FES-Menschenrechtspreis: Moralische Identitätsstörung
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) verleiht ihren Menschenrechtspreis an eine weltweite Allianz gegen die Internierung von Migrant:innen und Geflüchteten.
A m Montag verleiht die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ihren Menschenrechtspreis an die International Detention Coalition, eine weltweite Allianz gegen die Internierung von Migrant:innen und Geflüchteten. Denn ob im Transit, bei Einreise, während eines Asylverfahrens, vor einer Abschiebung oder um eine freiwillige Ausreise zu erzwingen – Unerwünschte werden in mehr und mehr Ländern immer schneller und länger eingesperrt.
„Freiheitsentzug ist immer ein schwerer Eingriff in die Grundrechte und besonders belastend für Menschen mit Gewalterfahrungen“, schreibt die FES zur Preisverleihung. Die zunehmende Internierung mache Grenzen heute zu „Orten der Entwürdigung“. Der Titel der Festveranstaltung lautet „Kinder hinter Gittern“, es sprechen unter anderem SPD-Politikerinnen Saskia Esken und Reem Alabali Radovan.
All das wirkt, als leide die Partei unter moralischen Identitätsstörung. Esken war zu Ampel-Zeiten Parteivorsitzende, Alabali Radovan Migrationsbeauftragte. Die SPD stellte mit Nancy Faeser die Innenministerin. In dieser Zeit war Deutschland treibende Kraft beim Ausbau EU-Asylsystems GEAS, das die massenhafte Internierung Ankommender – auch von Kindern – in Lagern für „Schnellverfahren“ an den Außengrenzen vorsieht.
Gleichzeitig trieb Deutschland auf EU-Ebene den Aufbau sogenannter „Return Hubs“ in Drittstaaten voran. Dabei handelt es sich um Internierungslager, in die Menschen aus der EU gebracht werden, die man nicht in ihr Herkunftsland abschieben kann. Dort sollen sie auf unbegrenzte Zeit bleiben, bis sich irgendeine Lösung findet.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Heute hat sich Schwarz-Rot die „Migrationswende“ zum Ziel gesetzt, treibende Kraft ist nun CSU-Innenminister Alexander Dobrindt. Auf einem „Migrationsgipfel“ kündigte er jüngst an, die EU-rechtlichen Hürden für die „Return Hubs“ abräumen zu wollen. Gleichzeitig will er bisherige Zeitlimits für Abschiebehaft streichen. Für bestimmte Gruppen soll eine zeitlich unbegrenzte Abschiebehaft möglich sein. Wenn die Festreden der SPD wieder mit ihrer Politik übereinstimmen sollen, müsste sie Dobrindt stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert