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Nach MassenhinrichtungSaudi-Arabien kappt Beziehung zu Iran

Der Konflikt zwischen Riad und Teheran spitzt sich zu – das saudische Königshaus bricht nun alle diplomatischen Beziehungen ab. Die USA fordern zum Dialog auf.

Protest nach der Exekution des Geistlichen Nimr al-Nimrs. Foto: ap

RIAD ap/afp | Neue Eskalation im Zerwürfnis zwischen Saudi-Arabien und dem Iran: Als Reaktion auf die Erstürmung seiner Botschaft in Teheran hat das Königreich alle diplomatischen Beziehungen zum Iran gekappt.

Der saudiarabische Außenminister Al-Dschubair sagte am Sonntagabend, das diplomatische Personal Irans habe 48 Stunden Zeit, sein Land zu verlassen. Alle saudiarabischen Diplomaten im Iran seien außerdem zurückgerufen worden. Die USA ermahnten Riad und Teheran zur Ruhe und Dialogbereitschaft.

Saudi-Arabien hatte am Samstag 47 wegen Terrorverdachts verurteilte Häftlinge exekutiert, darunter den schiitischen Oppositionellen Nimr al-Nimr. Dieser galt als Leitfigur bei den vom Arabischen Frühling inspirierten Protesten seiner Religionsgemeinschaft, die im Königreich in der Minderheit ist. Al-Nimr hatte die Vorwürfe der Anstiftung zur Gewalt zurückgewiesen. Seine Hinrichtung rief massive Proteste von Schiiten hervor: Im Osten Saudi-Arabiens gingen Menschen ebenso auf die Straße wie im Libanon, in Bahrain sowie Nordindien und Pakistan.

Im schiitisch geführten Iran verwüstete eine aufgebrachte Menge die saudiarabische Botschaft in Teheran und legte Feuer. Die Polizei vertrieb die Eindringlinge nach eigenen Angaben wieder. Laut Staatsanwalt Abbas Dschafari Dowlatabadi wurden 40 Menschen festgenommen. Irans Staatspräsident Hassan Ruhani verurteilte die Exekution Al-Nimrs, bezeichnete die Angreifer an der saudiarabischen Botschaft zugleich als „Extremisten“, deren Aktion inakzeptabel sei.

Irans „feindselige Politik“

Saudi-Arabiens Außenminister Al-Dschubair warf der iranischen Führung „eine lange Geschichte der Übergriffe auf ausländische diplomatische Vertretungen“ vor und verwies dabei auf die Besetzung der Teheraner US-Botschaft 1979. Solche Vorfälle stellten „eine krasse Verletzung aller internationaler Vereinbarungen“ dar, zitierte ihn die amtliche saudiarabische Nachrichtenagentur SPA. Irans „feindselige Politik“ habe zum Ziel, die „Sicherheit der Region“ zu gefährden. Zudem hielt Al-Dschubair Teheran den Schmuggel von Waffen und Sprengstoff sowie die Bildung von Terrorzellen im Königreich und anderen Ländern in der Region vor. Riad werde es aber nicht erlauben, dass Iran „unsere Sicherheit untergräbt“, fügte er hinzu.

Der schiitisch geführte Iran konkurriert mit Saudi-Arabien um die Vormachtstellung in der Region. So unterstützt der Iran Syriens Präsident Baschar al-Assad im Bürgerkrieg, Saudi-Arabien hilft dagegen sunnitischen Rebellen. Im Jemen führen beide Staaten einen Stellvertreterkrieg.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif habe erklärt, wie die Spannungen entschärft werden sollten. Beide Seiten hätten zugestimmt, es sollte mit allen Mitteln versucht werden, die Situation zu kontrollieren und nicht eskalieren zu lassen.

Das US-Außenministerium mahnte den Iran und Saudi-Arabien, die Situation nicht weiter zu verschärfen. Zwar wisse Washington vom Entschluss Riads, die diplomatischen Beziehungen zu Teheran zu kappen, sagte Außenamtssprecher John Kirby am Sonntag. Doch seien die USA der Ansicht, „dass diplomatisches Engagement und direkte Gespräche notwendig bleiben, um Differenzen zu überbrücken.“

Toter durch Schüsse im Geburtsort al-Nimrs

Bei einer Schießerei in der saudiarabischen Geburtsstadt des hingerichteten schiitischen Geistlichen Scheich Nimr Baker al-Nimr sind ein Zivilist getötet und ein Kind verletzt worden. Wie die amtliche Nachrichtenagentur SPA am Montag unter Berufung auf die örtliche Polizei berichtete, kamen die Beamten in der Stadt Awamija im ölreichen Osten des Landes am späten Sonntagabend unter „schweren“ Beschuss. Dem Bericht zufolge gab es unter den Polizisten keine Opfer.

