Monitor zu Jugendarmut: Viele junge Menschen bleiben arm
Armut unter Jugendlichen ist in Deutschland weit verbreitet. Die Folgen: Schlechterer Zugang zu Bildung, bezahlbarem Wohnen und sozialer Teilhabe.
Deutschland gelte international als wohlhabende Industrienation, wobei die Wirklichkeit sich für einen großen Teil der Gesellschaft anders darstelle, so Ottersbach: Deutschland sei ein Armutsstandort. Konkret mache sich die Armut in den Perspektiven der armutsbetroffenen Jugendlichen sichtbar. Sie hätten schlechtere Bildungschancen, höhere gesundheitliche und psychische Risiken und weniger gesellschaftliche Teilhabe.
Darunter litten betroffeneJugendliche nicht nur akut, sondern es wirke sich auch auf die ganze Biografie aus. Entwicklungschancen, die anderen Jugendlichen offenstünden, könnten so nicht wahrgenommen werden, betonte Ottersbach. Entmutigung, Gefühle der Ausgeschlossenheit und Benachteiligung seien die Folge.
Mehr als jede*r Zweite sorge sich wegen zu teurem Wohnraum, so der Monitor Jugendarmut. Es fehle an Sozialwohnungen, die sich seit 2006 halbiert haben. Die Folge ist, dass armutsbetroffene Haushalte im Vergleich zu ihrem Einkommen viel mehr für die Miete ausgeben müssen als Haushalte mit hohem Einkommen. Auch beim Thema Wohnungslosigkeit sind junge Menschen besonders betroffen: 40 Prozent der Wohnungslosen in Deutschland sind unter 25 Jahre alt. Silke Starke-Uekermann, ebenfalls vom BAG KJS, sprach von einer „Jugend als nicht gelebte Lebensphase.“
Gefahr für die Demokratie
Im Bereich Mobilität bremse Armut regelrecht aus. Der Monitor zeigt, dass betroffene Jugendliche weniger Strecke am Tag zurücklegen: Die durchschnittliche Wegelänge sinkt von 15 auf 9 Kilometer. Mobilität und damit auch soziale Teilhabe, wie durch Freizeitmöglichkeiten, sei somit auch eine Frage des Geldbeutels, sagte Starke-Uekermann: „Das Deutschlandticket können Betroffene nicht mehr bezahlen.“ Auch der immer teurer werdende Führerschein sei für Haushalte mit begrenztem Budget kaum zu finanzieren.
Soziale Ungleichheit gefährde zudem die Demokratie. Jugendliche aus einkommensschwachen Verhältnissen blieben häufiger ohne Stimme und ohne politische Teilhabe, das Vertrauen in die Demokratie gehe dadurch verloren. Die Zustimmung zu Autoritarismus und Extremismus ist in der Gruppe der 15- bis 25-Jährigen mit geringer Bildung laut Monitor eher ausgeprägt.
Im Vergleich zu den letzten Monitoren bleibt die Jugendarmut auf einem konstant hohen Niveau. Das BAG KJS fordert eine stärkere gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf das Thema Jugendarmut zu legen und eine bundesweite Strategie zu deren Bekämpfung. Im Zentrum der Forderungen steht eine armutsfeste Kinder- und Jugendgrundsicherung.
Das Recht auf Wohnen solle ins Grundgesetz aufgenommen und der soziale Wohnungsbau ausgeweitet werden. Es solle ein bundesweites kostenfreies Jugendticket für den ÖPNV geben und Mobilitätsangebote in ländlichen Regionen, wie Jugendtaxis, sollen ausgebaut werden. „Wenn wir es nicht schaffen, jungen Menschen faire Chancen zu geben, verspielen wir unsere Zukunft“, sagte Ottersbach.
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