Nach Senatorenwechsel in Hamburg: Nur noch Eintopf?
Hamburgs neue Schulsenatorin Ksenija Berkeris muss als erstes einen Streit ums Schulessen lösen: Unklar ist, wer die erhöhte Mehrwertsteuer zahlt.
Bekeris ist Sozialpolitikerin. Die Mutter eines vierjährigen Sohnes schloss 2006 ihr Soziologiestudium mit dem Schwerpunkt Kinderarmut ab. Sie wünsche sich von Bekeris „echte Augenhöhe“ in der Kommunikation mit bildungspolitischen Akteuren, sagte eine Abgeordnete der Linksfraktion. Mit Rabe sei das schwierig gewesen.
Ein Konflikt, den Rabe hinterließ und um den sich nun Bekeris kümmern muss, geht ums Schulessen beziehungsweise die Frage, wo die 60 Cent zusätzliche Mehrwertsteuer herkommen, die jede Schulmahlzeit seit dem 1. Januar kosten muss – die Ampel-Regierung hatte die Mehrwertsteuer für die Gastronomie von 7 auf 19 Prozent erhöht.
Rabe hatte am 3. Januar forsch verkündet, dass der Preis für Schulessen ab Januar 4,90 Euro betrage, zehn Cent mehr als zuvor, und die Eltern dafür aber nur 4,35 Euro zahlen, weil die Stadt 55 Cent zuschießt. Nötig sei die leichte Anhebung wegen gestiegener Preise und Löhne. Zur Mehrwertsteuer sagte er keinen Piep.
Kein Salat, kein Bio, keine Auswahl
Erschrocken über Rabes Verkündung war die „Initiative Hamburger Schulcaterer“ (IHC), die sich am Mittwoch mit einer Pressemitteilung zu Wort meldete. Man habe im Dezember dem Preis von 4,90 nur unter der Bedingung von sieben Prozent Mehrwertsteuer zugestimmt, sagt Okan Saiti von „Mammas Canteen“. Der IHC könne den neuen Vertrag gar nicht unterschreiben, sofern nicht die 12 Prozent Mehrwertsteuer von der Behörde übernommen würden.
Es geht um einige Millionen Euro, die der Staat durch die erhöhte Steuer auf Hamburger Schulessen kassiert. Die fließen zum Teil in den Landeshaushalt zurück. Nicht abwegig daher die Idee, dass Hamburg den Zuschuss erhöht. Alternativ müssten die Preise für die Eltern steigen.
Die Schulbehörde wies die Vorwürfe zurück. „Die Preiskalkulationen waren immer bezogen auf eine 19-prozentige Mehrwertsteuer“, so ihr Sprecher. Stimmt nicht, halten die Caterer dagegen: Rabe habe schon in 2022 eingeräumt, dass ein Essen eigentlich 5 Euro kosten müsste, sagt Saiti. „Die Behörde zwang uns, mit 4,75 zufrieden zu sein, da die Steuer abgesenkt sei, und nahm das auch in den Vertrag mit auf.“ Ihm fehle die Fantasie, wo er die 60 Cent einsparen kann. „Kein Salat, keine Auswahl, kein Bio, viel Eintopf? Das ist nicht mein Auftrag.“
Und gewiss nicht hilfreich bei der Bekämpfung von Kinderarmut. Insofern können die Schulcaterer beim ersten Gesprächstermin auf die neue Senatorin hoffen. Allerdings ist der erst am Monatsende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands