Museen warnen vor Artensterben: Ein dringender Appell
Forschungsmuseen legen eine „Berliner Erklärung“ vor. Sie warnen vor den drohenden Verlust von bis zu einer Million Arten.
„Seit dem 16. Jahrhundert sind mindestens 680 Wirbeltierarten ausgestorben“, erklärte Museumsdirektor Johannes Vogel. Das könnte in den kommenden Jahrzehnten auch 40 Prozent aller Insekten drohen. Schon heute seien 75 Prozent der Landökosysteme und etwa 66 Prozent der Meere erheblich beeinträchtigt oder zerstört.
„Gelingt es in dieser Dekade nicht, den katastrophalen Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, laufen wir Gefahr, bis zu einer Million Arten zu verlieren und 80 Prozent der UN-Nachhaltigkeitsziele nicht zu erreichen“, heißt es in der Erklärung, hinter der ein breites Bündnis renommierter Umweltforscher steht.
Anlass für den Appell ist der „Weltnaturgipfel“ der Vereinten Nationen, der Ende August in China stattfindet und eine Art Weltlklimakonferenz für die belebte Natur auf Kontinenten und in den Ozeanen darstellt. Deutschland trage „eine große Verantwortung“ und besitze „erhebliches Potenzial“, so die Naturforscher, „jetzt entscheidende Beiträge zur Bewältigung der Zwillingskrise des Rückgangs der biologischen Vielfalt und der zunehmenden Erderhitzung zu leisten“.
Das Positionspapier listet konkrete Handlungsempfehlungen mit „naturbasierten Lösungen“ als wesentlichem Schlüssel für eine Veränderung auf. So sollte sich Deutschland beim Biodiversitätsgipfel mit Nachdruck dafür einsetzen, dass „bis 2030 global 30 Prozent der Land- und Meeresflächen wirksam geschützt und weitere 20 Prozent renaturiert werden“.
Finanzielle Unterstützung
Auch müsse die Bundesrepublik ihre eigene Verantwortung gegenüber dem Globalen Süden dokumentieren. Ein Schritt dafür sei die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte „erhebliche“ Erhöhung von Mitteln für den Biodiversitätsschutz auf vorerst mindestens zwei Milliarden Euro jährlich. Mittelfristig seien sogar acht Milliarden Euro pro Jahr erforderlich.
Das Geld ist eigentlich da, bemerken die Naturforscher mit Hinweis auf die knapp 67 Milliarden Euro, die jährlich als umweltschädliche Subventionen in Deutschland in die Bereiche Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Gebäude fließen. Deutschland könne gerade in seiner G7-Präsidentschaft für einen nachhaltigen Artenschutz „viel in die Waagschale werfen“, heißt es in der Erklärung. „Kein Land ist dafür besser aufgestellt, keine Aufgabe ist dringlicher.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung