Nach Amtsmissbrauch in Polen: Knast für zwei PiS-Politiker
Die beiden Politiker hatte Präsident Andrzej Duda schon rechtswidrig begnadigt. Ihre Partei will das neue Hafturteil jetzt nicht anerkennen.
Beide wurden am Mittwoch in zweiter Instanz wegen Amtsmissbrauch zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Außerdem verlieren sie ihre Abgeordnetenmandate und dürfen fünf Jahre lang kein öffentliches Amt ausüben. Journalisten gegenüber behaupten sie aber, für das Gericht nur Verachtung übrigzuhaben und sich „nicht verurteilt zu fühlen“.
Früher sind sie damit auch durchgekommen: im März 2015 hatte ein Gericht Kamiński und Wąsik wegen Amtsmissbrauchs, Urkundenfälschung und illegaler Telefonüberwachung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Bei der sogenannten Grundstücksaffäre von 2007 soll Kamińskis Behörde einen Korruptionsfall inszeniert haben, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper von der Partei Samoobrona zu diskreditieren.
Für PiS-Politiker ist die Zeit der Straflosigkeit vorbei
Doch am Ende ging nicht Lepper in die Falle. Vielmehr flogen Kamiński und Wąsik auf. Die einzige von PiS-Chef Jarosław Kaczyński geleitete Regierung brach 2007 auseinander. Erst 2015 errang die PiS wieder die Macht.
Die Staatsanwaltschaft, aber auch Kamiński und Wąsik, legten Berufung ein. Doch bevor das Urteil überhaupt rechtskräftig wurde, entschloss sich Präsident Andrzej Duda die beiden Politiker zu begnadigen. Sie sollten in der PiS-Regierung von 2015 bis 2019 Geheimdienstkoordinatoren werden.
Obwohl viele Juristen dem Präsidenten erklärten, dass er nicht in ein laufendes Verfahren eingreifen und zwei noch nicht rechtmäßig Verurteilte begnadigen könne, focht ihn das nicht an. Schließlich entschied Polens oberstes Berufungsgericht im Juni 2022, dass die Begnadigung durch Präsident Duda ungültig sei und die beiden Angeklagten sich dem Berufungsverfahren in zweiter Instanz stellen müssten.
Für Polens Spitzenpolitiker ist das aktuelle Urteil ein klares Signal, dass die Zeit der Straflosigkeit bei Amtsmissbrauch, Korruption und andere Vergehen vorbei ist. Präsident Duda bat die beiden nun rechtskräftig Verurteilten in den Präsidentenpalast. Doch eine weitere Begnadigung wird es nicht geben, da Duda damit zugeben würde, dass seine erste Begnadigung ein Fehler war und keine Rechtskraft entwickelt hatte.
Im Sejm erklärte die PiS-Fraktion unterdessen, dass sie nur die Begnadigung durch den Präsidenten anerkenne, nicht aber die Urteile der Berufungsgerichte. Kamiński und Wąsik bringen diese politischen Erklärungen nicht viel. Sie werden die nächsten zwei Jahre hinter Gittern verbringen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner