Nach Anschlag in Istanbul: Ein Verdächtiger festgenommen
Die Polizei verschärft ihr Vorgehen gegen die IS-Terrormiliz im Land. Das Auswärtige Amt bestätigt, dass bei dem Anschlag zehn Deutsche getötet wurden.
Bei dem Anschlag in Istanbul sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes zehn Deutsche getötet worden. Wie eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch in Berlin sagte, werden sieben deutsche Verletzte in Krankenhäusern behandelt, davon fünf auf der Intensivstation. Zunächst war von acht deutschen Todesopfern die Rede gewesen.
Einen Tag nach dem Anschlag traf Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu einem Besuch in Istanbul ein. Der CDU-Politiker will sich zusammen mit seinem türkischen Kollegen Efkan Ala ein Bild von der Lage machen. Dabei geht es auch um die Frage, ob sich der Anschlag gezielt gegen eine Reisegruppe aus Deutschland richtete. Die Türkei macht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für die Tat verantwortlich.
Der Attentäter hat sich nach Angaben de Maizières nicht gezielt deutsche Touristen als Opfer ausgesucht. „Es liegen keine Anzeichen vor, dass der Anschlag gezielt gegen Deutsche gerichtet war“, sagte er nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Efkan Ala.
Türkei spricht von IS-Attentäter
Der 1988 geborene Selbstmord-Attentäter hatte sich am Dienstag in der Umgebung der Hagia Sophia und der Blauen Moschee im historischen Zentrum Istanbuls in die Luft gesprengt, mitten innerhalb der Reisegruppe. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte am Dienstag erklärt, der Attentäter habe dem IS angehört.
Die getöteten Bundesbürger kommen nach jüngsten Angaben der verschiedenen Landesregierungen aus Berlin, Brandenburg, Sachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Die Gruppe war mit dem Berliner Reiseveranstalter Lebenslust Touristik auf einer Drei-Länder-Tour. Die Türkei war die erste Station.
Anschließend sollte es noch nach Dubai und Abu Dhabi gehen. Insgesamt zählte die Reisegruppe 33 Mitglieder. Offen war, ob die Reise fortgesetzt wird. Am Mittwoch hielt sich ein Großteil der Gruppe noch in Istanbul auf. Das Auswärtige Amt entsandte ein Team zu ihrer psychologischen Betreuung.
Trauer und Entsetzen
Weltweit reagierten Politiker mit Trauer und Entsetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag als „mörderischen Akt“. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, es handele sich um ein „verachtenswertes Verbrechen“. Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem „abscheulichen Terroranschlag“.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte einen „Selbstmordattentäter syrischer Herkunft“ für die Tat verantwortlich. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete dagegen, der Mann stamme aus Saudi-Arabien und sei kürzlich aus Syrien in die Türkei eingereist.
Nach Informationen der türkischen Tageszeitung Hürriyet hatte der türkische Geheimdienst MIT erst kürzlich vor Terrorangriffen auf Touristen gewarnt. Demnach seien die Hinweise vom 17. Dezember und 4. Januar seien an Sicherheitsbehörden im ganzen Land gegangen. In den Warnungen habe es geheißen, Selbstmordattentäter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seien ins Land eingedrungen. Sie könnten nach Istanbul oder Ankara weitergereist sein oder auch über die Türkei in andere europäische Länder ziehen.
Die türkische Polizei verschärfte nach dem Anschlag von Istanbul ihr Vorgehen gegen die IS-Terrormiliz im Land. Bei einer Razzia im südtürkischen Antalya seien drei verdächtige russische Staatsbürger festgenommen worden, meldete die türkische Nachrichtenagentur DHA. Antalya ist eines der beliebtesten Urlaubsziele von Deutschen in der Türkei. im zentralanatolischen Konya seien vier mutmaßliche IS-Angehörige verhaftet worden. Ihnen werde vorgeworfen, der Terrormiliz Kämpfer zugeführt und diesen beim Grenzübertritt nach Syrien geholfen zu haben.
Ob die Verhaftungen und Festnahmen in direktem Zusammenhang mit dem Anschlag von Istanbul standen, blieb unklar. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete 68 Festnahmen bei Operationen gegen den IS, von denen der Großteil aber vor dem Anschlag von Istanbul stattfand.
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