NSA-Untersuchungsausschuss: Keiner will den Schwarzen Peter
Der Beauftragte für die Nachrichtendienste, Klaus-Dieter Fritsche, wurde fünf Stunden befragt. Er liegt im Clinch mit dem Ex-BND-Chef Ernst Uhrlau.
Fritsche ist seit 2014 der Beauftragte für die Nachrichtendienste im Kanzleramt, diesen neuen Staatssekretärs-Posten schneiderte ihm Kanzlerin Angela Merkel nach dem Snowden-Skandal eigens auf den Leib. Und auch von 2005 bis 2009 war Fritsche schon einmal im Kanzleramt für die Aufsicht über die Nachrichtendienste zuständig, damals als Leiter der Fachabteilung.
Genau in dieser Zeit – nämlich 2006 – will der damalige BND-Präsident Ernst Uhrlau dem zuständigen Abteilungsleiter im Kanzleramt einen alarmierenden Befund gemeldet haben: Im Bundesnachrichtendienst war aufgefallen, dass die NSA dem deutschen Auslandsnachrichtendienst merkwürdige Suchbegriffe untergeschoben hatte – zum Beispiel mit Bezug auf den EADS-Konzern.
Seither sei der BND in dieser Hinsicht „bösgläubig“ gewesen, versicherte der ehemalige BND-Chef Uhrlau vergangene Woche als Zeuge im Ausschuss. „Ich gehe davon aus, dass ich das bei den regelmäßigen Besprechungen, die ich mit Herrn Fritsche hatte, nicht unerwähnt gelassen habe“. Das hieße: Dem Kanzleramt hätten Hinweise auf das Problem mit den NSA-Selektoren schon seit 2006 vorgelegen. Hatte das Amt die Sache wissentlich laufen lassen? Trägt es damit eine erhebliche Mitschuld am Skandal um die Selektorenliste?
Es gibt dazu kein Papier
Nein, versichert knapp eine Woche später Klaus-Dieter Fritsche – jener Mann, der damals im Kanzleramt für die Geheimdienste zuständig war: „Das schließe ich aus.“ Schließlich hätte er Uhrlau auf jeden Fall um einen schriftlichen Bericht über solche gravierenden Vorfälle gebeten. Doch es gebe dazu kein Papier. Im Bundeskanzleramt habe es damals auch keine „Bösgläubigkeit“ gegeben, von der Uhrlau berichtet hatte. Überhaupt, schiebt Fritsche nach, verstehe er die „Bösgläubigkeits“-Äußerung des ehemaligen BND-Chefs nicht. Aber bei Uhrlau sei das ja „schon immer mein Problem gewesen“.
Die Zeit für wechselseitige Freundlichkeiten unter den Behördengrößen scheint definitiv vorbei. Jetzt geht es darum, dass von diesem Skandal möglichst wenig am eigenen Haus und an der eigenen Arbeit haften bleibt. Fritsche besteht in seiner fünfstündigen Befragung im NSA-Ausschuss des Bundestages darauf: Er habe erst 2010 erfahren, dass der US-Geheimdienst die Daten europäischer Ziele ausspähen wollte. Damals aber sei er Staatssekretär im Bundesinnenministerium gewesen – und deshalb gar nicht für die Aufsicht zuständig.
Das Agieren des Kanzleramts unter seiner Verantwortung in dieser Affäre bewertete Fritsche als tadellos: „Fehler in der Rechts- und Fachaufsicht kann ich nicht erkennen“, sagt er. Aber wer genau machte dann die Fehler? Nach Fritsches Darstellung war es der BND.
Schonungslos berichten
Er habe seine Ansprechpartner im BND immer ermutigt, ihm schonungslos über Probleme zu berichten, versichert Fritsche. „Wir haben kein grundsätzliches Misstrauen, dass uns etwas nicht gesagt wird.“ Und außerdem könne man ja nicht hinter jeden BND-Mitarbeiter einen weiteren Beamten zur Aufsicht stellen.
Diese Darstellung erscheint offenkundig auch dem SPD-Obmann Christian Flisek zu gewagt. Als Aufsichtsbehörde müsse das Kanzleramt dem BND doch auch mal das Leben schwer machen, entgegnet der Abgeordnete. Das bestreitet Fritsche nicht.
Aber er bleibt dabei: Ohne Hinweise auf Fehler könne die Dienstaufsicht nichts machen. Merkels wichtigsten Geheimdienstmann bringen alle Nachfragen nicht von seiner Botschaft ab: „Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass im BND Fehler passiert sind“, wiederholt er am frühen Donnerstagabend. Soll heißen: Bei denen. Nicht bei uns.
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