Kommentar Ausbau des 5G-Netzes: Letzter Weg aus dem Funkloch
Für ein flächendeckendes Angebot: Vor der Versteigerung der 5G-Mobilfunkfrequenzen muss die Netzagentur die Anbieter in die Pflicht nehmen.
O nline gehen und telefonieren, beides ist in Deutschland eine echte Herausforderung. Ob in Berlin-Mitte, in Brandenburg oder an der Ostsee. Damit ist die Mobilfunklage in der Bundesrepublik schlechter als im Urwald Kameruns oder im Surferparadis an der Algarve. Weltspitze sieht anders aus.
Dabei will die Bundesregierung genau dahin. Der Mobilfunkausbau – also die Versorgung mit schnellem Internet per 5G – hat oberste Priorität. Bald werden die Mobilfunkfrequenzen versteigert. Das ist die Chance für die Bundesnetzagentur, die Mobilfunkanbieter endlich in die Pflicht zu nehmen, flächendeckend ihre Dienste anzubieten. Und nicht nur an Standorten, die für sie am lukrativsten sind: in den Großstädten oder dort, wo Firmen viel Geld in die kommunalen Kassen spülen.
Die Auflagen der Netzagentur aber sind nicht hoch. So werden trotzdem an vielen Stellen Mobilfunkmasten fehlen, die vom Bund finanziert werden müssten. Doch ohne die technische Ausrüstung schließt sich auch keine Lücke beim Netzausbau. Der Ärger darüber ist so groß, dass führende Unionspolitiker sich hinreißen lassen, gegen Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aufzumucken. Ihr Brandbrief ist ein sicheres Zeichen für den Ernst der Lage.
Wer auf dem Land lebt, bleibt genauso im Funkloch wie der, der sich die Wohnung nicht in der gut ausgebauten Netzregion leisten kann. Echte gesellschaftliche Teilhabe sieht anders aus. Daran sind die Kritiker aus der Union vermutlich nicht in erster Linie interessiert, dafür umso mehr am Wirtschaftsstandort Deutschland, der bei der Digitalisierung einiges nachzuholen hat.
Der Bundesnetzagentur bleibt noch wenig Zeit, um die Auflagen zu verschärfen und so das anspruchsvolle Ziel der Bundesregierung auch nur annähernd zu erfüllen. Selbst eine Verschiebung der Versteigerung wäre nicht verkehrt. Die Republik hat lange genug gewartet. Auf ein bisschen Zeit mehr kommt es nicht an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“