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Mobilfunkausbau in Deutschland5G nun doch für jede Milchkanne

Die Bundesnetzagentur schiebt den Ausbau eines schnelleren Netzes an, damit Nutzer*innen besser surfen können. Doch Zweifel bleiben.

Bald an jedem Mast: Der Mobilfunkstandard 5G Foto: dpa

BERLIN taz | Surfen mit Smartphones und mobilen Routern soll schon bald rasend schnell werden. Die Bundesnetzagentur hat für den Ausbau des Mobilfunknetzes der fünften Generation (5G) am Montag die Grundlage gelegt und die Vergabe der nötigen Funkfrequenzen angeschoben. Einen „schnellen und bedarfsgerechten Ausbau der Mobilfunknetze“ versprach Jochen Homann, Chef der Bundesbehörde.

Kritikern*innen warnen vor zu viel Euphorie. Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, beklagt, dass die Netzanbieter nicht zur Zusammenarbeit gezwungen sind, um beispielsweise Funklöcher zu stopfen. Das wäre aber nötig gewesen, um mit vertretbarem Aufwand selbst entlegenste Winkel der Republik zu erreichen. „Die weißen Flecken bei der Mobilfunkversorgung werden bleiben“, fürchtet Müller. Er bedauere es, dass die Regierung nicht für mehr Wettbewerb und echte Kundenfreundlichkeit gesorgt habe.

Der neue Datenfunk soll nicht nur schneller, sondern auch besser verfügbar sein. Denn Politik und Verbraucher*innen sind von der Leistung der Anbieter beim Ausbau der bisherigen Handy-Technik enttäuscht. Eigentlich hätte schon die aktuell verfügbare vierte Generation des Mobilfunks viel schneller sein sollen als das, was die meisten Kund*innen heute erleben. Doch Telekom, Vodafone und Telefónica in Deutschland hängen weit hinterher.

Eigenes 5G-Netz

Jetzt hat die Netzagentur vorgegeben, in vier Jahren mindestens 98 Prozent der Haushalte Daten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 100 Megabit pro Sekunde zu versorgen. Damit würde mobiles Internet vielerorts schneller als stationäres Internet. Heute muss ein Festnetznutzer von der Telekom den „L“-Tarif buchen, um so einen hohen Durchsatz an Bytes zu erhalten. Viele Kunden zu Hause können von solchen Raten nur träumen: Der Durchschnitt liegt bei gut 30 Megabit pro Sekunde. In der schönen neuen 5G-Welt müsste sich dann Netflix problemlos in maximaler Auflösung über einen Mobilfunk-Router streamen lassen, und zwar mehrere Filme gleichzeitig.

Die weißen Flecken bei der Mobilfunkversorgung werden bleiben

Klaus Müller, Vzbv

Die Politik zeigt sich fest entschlossen, den Ausbau des mobilen Breitbands diesmal tatsächlich durchzusetzen. „Auch die Milchkanne bekommt 5G-Mobilfunk durch lokale Frequenzen“, verspricht der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek in einem Twittervideo. Die Flächenversorgung werde besser als je zuvor. Zudem gebe es künftig für Firmen, Unis, Krankenhäuser und so weiter die Möglichkeit, ihr eigenes 5G-Netz einzurichten. „Wir müssen nicht mehr darauf warten, dass einer der Anbieter es macht.“

Doch schnelles Surfen ist nur oberflächlich der wichtigste Aspekt an 5G. Die hohen Übertragungsraten ermöglichen nicht nur eine Beschleunigung des Bekannten, sondern sie bieten eine neue Qualität der Datennutzung. Das Auto der Zukunft könnte damit laufend detaillierten Informationen mit Netzrechnern und mit anderen Autos teilen. Damit wüsste zum Beispiel ein Fahrzeug weiter hinten der Schlange sofort, wenn weiter vorne eines bremsen muss.

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5 Kommentare

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  • Schliesse mich den meisten Kommentaren hier an. Oder wie Herr Lindner es einmal gesagt hatte:

    "Denken second".

  • Angesichts der teilweise wirklich untragbaren Versorgungssituationvor allem aber der hochgradig emotional geführten Diskussion sollten wir uns auf Ursprünge und offizielle Gründe der Privatisierung besinnen: Die Begründung der Privatisierung lautete, dass nur durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb das optimale Angebot für Kunden, was Leistung und Preis angeht, resultiert.

    Es ist ja nicht gerade so, dass die Big Player im deutschen Telekommunikationsmarkt arme Hungerleider sind, im Gegenteil, sie machen Milliardengewinne und wachsen.

    Warum also soll jetzt plötzlich wieder der Steuerzahler einspringen und die Versäumnisse der Telekommunikationskonzerne mit Milliarden aus öffentlichen Kassen subventionieren?

    Inzwischen werden bei uns selbst Behörden und Schulen wie gewinnorientierte Wirtschaftsbetriebe geführt, warum also traut man das den Abkömmlingen der alten Staats-Telekom nicht mehr zu?

    Beim ganzen Geschrei, bzw. der Unsachlichkeit der Diskussion, sollte natürlich auch berücksichtigt werden, dass die bisherige Netzgeschwindigkeit dem betrieblichen Kommunikations- und Datenaufkommen selbst großer vernetzter Konzerne voll angemessen ist, dagegen beim streamingbedingten Datenleitungshunger privater Internetnutzer, die ihre Nonsense-Nachrichten nicht mehr tippen, sondern als Filmchen mit mindestens 4K Auflösung ins Netz schicken und nicht mehr auf die hochsubventionierten Breitbandleitungen nutzen, sondern lieber die günstigen LTE-Angebote, noch viel Platz nach oben ist.

    Wer mit Telekommunikation Geld verdienen will, soll dazu gefälligst auch adäquat investieren. Wenn jedoch der Staat Telekommunikation für ein wichtiges Allgemeingut hält, und bereit ist, dafür Milliarden aus Steuergeldern in die Hand zu nehmen, dann sollte er die ganze Angelegenheit auch unter seiner Kontrolle behalten.

    Der Skandal liegt darin, dass es trotz hoher bisheriger Subventionen vielerorts noch nicht einmal ein stabiles G3-Netz gibt und nicht im fehlenden G5-Netz.

  • So was von schlecht recherchiert. 1. Es wären 800 000 Mobilfunkantennen nötig, um bundesweit G5 zu bieten - 150 Mrd € schwer. 2. Die Mehrzahl der Mobilfunknutzer wird weiterhin mit dem alten Standard leben müssen - vor allem, da der Ausbau von G5 Jahrzehnte dauern dürfte. 3. Die Mobilfunkfirmen investieren nur, wo ihnen Profit winkt - das ist heute schon so. Schnelles Mobil-Internet im Schwarzwald - Pustekuchen! 4. Der Staat, das heißt wir alle, sollen den G 5 Ausbau dort finanzieren, wo es wirtschaftlich nicht geht, wetten Dass? Daher die PR-Strategie, den Leuten vorzugaukeln, sie würden alle von G5 profitieren. 5. Die Strahlungsproblematik und die Gesundheitsfolgen werden verdrängt. Zigtausende Mobilantennen im nahen Wohnumfeld - viel Vergnügen!

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Ja, und in Zeiten der Dieselkrise hat ja kaum mehr echtes Mitleid mit den Autofahrern mehr.



    Aber ich sage Ihnen:



    Wenn heutzutage der Autofahrer in seinem PKW keinen schnellen Internetzugang hat, dann ist aber die Servicewüste Deutschland am Dampfen. Wenn ich 180 km/h fahre möchte ich wenigstens 100 MB/s haben. Sonst kann ich mir das Autofahren gleich ganz sparen und kann zu Hause bleiben. Oder, so ist es doch?

  • "mindestens 98 Prozent der Haushalte"



    Im Haushalt haben viele heute noch einen Festnetzanschluss. Wichtiger ware eine halbwegs akzeptable mobile Verbindung an Stellen außerhalb des Haushalts, z.B. beim Telephonieren entlang von Bahnlinien.