Mögliche Befragung von Edward Snowden: Putin will nicht im Weg stehen

Der Kreml hat nichts dagegen, wenn der Whistleblower deutschen Besuch erhält. Doch sollte man ihn nicht lieber in Deutschland befragen? Darüber streiten nun die Parteien.

Von „LifeNews“ über „Rossia 24 TV“ in die Öffentlichkeit gespielt: Edward Snowden erkundet Moskau per Ausflugsboot. Bild: ap

BERLIN/MOSKAU dpa | Einer Befragung des US-Informanten Edward Snowden durch deutsche Vertreter in Russland steht aus Sicht des Kreml nichts im Weg. „Er (Snowden) befindet sich auf russischem Territorium, hat vorläufiges Asyl erhalten und ist deshalb frei, sich mit irgendjemandem zu treffen. Wir können ihn daran nicht hindern“, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, der russischen Tageszeitung Kommersant.

Snowden halte sich an die Bedingung Putins, dass er von Russland aus nichts tun dürfe, um den USA zu schaden, sagte Peskow. Die Enthüllungen über US-Spähaktionen gegen deutsche Politiker stammten aus Dokumenten, die der 30-Jährige bereits vor seiner Ankunft in Moskau Ende Juni Journalisten zur Auswertung übergeben habe.

Snowdens Moskauer Anwalt Anatoli Kutscherena betonte erneut, sein Mandant könne nicht nach Deutschland reisen, ohne in Russland seinen Flüchtlingsstatus zu verlieren. „Wenn ihm dort Zuflucht gewährt würde, wäre dies eine andere Frage“, sagte Kutscherena.

Linke Parteien fordern freies Geleit

Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei fordern für den Informanten Asyl in Deutschland oder aber freies Geleit im Falle einer Aussage. Die amtierende Bundesregierung zeigt zwar Interesse an den Informationen des in Russland untergetauchten US-Bürgers – mit Blick auf komplizierte rechtliche Fragen zu einem Asyl Snowdens in Deutschland denkt sie jedoch eher an eine Vernehmung in Moskau.

Snowden könnte nach Ansicht des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele in Deutschland viele offene Fragen klären. „Er kann Zusammenhänge schildern, die wir nicht wissen oder nicht wissen können“, sagte Ströbele in den ARD-„Tagesthemen“. Der Bundestagsabgeordnete hatte Snowden am Donnerstag überraschend in Moskau getroffen. Dabei erklärte der von seinem Heimatland USA gesuchte Enthüller seine grundsätzliche Bereitschaft zur Aussage in Deutschland, die er allerdings an Sicherheitsgarantien knüpfte.

Snowden hatte vor Monaten offengelegt, dass auch Deutschland Ziel der Spähaktionen von britischen und US-Geheimdiensten ist. Die Bundesregierung teilte in der Vorwoche mit, sie habe Informationen erhalten, nach denen das Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel möglicherweise durch US-Dienste überwacht werde.

Einen dauerhaften Schutz für den Informanten in Deutschland fordert der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger. „Ich bin sehr dafür, dass Snowden bei uns Asyl bekommt und aussagen kann", sagte Riexinger der Mitteldeutschen Zeitung. „Wenn der politische Wille da wäre, wäre das auch kein Problem.“

Der CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer hält es für unwahrscheinlich, dass Snowden nach Deutschland kommen wird – da die USA einen Auslieferungsantrag gestellt haben. „Es gibt derzeit keinen Anlass, über einen Aufenthalt Snowdens hier in Deutschland zu entscheiden“, sagte Grosse-Brömer der Rhein-Neckar-Zeitung.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff hält eine Befragung Snowdens durch deutsche Vertreter nur in Russland für möglich. „Er war in Moskau für Herrn Ströbele zu sprechen. Dann muss er auch für die deutschen Justizorgane zu sprechen sein“, sagte Schockenhoff der Zeitung Die Welt.

Spionage-Einfallstor Handy

Nach einem Bericht der Rheinischen Post kommen die USA und Deutschland bei ihren Verhandlungen über ein Abkommen voran, das das gegenseitige Ausspionieren untersagen soll. „Bis Weihnachten soll das Anti-Spionage-Abkommen in seinen Grundzügen stehen“, zitiert die Zeitung Regierungskreise nach Konsultationen deutscher Spitzenbeamter in Washington. Die US-Seite habe eingesehen, nach den Irritationen über die Abhörpraktiken nun bald etwas „liefern“ zu müssen. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden, dementierte jedoch den Bericht am Freitagabend.

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen sieht ein Einfallstor für die Spionage im Gebrauch nicht abhörsicherer Handy durch Regierungsmitglieder. „Wir haben immer wieder auf die Risiken einer ungeschützten Telekommunikation hingewiesen“, sagte er dem Magazin Focus. Den Vorwurf, als verantwortlicher Geheimdienst bei der Spionageabwehr versagt zu haben, wies der Verfassungsschutz-Chef zurück. Kommende Woche wollen Maaßen und BND-Chef Gerhard Schindler die US-Hauptstadt besuchen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.