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NSU-Opferanwältin über Zschäpe„Sie ist keine naive Nazi-Braut“

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, hat ihr Schweigen gebrochen. Gül Pinar über Erwartbarkeit, Eitelkeit und die unbeantworteten Fragen der Opfer.

Sprach zwar nicht selbst, ließ am OLG München aber ihre Aussage verlesen: Beate Zschäpe. Foto: dpa
Andreas Speit
Interview von Andreas Speit

taz: Frau Pinar, nach zweieinhalb Jahren hat Beate Zschäpe ihr Schweigen gebrochen. Hat ihre Aussage den Opfern geholfen?

Gül Pinar: Nein. Ihre Aussage hat keine neuen Erkenntnisse gebracht.

Welche Erwartungen hatten ihre Mandanten?

Sie haben natürlich erwartet, dass die Aussage Licht in die Sache bringt und wir endlich die Wahrheit erfahren. Diese Erwartung habe ich nicht geteilt. Wir bereiteten unsere Mandanten auch schon während des gesamten Verfahrenes auf die mögliche Enttäuschung vor, nicht zu erfahren, warum ihr Angehöriger Opfer wurde. Die Aussage von Zschäpe hat mich in meiner Annahme bestätigt. Die Worte des Bedauerns, die sie heute vortragen ließ, kommen etwas spät.

Die Hauptbeschuldigte will sich bisher nicht den Nebenklagevertretern stellen. Missachtet Zschäpe die Opfer?

Sie hat zwar heute versucht sich zu entschuldigen, aber den Opfern will sie sich nicht stellen.

Im Interview: Gül Pinar

vertritt die Familie des ermordeten Lebensmittelhändlers Süleyman Tasköprü als Nebenklägerin. Laut Anklage waren es Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die den 31-Jährigen am 27. Juni 2001 in seinem Hamburger Laden töteten.

Welche Motive, vermuten Sie, hatte Zschäpe, um sich nach fast 250 Verhandlungstagen zum Reden bewegen?

Ihre Eitelkeit und die Tatsache, dass sie jetzt versteht, dass sie verurteilt werden wird.

Haben Sie schon einmal ein so langes Schweigen im Gerichtssaal erlebt?

Ich habe noch nie erlebt, dass ein Mandant länger als zehn Verhandlungstage stillhalten konnte. Zschäpe aber verzieht kaum eine Miene. Sie ist keine naive Nazi-Braut. Im Gegenteil: Sie wirkt stolz darauf, durch den Prozess in der Szene eine Ikone zu sein.

Hat ihre Einlassung Einfluss auf das Urteil?

Das wird die Glaubhaftigkeitsüberprüfung zeigen. Die kann aber nicht uneingeschränkt stattfinden, da Zschäpe die Fragen nur schriftlich beantworten will. Mann kann es glauben, muss es aber nicht.

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4 Kommentare

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  • "... den Opfern will sie sich nicht stellen."

     

    Die Beweislast ist erdrückend: Sie hat diese Explosion verursacht, die DVD verschickt, sie war am Tatort Banküberfall, hat stetig mit Geld aus Banküberfällen bezahlt und blieb im Untergrund, als ihre Strafen verjährt waren ... Mag sein, dass Zschäpe sich selbst feiert, wie hier angedeutet, aber so wie sie sich verhält, geht sie lebenslänglich mit anschließender Sicherheitsverwahrung in den Knast. Und m.M. zu Recht- die Frau ist a) immer noch extrem gefärhlich und b) ein klarrer Fall von Neonazitim und allen dazugehörigen Aspekten.

    Außerdem hat sie nix gesagt - sprechen ohne Inhalte ist vor Gericht auch eben das: Nix wert. Es gibt ja von Seiten der Opfern ein großes Bedürfnis, mehr zu erfahren und das will sie nicht stillen, sondern sie ignoriert die Opferfamilien - immer noch.

  • Eines ist doch klar:

    Der Scheiß nervt......wie lange gibt es noch diese Schlagzeilen?

    Wenn der Staat mit seiner Rechtsprechung nix hin kriegt und ein Statement das ander jagt, dann werden wir über Jahren noch davon lesen können......

    So langsam hat das : Lindenstraßen Format!!!!

    Hans-Ulrich Grefe

  • Wohlleben wird das gleiche versuchen.

  • ...kein Deutscher wusste angeblich von den Morden an den über 6 Mio. Menschen, in den KZs der Nazis, wie "glaubhaft" ist das?