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Nach Petros Wahlsieg in KolumbienNeuer „progressiver Zyklus“?

Eine Reihe von linken Wahlsiegen in Lateinamerika zeigt die Unfähigkeit der Rechten – aber auch die enormen Herausforderungen für linke Regierungen.

Die Begeisterung ist groß, die Aufgaben für den künftigen Präsidenten auch Foto: Fernando Vergara/ap

Berlin taz | Nun also auch Kolumbien: Wie zuvor schon Chile, Peru, Honduras, Argentinien und Bolivien und womöglich noch in diesem Jahr Brasilien erlebt auch Kolumbien eine Linkswende durch Wahlen. Es wäre Unsinn, die verschiedenen Wahlsiege einfach gleichzusetzen. Es gibt zu viele länderspezifische Besonderheiten, um einfach einen neuen „progressiven Zyklus“ in Lateinamerika auszurufen wie Anfang der 2000er Jahre, als Lateinamerikas Linkswende mit Namen wie Hugo Chávez in Venezuela, Evo Morales in Bolivien und Rafael Correa in Ecuador verbunden warDie Bedingungen haben sich geändert, auch die sozialen Bewegungen, die linke Wahlerfolge möglich machen, sind nicht mehr genau dieselben wie vor 20 Jahren. Die Frauenbewegung etwa ist seither zu einer der wichtigsten Akteurinnen der Mobilisierung gegen althergebrachte Systeme geworden.

Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Unfähigkeit der traditionell konservativen Macht- und Herrschaftsapparate, auf die diversen Gegenwarts- und Zukunftsfragen irgendwelche Antworten zu finden. Gerade auch jene, die unter dem „Anti-Establishment“-Label angetreten sind – allen voran Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro –, haben sich als hochkorrupt und politisch unfähig erwiesen. Die Wahl Gustavo Petros in Kolumbien ist auch eine Antwort auf seinen Gegenkandidaten Rodolfo Hernández, der als „Trump Kolumbiens“ schon im Wahlkampf lautstark seine Ahnungslosigkeit zelebrierte.

Vor den verschiedenen progressiven Regierungen steht trotz aller Unterschiede zumindest eine gemeinsame Aufgabe: die Befriedigung der unmittelbaren sozialen Bedürfnisse der großen ärmeren Bevölkerungsschichten bei gleichzeitigem ökologisch-nachhaltigem Umbau der seit jeher auf Ausbeutung der natürlichen Ressourcen aufgebauten Wirtschaften. Genau davor waren die Linksregierungen vor 20 Jahren zurückgeschreckt: Sie nutzten schlicht hohe Rohstoffpreise, um sozial umzuverteilen. Das war Sozialpolitik ohne Transformation, letztlich Klientelismus ohne Zukunft. Es wird heute darum gehen, das anders zu machen.

Nur ist das wirklich schwierig. Einerseits verleitet der ungebrochene globale Rohstoffhunger dazu, auf das gleiche Modell zu setzen wie vorher – wenn etwa Deutschland mehr Kohle aus den ökologisch grauenhaften Tagebauen Kolumbiens kaufen will, um von Lieferungen aus Russland wegzukommen.

Andererseits wird der Widerstand der politischen Rechten und wirtschaftlichen Machteliten auch einem Gustavo Petro das Regieren keinesfalls leicht machen: Im Parlament hat er keine klare Mehrheit, er wird Kompromisse suchen müssen. Die Geschichte vergangener Linksregierungen in Lateinamerika zeigt die Gefahr, dass die Euphorie dieses Wochenendes schon in ein bis zwei Jahren einem großen Frust gewichen sein könnte.

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2 Kommentare

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  • Ecuador hat mit Correa viele Jahre angeboten ein riesiges Ölvorkommen unter dem Yasuni-Naitonalpark im Boden zu lassen, wenn die Weltgemeinschaft dafür Ausgleichzahlungen leistet. So und nicht anders sollte es gehen und was machen die Industrienationen verteufeln den Staatschef, weil er links ist, heulen aber gleichzeitig rum, dass die bösen Drittweltländer ihre Wälder abholzen. Dass dieser unfassbare Dreck für SUV, Kraftwerke und Schweinefutter der Reichen veranstaltet wird, who cares…jetzt ist natürlich Russland schuld. Selbstgerecht.

  • „Die Geschichte vergangener Linksregierungen in Lateinamerika zeigt die Gefahr, dass die Euphorie dieses Wochenendes schon in ein bis zwei Jahren einem großen Frust gewichen sein könnte“



    Genau das geschah und geschieht z. B. in Nicaragua und Venezuela. Die dortigen Linksregierungen finanzierten ihre sozialen Maßnahmen durch Umverteilung an die unteren Bevölkerungsschichten. Die Entwicklung einer leistungsfähigen Wirtschaft wurde vernachlässigt. Klar, dort haben Kapitalisten das Sagen, und die will man doch als Linker nicht unterstützen.



    Das funktionierte, solange etwas zum Umverteilen da war. Seitdem schwand die Sympathie des Volkes für ihre Regierungen. Die „linken“ Präsidenten sind zu Diktatoren geworden und ebenso wie ihre „rechten“ Vorgänger hauptsächlich auf den Machterhalt bedacht.



    Schlimmer noch. Es haben sich neue Eliten herausgebildet, die nichts mehr mit den täglichen Problemen des Volkes zu tun haben (z. B. der Sicherheitsapparat). Wenn die einen nicht mehr so weitermachen können und die Anderen die Zustände nicht länger ertragen wollen, haben wir eine revolutionäre Situation – und die Geschichte geht in die Wiederholung. Womöglich bald auch in Kolumbien!