NDR-Podcast zu Shoa-Leugner: Faschistische Fußnote
Der berüchtigte Nazi Thies Christophersen sah seinem Großvater so ähnlich – Grund für Claas Christophersen, nach Verbindungen zu forschen.
Er veröffentlichte 1973 die Broschüre „Die Auschwitz-Lüge“ – ein Titel, der Christophersen Eingang in die Geschichtsbücher verschafft habe, so formuliert es nun der Potsdamer Rechtsextremismus-Experte Gideon Botsch: Eine „Fußnote Christophersen“ werden wir nach seiner Einschätzung noch sehr lange „mit uns herumschleppen“.
Bin ich verwandt mit diesem Mann? Das fragte sich Claas Christophersen, 43, wegen der bemerkenswerten Ähnlichkeit seines eigenen Großvater, Karl-Heinz Christophersen, mit dem Holocaust-Leugner. In der Familie hieß es aber stets, es gebe da zwei „Christophersen-Linien“, und mit diesem Thies habe man nun wirklich nichts zu tun. Ob das stimmt, dem ist Claas in Gestalt einer Radiosendung nachgegangen, die Anfang Februar NDR Info gesendet hat und die weiterhin als Podcast anzuhören ist.
Zusammen mit Ko-Autor Norbert Zeeb will er aber auch herausarbeiten, welche Rolle „Der ewige Faschist“– so der Titel – und seine Ideen heute noch spielen, und das vielleicht nicht nur am äußersten rechten Rand. Die „Spurensuche“, so heißt es im Untertitel, beginnt in Claas' Elternhaus: Auch dort, erinnert er sich, gab es einst ein Exemplar von Thies' berüchtigter Auschwitz-Broschüre. Warum, das wisse er nicht mehr, sagt sein Vater; und dass er es irgendwann mal entsorgt habe.
True-Crime-Kniffe
„Der ewige Faschist“ bedient sich einiger Kniffe des nicht nur, aber insbesondere bei Podcasts enorm populären „True Crime“-Genres. Liefert also Informationen mitunter spannungsdienlich verzögert – nutzt aber auch ein Sounddesign, das manchmal hart an der Grenze des Spekulativen landet. Braucht das alten Radiointerviews entnommene Gerede eines erkennbar unbeirrten Hitler-Anhängers wirklich noch eingestreute merkwürdige Synthieflächengruselakustik?
„Der ewige Faschist“ ist auf ndr.de und in der ARD-Audiothek erhältlich
Es bleibt aber das Anhören wert, was da vier jeweils etwas über 20 Minuten langen Folgen in Szene gesetzt wird (Regie: Alexander Schumacher). Und das auch, weil die Scheu vor einem Denken und Reden, wie es Thies Christophersen tat, heute ja eher bröckelt, als dass darauf Verlass wäre. Was es nun mit der Verwandtschaft oder nicht auf sich hat zwischen dem Nazi und dem Nachforschenden: Das sei ausnahmsweise nicht vorab verraten; Spannung halt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut