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Nach Wahldebakel für LinkeVorwürfe gegen Parteispitze

Der saarländische Linken-Vorsitzende Thomas Lutze macht die Parteiführung für das Debakel verantwortlich. Er fordert die Neuwahl des Parteivorstands.

Nach der Wahl unter Druck: Janine Wissler, Dietmar Bartsch und Susanne Hennig-Wellsow (Die Linke) Foto: Thomas Bartilla/Future Image/imago

Berlin taz | Lange hat die nach dem Wahldebakel beschworene innerparteiliche Solidarität in der Linken nicht gehalten. Der saarländische Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze verschickte am Mittwoch ein Rundschreiben an die Mitglieder des Landesverbandes, in welchem er der Parteiführung heftige Vorwürfe macht und „einen personellen Neuanfang an der Parteispitze in Berlin fordert.“ Das Schreiben liegt der taz vor.

Gegenüber der taz sagte Lutze: „Wir sind mit Ach und Krach an der Vollkatastrophe vorbeigeschlittert. Meiner Meinung nach muss der komplette Parteivorstand zurücktreten.“ Lutze forderte einen Sonderparteitag und die Neuwahl des 44-köpfigen Gremiums.

Gezielte Vorwürfe richtet Lutze im Rundschreiben an den Fraktionsvorsitzenden der Linken im Saarland, Oskar Lafontaine, und die Bundesvorsitzende, Susanne Hennig-Wellsow. Lafontaine hatte im Sommer dazu aufgerufen, Lutze als Spitzenkandidat und damit die Linke nicht mit Zweitstimme zu wählen. Hintergrund waren innerparteiliche Rivalitäten und ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen Lutze wegen manipulierter Wahllisten im Vorfeld der Bundestagswahl 2017.

„Trotz des Verhaltens des Fraktionsvorsitzenden hat eine Bundesvorsitzende diesen chauffiert [sic] und nach Weimar zum Wahlkampf eingeladen“, klagt Lutze. Hennig-Wellsow hatte Lafontaine und dessen Ehefrau, die nordrhein-westfälische Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht, im August zu einer gemeinsamen Kundgebung in ihren Wahlkreis eingeladen. Das galt in der Linkspartei als Zeichen der Versöhnung, lagen doch Wagenknecht und Lafontaine in den vergangen Jahren überkreuz mit der Parteiführung.

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Auch an den Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, richtete Lutze Vorwürfe. Der Bundesgeschäftsführer habe alles Erdenkliche unternommen, „um unserer Kandidatur Steine in den Weg zu legen“, die Geschäftsstelle sei nicht bereit gewesen „uns so zu unterstützen, wie bei vorherigen Bundestagswahlen üblich.“ So habe es trotz Anfrage keine Veranstaltung mit den Spitzenkandidaten der Linken im Saarland gegeben. Der taz sagte Lutze, dies könne man auch als unterlassene Hilfeleistung bezeichnen.

Die Linke erreichte am Sonntag im Saarland 7,2 Prozent, bundesweit aber lediglich 4,9 Prozent der Stimmen und konnte nur dank dreier Direktmandate in den Bundestag einziehen. Dort gilt sie dank der Geschäftsordnung des Parlaments als Fraktion, da die 39 Abgeordneten 5,3 Prozent aller gewählten Abgeordneten repräsentieren. Sollten allerdings mehr als zwei Abgeordnete die Linksfraktion verlassen, wäre auch der Fraktionsstatus dahin.

