Nach Blackout in Spanien und Portugal: Überspannung ließ Strom ausfallen
Ende April brach die Stromversorgung in Spanien und Portugal völlig zusammen. Nun liegt der Untersuchungsbericht zu den Ursachen vor.

Der Vorfall habe mit einem Spannungsanstieg begonnen. Diese Spannungsschwankungen kamen aus dem europäischen Netz. Das führte zu einer Reihe von Kraftwerksabschaltungen vor allem im Süden und in der Mitte Spaniens. Diese seien in einigen Fällen, so Aagesen, „unzulässig“ gewesen und hätten die Spannung zusätzlich ansteigen lassen. Einen im ersten Moment von vielen vermuteten Cyberangriff schließt der Bericht aus.
Aagesen warf auf einer Pressekonferenz nach der allwöchentlichen Kabinettssitzung dem Netzbetreiber REE vor, die Stromproduktion an jenem Tag nicht mit der „nötigen Vorsicht“ geplant zu haben. REE habe nicht genügend Anlagen in den Mix eingeplant, die – anders als etwa Sonne und Wind – die Netzschwankungen abfedern können. Das können vor allem Wasserkraft- und Gaskraftwerke, da sie den Strom per Turbine erzeugen und deshalb schnell reagieren können.
Zum Zeitpunkt des Ausfalls kamen 58 Prozent des Stroms aus Photovoltaikanlagen, 13 Prozent aus Windparks. Die vier von insgesamt sieben AKW, die gerade am Netz waren, lieferten 13 Prozent. Nur die restlichen 16 Prozent stammten aus Wasser- und Gaskraftwerken, die eine schnelle Regelung der Netzspannung zulassen.
Auch mit erneuerbaren Energien lässt sich die Netzspannung regeln. Allerdings sind dazu hohe Investitionen nötig, die in Spanien – und auch im Großteil des restlichen Europas – in dieser Form nicht getätigt wurden. Neben Kondensatoren zur Netzsynchronisierung oder speziellen Wechselrichtern können auch große Batterien eingesetzt werden.
Bericht sieht Nachholbedarf
„Es fehlte an Kapazitäten zur Spannungsregelung, entweder weil die Anlagen nicht ausreichend eingeplant waren oder weil die eingeplanten Anlagen die geforderten Standards nicht ausreichend erfüllten, oder eine Kombination aus beidem“, erklärte Aagesen. Als die Spannung stieg, hätten einige der Kraftwerke, die eben für die Spannungsregelung am Netz waren und vergütet wurden, nicht gearbeitet, wie es eigentlich vorgesehen war. Aagesen sprach von mangelnder Koordination, unklaren Zuständigkeiten und fehlender Transparenz im Gesamtsystem.
Von den zehn Kraftwerken, die von REE zur Gewährleistung der Netzsynchronisierung vorgesehen waren, habe keines die Anforderungen voll erfüllt, erklärte Aagesen. Einige Betreiber hätten sich ganz klar „unsachgemäß verhalten“, fügte die Ministerin hinzu. Ein Kraftwerk hatte bereits am Vortag angekündigt, nicht zur Verfügung zu stehen. REE programmierte um, aber schaltete keinen Ersatz zu.
Aagesen sprach von „unzureichender Bedarfsplanung“. Gemäß den Zuständigkeiten des Stromsystems ist die Bedarfsprognose ein Schlüsselfaktor, für den Netzbetreiber REE zuständig ist. Welche Stromerzeuger sich falsch verhalten haben sollen, wurde zunächst nicht veröffentlicht. Vermutlich betrifft dies die Großen der Branche – Iberdrola, Endesa, Naturgy und EDP – denn es sind sie, die über Wasser- und Gaskraftwerke verfügen.
Die Untersuchungskommission spricht eine Reihe von Empfehlungen aus, um die Stromversorgung in Spanien stabiler zu machen. Es brauche mehr Kontrolle, damit alle Beteiligten ihre Aufgaben erfüllen. Außerdem empfiehlt die Kommission Investitionen, um die Spannungsregelung und den Schutz gegen Netzschwankungen zu verbessern. Asynchrone Anlagen – also Sonne und Wind – müssten in diese Aufgabe einbezogen werden. Auch in Batterien müsse investiert werden.
Der Bericht verlangt auch eine bessere Vernetzung mit Europa, das heißt vor allem mit Frankreich. Spanien beklagt seit Jahrzehnten eine viel zu schwache Anbindung ans Nachbarland. Die Iberische Halbinsel ist in Sachen Strom weitgehend auf sich selbst gestellt.
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