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Nach Blockupy-Protesten in FrankfurtGewalt war vorprogrammiert

Während die Schäden der EZB-Krawalle in Frankfurt repariert werden müssen, nimmt die politische Diskussion über Verantwortung und Konsequenzen Fahrt auf.

Bei den Protesten in Frankfurt gingen nicht nur Werbeplakate kaputt Bild: dpa

FRANKFURT/BERLIN dpa | Brennende Autos und Barrikaden, Angriff auf eine Polizeiwache: Die schweren Ausschreitungen am Rande der EZB-Eröffnung in Frankfurt am Main beschäftigten am (heutigen) Donnerstag auch den Bundestag. Die Fraktionen hätten kurzfristig eine Debatte (14 Uhr) dazu vereinbart, sagte ein Sprecher der Unionsfraktion in Berlin. Auch die Organisatoren vom kapitalismuskritischen Blockupy-Bündnis wollen auf einer Pressekonferenz (11 Uhr) in Frankfurt Bilanz ziehen. Äußern will sich voraussichtlich auch die Frankfurter Polizei.

Von einigen Einsätzen abgesehen sei die Nacht weitgehend ruhig verlaufen, teilte die Polizei am Donnerstagmorgen mit. Unbekannte steckten im Stadtteil Bockenheim einen Wagen in Brand. Zudem nahm die Polizei einen Aktivisten fest, der am Mittwoch einen Bundespolizisten angegriffen haben soll. Damit seien insgesamt 26 Menschen im Verlauf der Proteste zur offiziellen Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB) festgenommen worden, hieß es weiter. 150 Polizisten wurden nach Polizeiangaben verletzt.

Bei Ausschreitungen waren am Mittwoch nach bisherigen Angaben von Polizei und Aktivisten mehr als 220 Menschen verletzt worden. Zahlen zur Höhe der entstandenen Schäden lagen zunächst nicht vor; unter anderem gingen zahlreiche Scheiben an Geschäften und Haltestellen zu Bruch, beschädigt wurden mehrere Polizeiautos und zwei Fahrzeuge der Feuerwehr. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke ein.

Ein Mann, der bei den Protesten einen Bundespolizisten angegriffen haben soll, ist noch in der Nacht zum Donnerstag festgenommen worden. „Der Verdächtige zählt zu den Aktivisten von Blockupy“, sagte ein Sprecher der Polizei in Frankfurt. Der Mann soll den Beamten der Bundespolizei körperlich angegriffen haben. Genauere Angaben zur Identität des Verdächtigen und zur Tat machte der Sprecher vorerst nicht.

Am Mittwochnachmittag versammelten sich laut Polizei aber auch rund 17.000 Menschen zu einer friedlichen Kundgebung und einem anschließenden Demonstrationszug durch die Innenstadt. Die Organisatoren vom Blockupy-Bündnis zählten mehr als 20.000 Teilnehmer.

Scharfe Kritik an Organisatoren

Voraussichtlich wird sich auch der Landtag in Wiesbaden mit den Krawallen beschäftigen. Der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel machte die Organisatoren der Blockupy-Proteste für die Gewalteskalation mitverantwortlich. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Organisatoren klar von Gewalt distanzieren. Das haben sie leider nicht getan“, sagte Schäfer-Gümbel, der auch SPD-Bundesvize ist, dem Mannheimer Morgen (Donnerstag). In seine Kritik bezog er auch den stellvertretenden Präsidenten des Wiesbadener Landtags mit ein: „Auch Ulrich Wilken von den hessischen Linken hat sich im Vorfeld nicht klar genug davon distanziert.“ Wilken hatte die Blockupy-Kundgebung angemeldet.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thomas Strobl, forderte eine Initiative zum besseren Schutz von Polizisten. „Wir brauchen einen überparteilichen Pakt, der Gewalt gegen Polizisten und Einsatzkräfte ächtet“, sagte der CDU-Politiker der Tageszeitung Die Welt (Donnerstag). Nötig seien härtere Strafen.

Kritik an den Krawallen kam auch vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger: „Vor allem das Ausmaß und die Gewalt überraschen mich sehr. Die EZB tut derzeit nämlich sehr viel, damit sich die soziale Lage im Euroraum verbessert“, sagte Bofinger der Main-Post (Donnerstag). „Statt zu protestieren müsste man der EZB für ihre Politik mit einem Fackelzug danken“, sagte der Würzburger Professor für Volkswirtschaft und Mitglied des Sachverständigenrats der Bundesregierung.

Auch die Grünen-Vorsitzende Simone Peter hat die Organisatoren in die Pflicht genommen. Blockupy habe sich selbst und dem Ansehen Frankfurts geschadet, sagte Peter am Donnerstag im rbb-Inforadio. Das kapitalismuskritische Bündnis müsse daher jetzt sein Vorgehen aufarbeiten. Fast 20.000 Menschen hätten friedlich gegen die Politik der Europäischen Zentralbank demonstriert, sagte Peter. „Dieses Anliegen hätte vorne stehen müssen und nicht die Krawalle.“ Beim G7-Gipfel im Sommer in Bayern dürfe das Gleiche nicht nochmal passieren.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Veranstalter des Blockupy-Protests in Frankfurt nach gewalttätigen Ausschreitungen in die Verantwortung genommen. „Wir wussten von der Tatsache, dass dort Gewalt angewendet werden soll. Das war in der Szene lange bekannt“, sagte de Maizière am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Deswegen können die Veranstalter jetzt auch heute nicht so unschuldig tun.“ Lediglich mit dem Ausmaß der Gewalt habe er nicht gerechnet.

Blockupy-Sprecher weist Verantwortung zurück

Blockupy-Sprecher Frederic Wester hat die Verantwortung für die gewalttätigen Krawalle zur Eröffnung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt zurückgewiesen. „So eine Eskalation war nicht unser Ziel“, sagte Wester am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Das sind nicht die Bilder, die wir wollten und für die wir stehen als Bündnis.“ Andererseits sei auch klar: „So groß ist das mediale Interesse nie bei Protesten, wie wenn es zu Auseinandersetzungen kommt.“ Das „berechtigte Anliegen“ der Demonstranten werde seit Jahren nicht gehört.

„Die Wut vieler Menschen aus ganz Europa ist ziemlich groß auf die Politik der Bundesregierung und der EZB“, sagte Wester. „Wenn man jemanden verantwortlich machen möchte, dann ist es die Bundesregierung und die EZB.“ Die EZB sei somit auch nicht der einzige Adressat für die Kritik an der Europapolitik. „Die EZB ist aber dafür verantwortlich, dass diese Sparauflagen durchgesetzt und eingehalten werden und damit auch für die soziale Katastrophe – nicht nur in Griechenland.“

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16 Kommentare

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  • Agent Provocateur können nicht ausgeschlossen werden

     

    Es gibt mittlerweile mehrere seriöse Berichte, die belegen, dass auch in Deutschland von offiziellen Stellen sog. Agent Provocateur eingesetzt werden. *

    Es kann nicht ausgeschlosen werden, dass auch bei der Blockupy Demonstration diese Interessen bedient wurden, die an einer gewaltsamen Eskalation interessiert sind. Zum Beispiel mit dem Ziel, legitime Proteste zu kriminalisieren, das Demonstrationsrecht noch restriktiver einzuschränken, und um den Sicherheitsapparat noch weiter auszubauen.

     

    Siehe hier auch aktuell die bevorstehenden Proteste gegen den G7-Gipfel in Bayern. So werden die gewaltsamen Ausschreitungen in Frankfurt genau dafür genutzt: Hier einige aktuelle Schlagzeilen: Polizeigewerkschaft nennt Proteste "Vorgeschmack auf G7", Ausschreitungen Blaupause für G7, Herrmann überprüft G7-Pläne, G7-Planungsstab will Lehren aus den Frankfurter Krawallen ziehen, Innenministerium plant Campverbot zum G7-Gipfel, usw.usf.

     

    *

    "Polizei bestätigt, daß der enttarnte Agent Provocateur für sie gearbeitet hat"

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/g-8-demonstrationen-polizei-bestaetigt-einschleusen-von-zivilbeamten-a-487487.html

     

    "Kreuzberger Krawalle zum 1. Mai Polizist als Freund und Werfer"

    http://www.sueddeutsche.de/politik/kreuzberger-krawalle-zum-mai-polizist-als-freund-und-werfer-1.457170

     

    "BVerfG zur Verurteilung nach provozierter StraftatPolizei soll Straftaten verfolgen, nicht verursachen"

    http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-beschluss-2-bvr-209-14-tatprovokation-ermittler-faires-verfahren-agent-provocateur/

  • „So eine Eskalation war nicht unser Ziel“

     

    Ja und? Welche Strukturen wurden vorab geschaffen, dass das nicht passiert? Keine? Jedes Kindergartenparty ist besser organisiert.

  • Der taz-Live -Gewalt-Ticker nervt. - Liebe tazSchreiberlinge, das macht die Frankfurter Rundschau besser. Bessere Kommentare, bessere Information.

    • @RPH:

      des sind alles nette Bürger die Ausflüge machen. Da gibt´s keine Gewalt.

  • .. da fällt mir nur dieses ein:

    http://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/pressemitteilung.279072.php

    aber das ist ja normalität .. und jeden samstag in bundesrepublikanischen »Arenen« normalzustand ...

    • @j k:

      Danke für den Hinweis.

      Hat man sich schon darauf geeinigt, wer sich alles zu distanzieren hat?

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Arabischer Frühling? Ja!

    Umsturz in der Ukraine? Ja!

    Aber doch bitte nicht bei uns!!!!!

  • Hahaha ... wenn ich eben das ignorante selbstgerechte Geheule von dem Pseudovolksvertreter "de Maizière" gehört habe, denke ich, es war wohl doch noch zu friedlich. Und sein Gerede von all den unfehlbaren Polizisten ist an Erbärmlichkeit kaum zu toppen. Allein die dreckigen Zwischenrufe eben aus den Reihen der CDU während der Rede von Kipping, allein die rechtfertigen nachträglich jede brennende Mülltonne.

    • @DDHecht:

      Richtig! Bloß keine Distanzeritis hier!

    • @DDHecht:

      So agitierten selbstgerecht arrogante Linksfaschisten mit selbstherrlicher Gewaltgeilheit gegen anders Denkende und der pathologischen Unfähig Lebensvielfalt zu ertragen.

  • Jetzt wird die ganze Zeit die Gewalt in den Fokus gerückt um die Demos schlecht aussehen zu lassen. Der nächste Krieg, die nächste Intervention wo man "ach so wichtige Gründe hat" Gewalt anzuwenden kommt bestimmt bald.

  • 2G
    2284 (Profil gelöscht)

    Mmhhh, die letzten beiden Jahre, als die Blockupy Proteste von rechtswidriger Polizeigewalt (als Beispiel sei hier der Pfefferspray-Einsatz gegen unbeteiligte Reporter genannt, wo der schuldige Beamte leider mangels Kennzeichnung nicht ermittelt werden konnte) überschattet waren, hats keine Sau interessiert, aber kaum kriegt die Polizei mal was ab, ist das Geschrei groß und der Bundestag beschäftigt sich damit.

     

    Dabei stellt sich mir vor allem die Frage, was dem Ansehen des Rechtsstaats wohl mehr schadet. Gewaltätiges Verhalten von Demonstranten oder von Vertretern des Staates?Nur so als Gedankenansatz.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Bei 10.000 Polizisten und 17.000 Demonstranten gelingt es der Polizei nicht Zerstörung zu verhindern? 1:1,7!!! Ein Polizist hat sich um 1,7 Demonstranten zu kümmern. Ganz schön wenig.

    Das wirft Fragen auf und ist ein Armustzeugnis sondergleichen- für die Polizei.

    Ich behaupte die Gewalt wurde toleriert um die Demonstration medial diskreditieren zu können.

    • @9076 (Profil gelöscht):

      Stimmt und die Demonstranten sind so doof und fallen immer wieder darauf rein.;-)

    • @9076 (Profil gelöscht):

      Gewalt, was wie wo? Das waren alles besorgte Bürger auf Sonn- ähm Mittwochsausflug. Ich hab da nichts gesehen :-)

  • "Das „berechtigte Anliegen“ der Demonstranten werde seit Jahren nicht gehört."

     

    Ich denke jeder der sich für das Thema interessiert wird sich innerhalb von Minuten Informationsmaterial organisieren können. Was Herr Wester eigentlich zu meinen scheint ist dass man nicht AUF die Demonstranten hört - und da sind - seien wir mal ehrlich - Gewaltausbrüche doch völlig berechtigt. Ich warte ja schon seit Jahren darauf dass die FDP zur Gewalt übergeht um endlich auch mal nen Kanzler stellen zu dürfen. Das wollen die immerhin schon länger als es Blockupy überhaupt gibt.

    Demokratie hieß doch dass jeder seine Meinung sagen, vertreten und (wenn die anderen nicht friedlich wollen) mit Gewalt durchsetzen darf, oder?