piwik no script img

Möbliertes WohnenMehr Wände, mehr Miete

Anbieter möblierter Wohnungen verändern Grundrisse ohne Genehmigung, aber die Bezirke sind machtlos. Der Senat plant eine Prüfstelle gegen Mietwucher.

10 Quadratmeter, 600 Euro, Zwangs-WG Foto: dpa

Berlin taz | Möbliertes Wohnen ist in Berlin der Trend schlechthin, wenn es darum geht, aus Wohnraum den Maximalprofit zu schlagen. 54 Prozent aller Angebote entfielen 2023 auf möbliertes, meist befristetes Wohnen. Oft werden nur einzelne Zimmer angeboten. Dabei gilt: Je mehr separate Zimmer, desto mehr Geld lässt sich herausschlagen. Was liegt also näher als Grundrissänderungen durch das Einziehen von Wänden?

Ein Hindernis dabei stellen die mehr als 70 Berliner Milieuschutzgebiete dar, in denen die Veränderung von Grundrissen genehmigungspflichtig ist. Nicht erforderliche Änderungen etwa der ursprünglichen Zimmeranzahl, sind nicht genehmigungsfähig, wie es in der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg vom Juni heißt.

Doch die Angebote für kleine, möblierte Zimmer in Wohnungen, die man sich mit vier oder auch sieben Mit­be­woh­ne­r:in­nen teilen muss, sprießen wie Pilze aus dem Boden. Anbieter wie Spoony und flat-mate – beide haben die selben EIgentümer – haben sich darauf spezialisiert. Sie inserieren auf Portalen wie HousingAnywhere oder – dort derzeit nur Wohnungen: Wunderflats. So berichteten Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg von drei Fällen von Grundrissänderungen durch diese Firmen, die zuvor nicht genehmigt wurden.

In einer aktuellen Anfrage wollte Gennburg wissen, inwiefern die Bezirke genehmigte wie untersagte Baumaßnahmen im Nachhinein überprüfen. Die Antworten sind ernüchternd: Alle Bezirke berichten, dass dies aufgrund von Personalmangel nicht systematisch erfolgt. Aus Charlottenburg-Wilmersdorf heißt es gar, 2005 sei die Bauabnahme „weitestgehend abgeschafft“ und der Personalbestand in der Bauaufsicht um „ca. die Hälfte reduziert“ wurde.

Wo bleiben die Strafen

In einem Fall in der Moabiter Turmstraße wurde die abgelehnte Aufteilung eines großen Zimmers in drei kleine durch eine Luxemburger Firma erst durch eine frühere Anfrage von Gennburg öffentlich. Inzwischen hätten zwei Anhörungen mit dem Eigentümer stattgefunden.

Gennburg kritisiert, dass unbeantwortet bleibe, „wie und wann man nun die angestrebte Rückbauanordnung durchzusetzen gedenkt“. Sie weist darauf hin, dass „Bußgelder bis zu 500.000 Euro“ in Betracht kommen. Dafür aber müssten die Bauaufsichtsbehörden entsprechend ausgestattet werden. „Der Senat muss die Bezirke in die Lage versetzen, solchen gemeinschädlichen Geschäftsmodellen den Garaus zu machen.“

Unterdessen plant Schwarz-Rot die Errichtung einer Prüfstelle, um Fällen von Mietwucher und der Nichteinhaltung der Mietpreisbremse nachzugehen. Ein Gesetzentwurf soll nach der Sommerpause ins Parlament eingebracht werden, die Stelle im November ihre Arbeit aufnehmen.

Ob sie vor allem aktiv werden soll, wenn Wohnungen mit einem Aufschlag von mehr als 15 Prozent wieder vermietet werden, oder auch das Geschäftsmodell möblierter Wohnungen in den Blick nehmen soll, ist unklar. Strafrechtlich verfolgter Mietwucher liegt vor, wenn Mieten die ortsübliche Vergleichsmiete um 50 Prozent überschreiten. Das ist bei möblierten Wohnungen üblich, auch nach Abzug eines „angemessenen“ Möblierungszuschlags.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Es würde ja ein bisschen Datenverarbeitung schon helfen: Da die Wohnungsteilstücke vermutlich teuer sind, werden einige Mieter Wohngeld, bzw Bürgergeld beziehen - und sei es als AufstockerInnen.



    Dafür müssen die Lage, Wohnqm und Preise angegeben werden. Ein Abgleich mit den Daten zum GEbäude und den "genehmigten" bzw legalen Wohnungen, Größen etc, sollte zumindest den Verdacht ermöglichen, dass da jemand etwas aufgeteilt hat, was nicht aufgeteilt werden darf.



    BTW: Die Überschrift des Artikels ist irreführend. Die Bezirke können durchaus etwas tun.



    Sie wollen nur nicht. Zuviel Arbeit.

    • @Monomi:

      Und wie würden Sie eine solche Datensammlung mit dem Datenschutz in Einklang bringen wollen? Aus den von Ihnen genannten Daten könnte man auch keine Grundrissänderung ableiten.

  • Das Verbot von Grundrissänderungen bezog sich bisher stets auf die Verhinderung von Luxussanierungen (ebenso wie das Verbot der Anbringung von Balkonen, Änderung der Bäder, Zusammenlegung von Wohnungen, u.s.w.). Wenn der vorhandene Wohnraum zukünftig von mehr Menschen genutzt wird, dann hat das mit dem Gesetzeszweck überhaupt nicht zu tun und kommt dem Senat doch entsprechend entgegen. Insoweit wäre einem enspechenden Antrag wohl immer stattzugeben.

  • Hier beißt sich die Katze ein wenig in den Schwanz.

    Da es Freizügigkeit in Deutschland gibt - die man übrigens auch einschränken könnte wie es das GG vorsieht - und Berlin attraktiv zu sein scheint, befinden sich offenkundig zu viele Menschen in Berlin als es der Wohnungsmarkt hergibt.

    Wenn der Flächenbedarf pro Person sinkt (was ja von den Grünen gefordert wird), müssen zwangsläufig, mehr Menschen in eine Wohnung.

    Frau Gennburg könnte also einmal bei ihrem Koalitionspartner der letzten RRG-Regierung nachfragen, ob zusätzliche Zimmer nicht sogar wünschenswert sind, um die Klimaschutzziele zu erfüllen und Menschen überhaupt ein Dach in Berlin zu geben?

    • @eicke81:

      ein sehr richtiger einwand, weise, maßvoll und vorausschauend.

      ich möchte Ihre gedanken aufgreifen und schlage vor, als erstes dort zusätzliche wände einzuziehen und zimmer zu vermieten, wo der pro-kopf-verbrauch und der ökologische fußadruck in berlin am größten ist – in den villen von grunewald oder den altbaupalästen charlottenburgs beispielsweise, dort wo sich der privat angeeignete mehrwert gesellschaftlicher arbeit konzentriert. das macht in punkto klimaschutz total sinn und versorgt menschen mit dem von Ihnen angemahnten dach überm kopf.

      da, wie sie richtig bemerkt haben, freizügigkeit in deutschland herrscht, könnten die davon betroffenen großgrundbesitzenden zwischenzeitlich auf ihre zweit-, dritt-, oder landwohnsitze ausweichen, solange die angekündigte wohnungsbauoffensive von cdu und spd noch ihrer umsetzung harrt. die müsste ja bald kommen.

      oder man gibt einfach die unzähligen fast durchgängig im jahr leerstehenden kapitalanlagewohnungen (z.B. entlang der spree an der mühlenstraße und der stralauer allee) zur aktiven "bewohnung" frei. auch dort gehören eigentlich, Ihrer schlauen rechnung nach, "zwangsläufig mehr menschen in eine wohnung" als bislang.

  • Wie will man sowas überhaupt kontrollieren? So ne trockenbauwand kann jeder einigermaßen handwerklich versierte vermieter selbst aufstellen. Woher will der Bezirk überhaupt wissen wie der ursprüngliche Grundriss aussieht (Veränderungen vor der ausrufung als millieuschutzgebiet waren nicht genehmigungspflichtig). Zählt eine Trockenbauwand überhaupt als Grundrissänderung? (Kein Eingriff in die Bausubstanz) Im Zweifelsfall mobile Trennwände. Da kann mir definitiv niemand was.



    Gesetz welches de fakto nicht durchgesetzt werden kann.

    • @silicananopartikel:

      Selbstverständlich kann man. Wenn man über die aufgeteilten Flächen getrennte Verträge abschließt, für die dann z. B. ja Müllgebühren und Wasser und Strom abgerechnet werden, Telefonanschlüsse gelegt werden.



      Da müssen nur vorhandene Daten zusammengeführt werden,um einen Anfangsverdacht zu setzen. Es ist ein Mangel an Willen, nicht an Möglichkeiten, der das Problem ist.

    • @silicananopartikel:

      jedem grundbuch sind pläne beigelegt, aus denen die ursprüngliche anzahl der zimmer einer wohnung hervorgeht.

      wenn durch eine trockenbauwand ein zusätzliches zimmer entsteht, dann ist das eine grundrissänderung.

      was Sie unter einer mobilen trennwand verstehen, müssten sie genauer erläutern. schwer vorstellbar, dass sich durch diese maßnahme ein zusätzliches vermietbares zimmer herstellen ließe. aber nicht auszuschließen in zweiten der rückkehr des monopolkapitalismus

      • @Pflasterstrand:

        Man kann ja aber auch einfach behaupten dass die trockenbauwand vor 20 Jahren gezogen wurde als es noch nicht genehmigungspflichtig war.



        Bezüglich mobiler Raumtrenner einfach mal in ein moderneres konferenzgebäude schauen da lassen sich wandelemente in schienen einhängen und so beliebig Räume abtrennen.

    • @silicananopartikel:

      Es gibt schließlich DAten über das GEbäude. Zum Brandschutz. Frühere Mieter, die Wohngeld bezogen haben, mussten Angaben zur Größe und Lage machen. Jetzige Mieter ebenso. Unterschiede ließen sich ermitteln.



      Aber die Datenverarbeitung müsste man halt machen....



      Und komme mir niemand mit Datenschutz. Es geht um Angaben zu GEbäuden.