Molotowcocktails in der Ukraine: Gluckgluck. Klirr. Krawumm
Google hat veröffentlicht, wonach 2014 besonders häufig gesucht wurde. In der Ukraine waren das Bauanleitungen für Brandsätze.
Das Rezept ist denkbar einfach: eine Flasche mit einem Gemisch aus Heizöl (1/5) und Benzin (4/5), ein Lappen oder Handtuchstreifen, der als Lunte fungiert, und ein Faden, der mit der Lunte verbunden wird. Fertig ist der Molotowcocktail. Damit er sich voll entfalten kann, braucht es nur noch ein Feuerzeug und einen gezielten Wurf.
Als improvisiertes Kampfmittel erfreut er sich weltweit ungebrochener Beliebtheit. Doch wohl nirgendwo flogen im vergangenen Jahr so viele Molotowcocktails wie in der Ukraine. Folgerichtig gehört in der umkämpften Republik die Bauanleitung für den Brandsatz zu den beliebtesten Google-Suchbegriffen. So besagt es die veröffentlichte Jahresstatistik des Internet-Konzerns.
Vor allem im Januar und Februar brannten die Straßen in der Hauptstadt Kiew lichterloh. Auf dem wochenlang besetzt gehaltenen Maidan füllten alte Mütterchen und Väterchen Benzin in Flaschen, radikale Demonstranten in den ersten Reihen warfen sie in Richtung der Sicherheitskräfte. Ihr gemeinsames Ziel war es, den prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch zu stürzen.
Der Einsatz von Molotowcocktails im Kampf gegen Russland kann sich dabei auf ein historisches Vorbild stützen. In den Jahren 1939/40 wehrten sich die Finnen gegen die sowjetische Invasion ihres Landes mit dem Einsatz von Brandflaschen im großen Stil. In industrieller Produktion wurden von einer Staatsfirma 450.000 Molotowcocktails hergestellt, um die sowjetischen Panzer zu stoppen. Die Finnen gaben den Brandflaschen auch ihren Namen, in Anspielung auf den damaligen sowjetischen Regierungschef Wjatscheslaw Molotow.
Vor allem Anarchisten haben danach die Tradition des Werfens von Molotowcocktails übernommen. Doch ihr Monopol ist ihnen nun abhanden gekommen. Besonders fleißig bedienten sich in der Ukraine nämlich die Nationalisten vom „Rechten Sektor“ des Brandsatzes.
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