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NSA-UntersuchungsausschussKeiner will den Schwarzen Peter

Der Beauftragte für die Nachrichtendienste, Klaus-Dieter Fritsche, wurde fünf Stunden befragt. Er liegt im Clinch mit dem Ex-BND-Chef Ernst Uhrlau.

11. September 2014: Da war Klaus-Dieter Fritsche schon mal im NSA-Untersuchungsausschuss Foto: dpa

Berlin taz | Es sieht ganz so aus wie das klassische Schwarze-Peter-Spiel. Hauptsache, man hat die Verliererkarte am Schluss nicht mehr selbst in der Hand. Am Donnerstag steigt im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags einer der wichtigsten Geheimdienst-Player des Landes in die Partie ein: Klaus-Dieter Fritsche, ein blasser Mann mit randloser Brille, der höchst selten öffentlich in Erscheinung tritt, was seinen Einfluss mitnichten schmälert.

Fritsche ist seit 2014 der Beauftragte für die Nachrichtendienste im Kanzleramt, diesen neuen Staatssekretärs-Posten schneiderte ihm Kanzlerin Angela Merkel nach dem Snowden-Skandal eigens auf den Leib. Und auch von 2005 bis 2009 war Fritsche schon einmal im Kanzleramt für die Aufsicht über die Nachrichtendienste zuständig, damals als Leiter der Fachabteilung.

Genau in dieser Zeit – nämlich 2006 – will der damalige BND-Präsident Ernst Uhrlau dem zuständigen Abteilungsleiter im Kanzleramt einen alarmierenden Befund gemeldet haben: Im Bundesnachrichtendienst war aufgefallen, dass die NSA dem deutschen Auslandsnachrichtendienst merkwürdige Suchbegriffe untergeschoben hatte – zum Beispiel mit Bezug auf den EADS-Konzern.

Seither sei der BND in dieser Hinsicht „bösgläubig“ gewesen, versicherte der ehemalige BND-Chef Uhrlau vergangene Woche als Zeuge im Ausschuss. „Ich gehe davon aus, dass ich das bei den regelmäßigen Besprechungen, die ich mit Herrn Fritsche hatte, nicht unerwähnt gelassen habe“. Das hieße: Dem Kanzleramt hätten Hinweise auf das Problem mit den NSA-Selektoren schon seit 2006 vorgelegen. Hatte das Amt die Sache wissentlich laufen lassen? Trägt es damit eine erhebliche Mitschuld am Skandal um die Selektorenliste?

Es gibt dazu kein Papier

Nein, versichert knapp eine Woche später Klaus-Dieter Fritsche – jener Mann, der damals im Kanzleramt für die Geheimdienste zuständig war: „Das schließe ich aus.“ Schließlich hätte er Uhrlau auf jeden Fall um einen schriftlichen Bericht über solche gravierenden Vorfälle gebeten. Doch es gebe dazu kein Papier. Im Bundeskanzleramt habe es damals auch keine „Bösgläubigkeit“ gegeben, von der Uhrlau berichtet hatte. Überhaupt, schiebt Fritsche nach, verstehe er die „Bösgläubigkeits“-Äußerung des ehemaligen BND-Chefs nicht. Aber bei Uhrlau sei das ja „schon immer mein Problem gewesen“.

Die Zeit für wechselseitige Freundlichkeiten unter den Behördengrößen scheint definitiv vorbei. Jetzt geht es darum, dass von diesem Skandal möglichst wenig am eigenen Haus und an der eigenen Arbeit haften bleibt. Fritsche besteht in seiner fünfstündigen Befragung im NSA-Ausschuss des Bundestages darauf: Er habe erst 2010 erfahren, dass der US-Geheimdienst die Daten europäischer Ziele ausspähen wollte. Damals aber sei er Staatssekretär im Bundesinnenministerium gewesen – und deshalb gar nicht für die Aufsicht zuständig.

Das Agieren des Kanzleramts unter seiner Verantwortung in dieser Affäre bewertete Fritsche als tadellos: „Fehler in der Rechts- und Fachaufsicht kann ich nicht erkennen“, sagt er. Aber wer genau machte dann die Fehler? Nach Fritsches Darstellung war es der BND.

Schonungslos berichten

Er habe seine Ansprechpartner im BND immer ermutigt, ihm schonungslos über Probleme zu berichten, versichert Fritsche. „Wir haben kein grundsätzliches Misstrauen, dass uns etwas nicht gesagt wird.“ Und außerdem könne man ja nicht hinter jeden BND-Mitarbeiter einen weiteren Beamten zur Aufsicht stellen.

Diese Darstellung erscheint offenkundig auch dem SPD-Obmann Christian Flisek zu gewagt. Als Aufsichtsbehörde müsse das Kanzleramt dem BND doch auch mal das Leben schwer machen, entgegnet der Abgeordnete. Das bestreitet Fritsche nicht.

Aber er bleibt dabei: Ohne Hinweise auf Fehler könne die Dienstaufsicht nichts machen. Merkels wichtigsten Geheimdienstmann bringen alle Nachfragen nicht von seiner Botschaft ab: „Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass im BND Fehler passiert sind“, wiederholt er am frühen Donnerstagabend. Soll heißen: Bei denen. Nicht bei uns.

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6 Kommentare

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  • Wie denn nun? Ohne Hinweise auf Fehler kann eine Dienstaufsicht (zum Glück) nichts machen. Nichts, außer unterstellen, sagt Klaus-Dieter Fritsche. Wie er nämlich ganz ohne eben jene Hinweise auf Fehler zu der Einschätzung gekommen sein könnte, "dass im BND Fehler passiert sind", bleibt sein Privatgeheimnis. Eins, von dem er keine Kenntnis hat. Der Mann ist offensichtlich auch nach Dienst noch ein vollkommener Geheimniskrämer. Oder er hat das sogenannte Ausschlussprinzip perfektioniert: Wenn ich's nicht war, dann war es halt ein anderer.

     

    Sein Kumpel Ernst Uhrlau allerdings ist auch nicht besser. Was der tut, scheint dermaßen geheim zu sein, dass er es sogar sich nur unterstellen kann. Er gehe davon aus, sagt er, dass er etwas erwähnt hat. Genaues weiß er leider nicht, weil kein gelochtes Papier vorliegt, auf dem einer der beiden Herren oder sonst irgendwer ablesen könnte, was keiner weiß, die beiden Chefs jedoch ganz furchtbar ahnen.

     

    Wenn ich mir nun nicht dank effizientester Propaganda ziemlich sicher wäre, dass dem "wirtschaftlich und politisch stärksten Land Europas" im Grunde kaum ein echter Schaden drohen kann, würde ich mir höchstwahrscheinlich Sorgen machen. Zwei solche Plinsen an der Spitze eines Sicherheitsorgans – das muss man erst einmal verkraften. Als Bürger, meine ich, der gar nichts andres haben darf als völliges Vertrauen!

    • @mowgli:

      „Vertraue, aber prüfe nach!“

      [ Доверяй, но проверяй – Dowerjai, no prowerjai / altes russisches Sprichwort]

  • "Schwarzer Peter"? wie war das noch mal mit der Tradierung einer negativen Konnotation von "Schwarz" durch Medien und öffentlichen Diskurs?

    Noch mal nachlesen bei Noah Sow kann ich empfehlen.

    • @Toni@:

      Tja, Toni: Pech gehabt. Die Arschkarte in meinem Schwarzer-Peter-Spiel hat einen Schornsteinfeger gezeigt. Ätsch. Ich brauch nicht nachlesen bei Noah Sow. Noch nämlich sind die Schornsteinfeger keine Opfergruppe.

    • @Toni@:

      Und noch schlimmer: Inmitten der laut gewordenen Diskussion um Flüchtlingspolitik. Und der Artikel ist heute, nachdem gestern in South Carolina 9 Menschen aus rassistischen Beweggründen ermordet worden sind, auf der Startseite fast ganz oben, während Berichterstattung über das Attentat erst gesucht werden muss?

      Liebe Taz, ich habe definitiv mehr Sensibilität erwartet.

  • Damit ist man doch schon ein ganzes Stück weiter, denn bislang hieß es ja immer, es habe keinerlei Fehler gegeben im Bundeskanzleramt und beim BND.