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Nach Waffenlieferung an KolumbienPistolenfirma Sig gibt sich ahnungslos

Sicherheitskräfte des Bürgerkriegslandes Kolumbien tragen Waffen des Herstellers Sig Sauer. Jetzt ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft.

Tötungswerkzeug Made in Germany: Original Sig Sauer. Bild: dpa

BERLIN taz | Sig Sauer ist sich keiner Schuld bewusst. Man habe „stets sämtliche Auflagen der Ausfuhrbestimmungen erfüllt“, reagierte die Eckernförder Waffenschmiede jetzt in einer Presseerklärung auf die Durchsuchung der Räume des Unternehmens durch die Kieler Staatsanwaltschaft am Donnerstag.

Die Strafverfolger ermitteln gegen Sig Sauer wegen des illegalen Exports von Pistolen nach Kolumbien. Die Waffen sollen über eine US-Schwesterfirma in das Bürgerkriegsland geliefert worden sein. Die „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ erwägt deshalb, eine eigene Anzeige gegen Sig Sauer zu stellen.

98.000 Pistolen vom Typ SP2022 im Wert von 50 Millionen Euro soll das Unternehmen an die kolumbianischen Sicherheitskräfte verkauft haben. Eine Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) lag dafür nicht vor. Die Behörde hatte lediglich die Lieferung der Waffen in die USA erlaubt. Angeblich seien die Pistolen für den zivilen US-Markt vorgesehen gewesen. In einer Endverbleibserklärung verpflichtet sich Sig Sauer gegenüber dem Bafa, die Pistolen nicht an Staaten zu liefern, für die eine weitere Genehmigung nötig sei.

Kolumbien zählt zu diesen Ländern. Deutsche und EU-Rüstungsxportrichtlinien schreiben vor, keine Ausfuhren zu genehmigen, in denen die Güter zur Verletzung der Menschenrechte genutzt werden könnten. Doch in Kolumbien tobt seit mehr als 50 Jahren ein Krieg zwischen Guerillaorganisationen und dem Staat. Kolumbianischen Polizisten werden Folter und andere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Häufig gelangen die Waffen über korrupte Beamte in die Hände krimineller Banden oder paramilitärische Gruppen.

Die Ermittlungen der Kieler Staatsanwaltschaft gehen auf Recherchen von ARD und Süddeutscher Zeitung zurück. Die Medien hatten bereits Ende Mai über die mutmaßlich illegalen Ausfuhren an die kolumbianische Nationalpolizei berichtet. Dass man, wie Sig Sauer jetzt wissen ließ, immer den gesetzlichen Vorgaben gefolgt sei, ist fraglich. Mehrere Dokumente legen nahe, dass die Führungsebene der Firma in Eckernförde genau über die widerrechtlichen Lieferungen nach Kolumbien Bescheid wusste. Das bestätigten auch Sig-Sauer-Mitarbeiter gegenüber dem WDR-Magazin „Panorama“. In einer Videokonferenz 2011 wurde darüber gesprochen, ein Anwalt informierte über das rechtswidrige Handeln.

Grüne fordern effizientere Kontrollen

Die grüne Bundestagsabgeordnete Katja Keul forderte angesichts der Enthüllungen ernsthaftere Kontrollen. „Bislang müssen die Unternehmen lediglich eine Endverbleibserklärung abgeben, doch niemand kontrolliert, was tatsächlich mit den exportierten Waffen geschieht“, sagte sie der taz.

In Drittstaaten wie Kolumbien dürften grundsätzlich keine Kleinwaffen wie die Sig-Sauer-Pistolen geliefert werden. Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken forderte indes, die Bundesregierung müsse „umgehend alle Rüstungsexporte in die USA stoppen und alle Exporte der Firma Sig Sauer aussetzen, bis die staatsanwaltlichen Ermittlungen abgeschlossen sind“.

Bereits im Februar stellte Jürgen Grässlin, der Sprecher der „Aktion Aufschrei“, Anzeige gegen die Ulmer Firma Walther. Auch dieses Unternehmen soll illegal Pistolen nach Kolumbien geliefert haben. Seit über vier Jahren ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen den Schwarzwälder Gewehrbauer Heckler&Koch wegen widerrechtlicher Exporte nach Mexiko.

„Mit Sig Sauer werden nun alle großen deutschen Kleinwaffenhersteller verdächtigt, ihre gefährlichen Waren in Lateinamerikas Bürgerkriegsregionen zu exportieren“, sagte er der taz und kündigte an, dass die „Aktion Aufschrei“ wohl auch gegen die Eckernförder Waffenschmiede Anzeige stellen wird.

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4 Kommentare

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  • Wir dürfen doch nicht unser wirtschaftliches Zugpferd, die Rüstungsindustrie, mit Vorgaben zu einem solchen Quatsch wie Verbleib der Waffen vergraulen. Die Waffen töten, darin sind sie gut, wer seinen Kontrahenten effizient erschießen lassen will und das nötige Kleingeld dazu hat darf davon doch nicht abgehalten werden.

     

    So und jetzt ganz knapp und kurz meine ernsthafte Meinung. Jedes Jahr sterben Hunderttausende Menschen durch das Feuer von "kleinen" Handfeuerwaffen, der Anteil den deutsche Produkte daran haben ist riesig, dass die Regelungen um das zu verhindern auch noch umgangen werden ist ein in keinster Weise überraschendes Armutszeugniss, nicht nur für die Industrie von der ja sowieso keiner was anderes erwartet, sondern vor allem für die Politik die unter Verweis auf genau diese Regelungen weitere, effektive, verhindert

    • @Austerklient:

      So viel Unfug auf einmal?

       

      Jede "Waffe" ist lediglich Tatmittel, die Tötunghandlung begeht immer der Täter!

       

      Auch sind Teile für einige 1000 Pistolen sicher kein wirtschaftlisches Zugpferd, eher ökonomischer Kleinkram.

       

      Es gibt keine "kleinen Handfeuerwaffen", das ist eine fehlerhafte Übersetzung einer Waffenkategorie für Denkbefreite! "Kleinwaffen" sind alle Schusswaffen bis zum Mörser 60 mm!

       

      Und zum "deustchen ANteil", wie wurde der ermittelt? Fallen Lizenzbauten darunter?

      Peinlich erfundene "Argumente" ohne Wert.

       

      Glück auf!

       

      Karl

      • @KarlM:

        Ja Menschen morden Menschen, aber Schusswaffen helfen ganz gut dabei.

         

        Da müssen Sie sich verlesen haben denn mit dem wirtschaftlichen Zugpferd meinte Austerklient die Rüstungsindustrie nicht diesen konkreten Fall.

         

        Sie haben Recht: Wer die Kategorien von Waffen nicht unterscheiden kann ist denkbefreit. Haben Sie schon mal nach gedacht, dass dieser häufig auftretende Fehler allein deswegen entsteht, weil Menschen nichts über Waffenkategorien wissen wollen?

         

        Waffenfirmen haben nun mal das Problem, dass sich ihre Produkte abgesehen von Privatleuten in Demokratien schlecht verkaufen. Angesichts der ökonomischen Probleme lassen sich Großlieferungen schlecht vor der Bevölkerung rechtfertigen.

        Deswegen sind Diktaturen und Scheindemokratien durchaus beliebt. Wer nicht auf ein lästiges Volk achten muss, kauft auch mal schnell 60 Panzer und 5000 Sturmgewehre, um eben dieses ruhig zu stellen.

         

        Zu glauben Waffenfirmen hätten kein Interesse daran ist so wie zu glauben die Zigarettenindustrie hätte kein Interesse an der Sucht ihrer Kunden.

        • @DanielDeFoe:

          Da ich mit SW beruflich befassen muss, kenne ich die Datenlage und weiße das diese als Tatmittel i.d.R. weit überschätzt werden.

           

          In größerem Stil sind diese auch -nach pathologischen Untersuchungen des IKRK gegen fluchtunfähige Unbewaffnete wirksam.

           

          Nicht wissen wollen ist der Feind der Aufklärung! Dann darf sich aber auch keiner derselbst verschuldet Unmündigen beschweren, wenn er nach Strich und Faden zumThema verarscht wird; sei es von Industrie ("Landminen")oder Staat (NSU-Verfahren).

          Ein wenig Grundlagenwissen schadet weder bei Heizungen, Kfz etc noch bei Schusswaffen. Informiert entscheidet es sich doch einfacher. Nur weil jemand etwas zum Thema weiß, heitß das noch lange nicht gleich "gut finden" oder gar kritiklos in den Himmel heben!

           

          Wenn sich der Laden nicht rentiert, müssen die eben abwandern oder dichtmachen.

           

          Glück auf!

           

          Karl