Wer die Schüsse abfeuerte, war zunächst unklar. In sozialen Netzwerken wurde der getötete Zivilist als „Märtyrer“ gefeiert. Einige Internetnutzer gaben an, er sei von saudiarabischen Sicherheitskräften getötet worden. Das wurde von unabhängiger Seite zunächst nicht bestätigt.

Der Nachrichtenagentur SPA zufolge wurden Ermittlungen eingeleitet, die Sicherheitskräfte fahndeten demnach intensiv nach den Verantwortlichen der „terroristischen“ Aktionen. Das verletzte Kind wurde ins Krankenhaus gebracht, es schwebte nicht in Lebensgefahr.

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7 Kommentare

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  • Ohne jetzt hier eine Lanze für das iranische Regime brechen zu wollen, muß doch festgestellt werden, daß Saudi-Arabien provoziert und unverantwortlich zündelt. Ich will keine Vergleiche anstellen zwischen den Untaten iranischer oder saudi-arabischer Potentaten und entscheiden, wer mehr oder weniger gegen Menschenrechte verstoßen hat.

     

    Aber eines ist sicher: Der Iran wurde jahrzehntelang vom Westen boykottiert und hat sich trotzdem diplomatischen Verhandlungen geöffnet. Saudi-Arabien wurde trotz schwerster Übergriffe gegen die Menschenrechte und der Existenz eines zutiefst mittelalterlichen feudalen Unrechtssystems, trotz der finanziellen Unterstützung von fundamentalistischen Terrorgruppen wie dem IS und der Unterdrückung jeglicher demokratischer Tendenzen stets die Unterstützung der Nato, der USA und anderer westlichtlicher Staaten wie die von Deutschland gewährt.

     

    Da ist doch die Frage erlaubt, warum die westliche Politik, diese saudi-arabischen Potentaten begünstigt und auch noch reichlich mit Waffen ausrüstet, um den Nahen Osten explodieren zu lassen?

     

    Ich bin müde geworden, diese Fragen beantworten zu wollen. Sollen sie doch andere mündige Leser und Bürger aufgreifen!

  • Ich staune immer wieder über die taz. Schnell wird ein Konflikt auf Schwarz-Weiss heruntergebrochen, hier auf Assad oder nicht-Assad, und schon heisst es beschönigend, daß Saudi-Arabien 'sunnitische Rebellen' in Syrien unterstützt, während alle Vorwürfe an Iran 1:1 wiedergegeben werden. Hey, wann gibt es die erste LeserInnenfahrt in die sunnitischen Rebellengebiete Syriens? Oder ist das doch nicht so schön dort???

  • „eine lange Geschichte der Übergriffe auf ausländische diplomatische Vertretungen“ vor und verwies dabei auf die Besetzung der Teheraner US-Botschaft 1979."

     

    Ein älterer Stiefel ist ihm nicht eingefallen?

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      @KRIEGSZITTERN: Wie wär’s mit einem „jüngeren“ Stiefel?

       

      Im November 2011 stürmten iranischen „Studenten“ (wer’s glaubt!) die britische Botschaft in Teheran. Wer es schon vergessen hat: http://www.taz.de/Britische-Botschaft-in-Teheran/!5106428/

       

      „Kleinere Aktionen“ vor (vorwiegend „westlichen“) Botschaften gab es in all den Jahren immer wieder. Und immer wieder stritten die Mullahs jegliche Beteiligung ab, obwohl SIE es waren, die das politische Klima geschaffen hatten.

      Man kann nur den Kopf schütteln, wenn in Teheran jetzt behauptet wird, Diplomaten hätten im Iran ein sicheres Leben!

       

      PS: Ich habe keinerlei Sympathie mit der Saudischen Monarchie. Hoffentlich wird sie bald von einer demokratischen Regierung abgelöst!

  • @ 1

    "Hassan Ruhani ...bezeichnete die Angreifer an der saudiarabischen Botschaft zugleich als „Extremisten“, deren Aktion inakzeptabel sei."

     

    Interessant finde ich das SA die Beziehungen abbricht und nicht der Iran.

    SA ist wohl ziemlich auf Krawall gebürstet.

  • Und jetzt gibt es sicher wieder Gutgläubige, die glauben, dass in Iran eine "aufgebrachte Menge", ohne Hilfe des Regimes, einfach eine Botschaft stürmen und abfackeln kann.

    • @Jürgen Matoni:

      Nun, wer in einem Land lebt, in dem seit längerem besorgte Bürger ungehindert Asylheime anzünden, Asylbewerber angreifen und jetzt sogar auf sie schießen können, sollte ganz, ganz still sein.