Der Vorstand der Linken trifft sich am Samstag und Sonntag in Berlin, um über die Niederlage zu reden und erste Schlussfolgerungen zu ziehen.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Linke ist Opfer ihrer antiwestlichen Ideologie geworden, die es ihr u.a. verbot, für eine humanitäre Rettungsaktion in Afghanistan zu stimmnen, die massiven Kriegsverbrechen Assads und Putins in Syrien kkar zu verurteilen, die Diktaturen in Nicaragua und Venezuela als gescheiterte ehemalige linke Projekte zu benennen, die agressive Außenpolitik Russlands (Ukraine, Destabilisierung liberaler Demokratien, Waffenlieferungen Russlands an die Soldateska in Myanmar, neokoloniale Killertrupps wie Gruppe Wagner, Kooperation mit der extrem Rechten Westeuropas und Trump, etc...) anzuprangern. Was die Linke innenpolitisch richtig gemacht hat (soziale Gerechtigkeit und Antifaschismus), hat sie aussenpolitisch zerstört. Das Erscheinungsbild der Linken wurde leider durch die Moskau- orientierte Betonfraktion, mit ihrem Hang zu autoritären, antiemanzipatorischen Regimen, schwer beschädigt.

  • Thomas Lutze hats grad' nötig! Das wirkt jetzt wirklich wie die berühmte Flucht nach vorn... gerade hat Lafontaine es nochmal krachen lassen und wegen Tatenlosigkeit des Vorstandes Lutze gegenüber eine erneute Kandidatur ausgeschlossen... man muss mit Lafontaine nicht übereinstimmen, aber er ist ein extrrem erfahrener Politiker und die Vorwürfe gegen Lutze sind massiv! -- Zumal einige eidesstattliche Erklärungen vorliegen, die ebenfalls Wahllistenmanipulation behaupten. Vin wirklich sehr gespannt, wäre aber nicht überrascht, wenn die Linke Fraktion noch auf 29 Personen schrumpfen würde...

  • Enteignung und Vermögenssteuer auf das Häuschen bzw der privaten Altersvorsorge haben den Linken den Gar ausgemacht.

    • @Thomas Zwarkat:

      Es existieren bei der Linken keine Pläne auf eine "Vermögenssteuer auf das Häuschen".

    • @Thomas Zwarkat:

      Hey, das müssen Sie nochmal nachrechnen: Von Enteignung und Vermögenssteuer wären unter 0,1% Wahlberechtigte betroffen. Nehmen wir an, sie hätten schon immer die Linke gewählt und jetzt plötzlich nicht. Macht wie viel Prozent Verlust? Ich gebe zu, Mathe ist sehr schwer. Machen wir es einfach: Die Linke forderte Steuerentlastungen praktisch für alle Nicht-Millonäre. Ob nun alle Millonäre oder gar keine die Linke gewählt haben, wirkt sich auf das Ergebnis kaum aus, da es zu wenige davon gibt. Was Sie sagen ist also schlicht falsch.

    • @Thomas Zwarkat:

      Das glauben Sie doch selbst nicht!

      • @PauKr:

        Legen Sie, bitte, Ihre eigene Vision dar. Und den Grund, warum Linke wieder rund 100.000 Wähler an die AfD abgab.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Seh ich nich so. Da die Linke weniger finanz. Mittel hat für Wahlkampf konnte sie kaum Kampagnen machen so wie es die anderen getan haben. Vermutlich war auch die Präsenz in SM nicht so stark wie bei den anderen. Die Manipulation in durch die SM ist wohl höher als man zugeben würde.

  • Gysi hat mehr als einmal gesagt, die berufstätige alleinstehende Mutter die ihre zwei, drei Kinder versorgt, die hat am Tag vielleicht zehn Minuten und damit man die erreicht, da hat man vielleicht zwei Sätze, wenns gut läuft. Lafontaine hat dazu aufgerufen nicht die Linke zu wählen, das kann man hier nachlesen taz.de/Krise-der-L...Saarland/!5803882/

  • "dies könne man auch als unterlassene Hilfeleistung bezeichnen"



    Hat der Genosse Lutze das von der Staatsanwaltschaft, die bei ihm ein- und ausgeht?

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Die Radikal-Linke hat die Wahl verloren und sucht innerhalb der Linken einen Sündenbock! Hätte man auf Sarah gehört, hätten es 10 % oder mehr und RRG sein können.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Das wär dann aber rot-braunrot-grün gewesen.