Mögliche neue Schul-Lockdowns: Lasst die Schulen in Ruhe!
Entwarnung vor Corona ist unangebracht – aber auch die Alarmstimmung mit Blick auf die Schulen. Die Situation ist anders als vor einem Jahr.
E s ist gut, dass die Bundesregierung im Kampf gegen Corona meist relativ vorsichtig war. Niemand kann bestreiten, dass Deutschland auch wegen der lange geltenden Maßnahmen und Regeln besser durch die Pandemie gekommen ist als andere Länder. Aber das bedeutet nicht, dass das „Team Vorsicht“ immer mit allen Warnungen Recht behalten hat und deshalb auch in Zukunft immer die Richtung bestimmen sollte.
Es gibt keinen Anlass zur Entwarnung, aber erst recht keinen Grund für die Alarmstimmung, die schon wieder in manchen Debatten mitschwingt. Das gilt insbesondere für die Diskussionen um das neue Schuljahr. Manche Mahnungen und Warnungen vor möglichen erneuten Schulschließungen klingen so, als befänden wir uns noch im Frühjahr 2020, völlig schutzlos auf dem Höhepunkt der ersten Welle. Dabei gibt es inzwischen längst die zwei wichtigsten Schutzvorkehrungen, die damals händeringend herbeigesehnt wurden: Tests und Impfungen.
Die SchülerInnen können jetzt zum Glück flächendeckend regelmäßig getestet und immerhin ab 12 Jahren auch geimpft werden, was trotz der Stiko-Nichtempfehlung auch zunehmend geschieht. So gut wie alle LehrerInnen haben längst ein Impfangebot erhalten. Nach wie vor gilt die Gefahr von schweren Coronaverläufen bei Kindern als gering.
Derzeit ist kein Szenario erkennbar, das einen weiteren Schul-Lockdown nötig machen müsste. Selbst wenn SchülerInnen wirklich trotz aller Tests und Abstandsregeln in den Schulen das Virus einfangen und an Erwachsene übertragen sollten: Die meisten Erwachsenen sind inzwischen einmal geimpft, und es dauert nicht mehr lange, dann können alle, die es wollen, doppelt geschützt sein.
Die von SchülerInnen möglicherweise noch ausgehenden Ansteckungen träfen also vor allem konsequente Impfverweigerer. Wegen ihnen aber die Schulen zu schließen, kann niemand ernsthaft fordern. Kinder und Eltern hatten vorerst wirklich genug Lockdowns wichtiger Lebenszeit. Lasst uns darüber also bitte erst wieder diskutieren, falls eine Variante anrollt, gegen die auch keine Impfung hilft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos