Moderatorin Samira Ahmed siegt gegen BBC: Schluss mit den Ausreden

Eine britische TV-Moderatorin hat einen Prozess gegen die BBC um gleiche Bezahlung für Männer und Frauen gewonnen. Was passiert in Deutschland?

Eine Frau hat sich bei ihren Mitstreitern und Mitstreiterinnen untergehakt

Samira Ahmed (Bildmitte) vor Beginn der Verhandlung im November in London Foto: Vickie Flores/imago

„Great things happen when we work together“, lautet einer der core values, also der Leitsätze, der britischen BBC. Leider handelt es sich dabei um einen genauso frommen Wunsch wie bei so manchem Senderslogan hierzulande. Und während sich bei uns die Aufregung über in­stru­men­talisierten Chorgesang beim Westdeutschen Rundfunk allmählich wieder gelegt hat, geht es bei der BBC gerade erst richtig los.

Samira Ahmed hat nämlich ihr Verfahren wegen ungleicher Bezahlung im Sender gewonnen. Sie moderiert dort das wöchentliche Magazin „Newswatch“, bei dem sich Zuschauer*innen mit ihren Anliegen und Beschwerden im Zusammenhang mit BBC-Nachrichten und Informationsprogrammen melden können; darüber wird dann dort mit den Senderverantwortlichen verhandelt. Ja, im Fernsehen, beim Nachrichtenkanal BBC News. (Da wir im deutschen Fernsehen ja keinen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal haben, gibt es so etwas bei uns leider nicht.)

Bei der BBC läuft auch das Format „Points of View“, bei dem – ähm – die Zu­schaue­r*in­nen ihre generellen Meinungen über die BBC und ihre Programme äußern können, was der Sender dann sportlich-humorvoll aufgreift. Das Ganze begann mit Zu­schaue­r*in­nen-Zuschriften, existiert seit fast – festhalten – 60 Jahren und läuft im ­Hauptprogramm BBC One (da wir im deutschen Fernsehen – ach nee, die Ausrede geht nicht).

400 statt 3.000 Pfund pro Sendung

„Points of View“ wurde bis neulich von Jeremy Vine moderiert, womit wir beim Kern des Problems wären: Denn obwohl die beiden Formate „Newswatch“ und „Points of View“ ziemlich vergleichbar sind, bekam Samira ­Ahmed pro Folge ein Honorar in Höhe von 400 Pfund, während ­Jeremy Vine mit 3.000 Pfu­nd pro Sendung nach Hause gehen durfte.

Weshalb Ahmed die BBC im vergangenen Herbst verklagte. Jetzt hat ihr das zuständige Employment Tribunal vollumfänglich recht gegeben. Die BBC muss fast 700.000 Pfund nachzahlen, weil Ahmed auch bei den von ihr moderierten Radiosendungen 30 bis 50 Prozent weniger verdiente, als ihre männlichen Kollegen für vergleichbare Arbeit erhielten.

Unstrittig ist, dass sich der Sender in Ahmeds Verfahren strategisch ungefähr so geschickt verhalten hat wie der WDR in Sachen „Omagate“: Da wurde mit der größeren Popularität Vines argumentiert, damit, dass er sich für die Sendung umziehe und manchmal verkleide und dass so was nun leider mal mehr koste.

Ist nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz aber schnurz, sagen die Richter am Employment Tribunal. Denn es geht um die Gleichwertigkeit der Arbeit, nicht um Kostüm oder Bekanntheitsgrad des TV-Gesichts. Wehe, wenn das am Ende auch hierzulande Schule macht …

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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