Müllvermeidung: Einmal spülen, bitte
Die Berliner Umweltverwaltung überwindet endlich ihre Alibi-Kampagne „Better World Cup“ und investiert in ein Mehrwegbecher-System.
U mweltschutz kann so leicht sein: Würden alle diejenigen unter uns, die zwischendurch mal das dringende Bedürfnis nach einem Kaffee im Gehen verspüren, sich einen formschönen und langlebigen Becher besorgen und denselben jeden Morgen frisch gespült im Fjällräven-Rucksack platzieren, dann könnten sie sich ganz einfach an einem von über tausend Standorten in der Stadt ihr Heißgetränk hineinfüllen lassen und dieses unterwegs genießen, um später zuhause den Becher zu reinigen und wieder in die Umhängetasche zu betten: Umweltschutz kann so schwer sein!
Es klingt trivial, aber die Sache mit der Nachhaltigkeit funktioniert einfach nicht, wenn man auf rationales Handeln von Individuen setzt. Die mögen das Richtige wollen, nur kommt immer irgendwas dazwischen oder die Zeit am Morgen ist eh schon knapp oder die Sauerei mit dem benutzten Becher zwischen den Papieren für die Uni kann ja auch keiner wirklich gebrauchen.
Genau deshalb hat die Mitte 2017 von der Senatsumweltverwaltung angestoßene Refill-Initiative „Better World Cup“ keinen messbaren Nutzen. Nicht einmal ihre Urheber trauen sich davon zu sprechen, dass die Kampagne das To-Go-Geschirr tatsächlich reduziert hat: Genau wie vor dem Start ist noch heute die Rede von 170 Millionen Bechern, die alljährlich in oder neben den Mülleimern landen.
Deshalb ist die zweite Stufe im Kampf gegen das Becherunwesen – das Pilotprojekt „Mehrwegpfandbecher“, das Senatorin Regine Günther (Grüne) gerade auf den Weg bringt – ein absolut überfälliger Schritt. Der am Montag präsentierte Konzessionär Recup bekommt nun 160.000 Euro Förderung über zwei Jahre, um sein noch recht überschaubares Mehrweg-System auszubauen, ganz gezielt entlang der U2 und der Stadtbahn zwischen Ost- und Westkreuz.
Ein neuer Anreiz für die Ausgabestellen, die bei dem System ja freiwillig mitmachen, ist die „Spüllogistik“, die Recup jetzt aufbauen soll. Dann könnte der Becher, den man mitsamt Cappuccino bei Coffeeshop A erworben hat, bei Brezelbude B abgegeben werden, von wo er mit dem Lastenrad eingesammelt, zentral gespült und wieder bei einer der teilnehmenden Filialen abgeliefert wird. Spart denen eine Menge Aufwand und senkt so die Hürde. Recup hat sich selbst zum Ziel gesetzt, über 300 Standorte entlang der beiden Linien zu gewinnen.
Funktionieren nicht ausgeschlossen
Ein „wichtiges Element auf dem Weg zur Zero-Waste-City“ sei das, sagte Regine Günther am Montag. Und, so sei ergänzt, im Gegensatz zu „Better World Cup“ auch eines, das ein ernstzunehmendes Potenzial zur Müllvermeidung in sich trägt. Ob das Mehrwegsystem nach den beiden Förderjahren zum Selbstläufer geworden ist und sich flächendeckend über die Innenstadt ausbreitet, weiß heute niemand. Aber es wäre eine klasse Sache, und gänzlich ausgeschlossen ist es auch nicht.
Käme es so, müsste Günthers grüner Parteifreund, der Abgeordnete Georg Kössler, nicht immer wieder den Ruf nach einer Steuer auf Einwegbecher erheben. Wobei sich das eigentlich gar nicht im Wege steht: Mit dem Geld, das der restliche Wegwerfwahn generierte, könnte das Mehrwegsystem unterstützt werden. Dann wären Umwelt- und Klimaschutz wirklich ein bisschen leichter geworden.
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