Nach Angriff auf Trump: US-Parteien wollen verbal abrüsten
Nach dem gescheiterten Attentat auf Trump bemühen sich Republikaner und Demokraten darum, staatstragend zu wirken. Das wird nicht lange halten.
Die Bundespolizei FBI und die Medien suchen alle erdenklichen Spuren ab – bislang konnten sie zumindest kein politisches Motiv für die Tat finden. An Informationen hinzugekommen ist lediglich, dass Crooks in Mathematik sehr gut war, in einem Pflegeheim arbeitete und laut Aussagen von ehemaligen Klassenkameraden in der Schule immer gemobbt wurde. Eine schlüssige Erzählung über ein Attentat, das in die Geschichtsbücher eingehen und womöglich den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2024 mitentscheiden wird, ergibt sich daraus nicht.
Genauso offen ist weiterhin die Frage, warum es Crooks überhaupt möglich war, beobachtet von Umstehenden, aber unbehelligt von Polizei und Secret Service auf jenes Dach in unter 150 Meter Entfernung zur Bühne zu klettern, von dem aus er direkte Sicht und freies Schussfeld auf Trump hatte.
Zwar sind verschiedene Untersuchungen angekündigt, um der Frage nachzugehen. Aber aus dem Secret Service gibt es noch nicht einmal eine vorläufige Antwort. Ein so offensichtliches Missachten von grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen, wie sie spätestens seit dem Attentat auf John F. Kennedy aus dem 6. Stock eines Bürohauses in Dallas im November 1963 Standard sind, hinterlässt nach wie vor riesige Erkenntnislücken – die im Netz bereits eifrig von einer Myriade von Theorien ausgefüllt werden.
„Wir sind keine Feinde“
Unterdessen versuchen Politiker*innen aus der ersten Reihe beider Parteien, staatsmännisch an beide Seiten zu appellieren, in der politischen Debatte einen weniger aggressiven Tonfall an den Tag zu legen. „Wir alle haben die Verantwortung, das zu tun“, sagte US-Präsident Joe Biden in einer Fernsehansprache aus dem Weißen Haus am Montagabend. Gewalt sei nie eine Lösung, betonte Biden. „Wir sind keine Feinde.“
Und selbst Donald Trump kündigte an, auf dem republikanischen Parteitag in Milwaukee, anders als ursprünglich geplant, eine Rede zu halten, „die unser Land vereint“. Trump sagte der Boulevardzeitung New York Post, er habe ursprünglich eine „extrem harte Rede“ über die „schreckliche Regierung“ von Präsident Biden vorbereitet. Diesen Text habe er aber weggeworfen. Er wisse indes nicht, ob es möglich sei, das Land zu vereinen. Die Menschen in den USA seien „sehr gespalten“.
Eine republikanische Versammlung mit Trump als Hauptredner ohne ätzend-aggressive Rhetorik gegen Joe Biden, die politische Klasse, „kommunistische Wokeness“, das „korrupte Washington“ oder „Migrant*innen, die das Blut Amerikas vergiften“ – das wäre allerdings ein Novum, seit der Trumpismus die Republikanische Partei ergriffen hat.
Es wird interessant sein zu sehen, ob alle der geplanten Redner*innen von inner- und außerhalb der Partei von Trumps neuer Idee des rhetorischen Abrüstens erfahren – wer in den letzten Monaten allerdings nur einmal in ein Event von Trump-nahen Organisationen wie CPAC (Conservative Political Action Conference) oder Turning Point USA hereingeschaut hat, wo die gleichen Redner*innen auftreten wie jetzt beim Parteitag der Republikaner, kann sich nicht vorstellen, was von den Reden übrigbleiben soll, fiele diese Art von Hasskritik weg.
Der Parteitag sollte am Montag nach taz-Redaktionsschluss beginnen. Das viertägige Treffen, zu dem inklusive der rund 2.400 Delegierten rund 50.000 weitere Republikaner*innen erwartet werden, soll am Donnerstag mit der Rede Trumps enden, in der er offiziell seine Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten annimmt. Höhepunkt am Mittwoch ist die Rede des oder der „Running Mate“, also des Kandidaten oder der Kandidatin für die Vizepräsidentschaft. Es wurde erwartet, dass Trump noch am Montag das Geheimnis lüftet, wer das wird.
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