaustrelativierung in die Welt. Wer bei Springer arbeitet, muss sich verpflichten, sich für Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie einzusetzen sowie das jüdische Volk zu unterstützen. Wie lässt sich so ein Kommentar mit diesen Grundsätzen vereinbaren?
Steilpass für Putin
Am Ende des Textes schreibt Giles, dass Hunka nicht ins kanadische Parlament hätte eingeladen werden sollen. Doch das nicht deswegen, weil er selber eventuell Kriegsverbrechen schuldig sein könnte, sondern weil man damit der russischen Propaganda einen Steilpass gebe.
Giles ist sich offenbar nicht bewusst, dass sein eigener Text ein solcher Steilpass ist. Wer den Ukrainerinnen und Ukrainern helfen will, wer den unsäglichen Diskurs bekämpfen will, Putin kämpfe in der Ukraine gegen Faschisten, der sollte seinerseits aufpassen, keine Verharmlosung der Waffen-SS in die Welt zu setzen. Denn genau damit macht er der russischen Propaganda ein Geschenk. Sehr ihr, sagen die russischen Bots, wir haben’s euch schon immer gesagt, im Westen wimmelt es vor Nazis. Giles, Politico und Springer spielen damit Putin in die Hände. Und bereiten nebenher der hierzulande erstarkenden extremen Rechten den Boden.
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Kommentar von
Caspar Shaller
Autor
Redakteur taz2, zuständig für Medienthemen. Interessiert sich auch für Arbeitskämpfe und sonstiges linkes Gedöns, aber auch queere Themen und andere Aspekte liederlichen Lebenswandels. Vor der taz einige Jahre Redakteur im Feuilleton der Zeit und als freier Journalist in Europa, Nordamerika und dem Nahen Osten unterwegs gewesen. Ursprünglich nicht mal aus Deutschland, aber trotzdem irgendwann in Berlin gestrandet. Mittlerweile akzentfrei.
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