Missstände aus Biohühnerställen: Schlimme Bilder wohl okay

Bioei-Hersteller Fürstenhof will verhindern, dass Aufnahmen aus seinen Ställen gezeigt werden. Nun hat sich der Bundesgerichtshof damit befasst.

Hühner vom Bio Fürstenhof in Mecklenburg-Vorpommern

Die Hühner vom Erzeuger Fürstenhof – nicht so glücklich wie in der Werbung Foto: imago/Bildwerk

KARLSRUHE taz | Auch legale Missstände aus Biohühnerställen dürfen wohl im Fernsehen gezeigt werden. Ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zeichnete sich nach der mündlichen Verhandlung im Fall „Fürstenhof“ gegen Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) ab.

Gestritten wurde über die MDR-Reportage „Wie billig kann bio sein?“, die am 4. September 2012 in der Sendung „ARD exclusiv“ ausgestrahlt wurde. In der halbstündigen Reportage wurde über die Produktionsbedingungen von günstiger Bioware aus dem Supermarkt informiert. Angeprangert wurde zum Beispiel, dass Biokartoffeln aus Ägypten eingeflogen werden. Zu sehen gab es zudem erschütternde Bilder aus Schweine- und Hühnerställen.

Auch die ostdeutsche Erzeugergemeinschaft Fürstenhof, die rund 10 Prozent aller deutschen Bioeier produziert, wurde für die Zustände in ihren Ställen kritisiert. Gezeigt wurden Massen von Tieren in be­mitleidenswertem Zustand, dicht beisammen, viele haben weitgehend die Federn verloren, einige Tiere waren schon tot.

„Der Verbraucher finanziert mit dem Kauf dieser Produkte tierquälerische Haltung – und das ist mit Sicherheit nicht das, was er eigentlich will“, kommentierte in der Reportage der Aktivist Jan Foß, der auch die heimlichen Stallaufnahmen gemacht hatte.

Authentische und nicht manipulierte Bilder

Nach der Ausstrahlung klagte Fürstenhof gegen den MDR auf Unterlassung. Die Aufnahmen aus den Ställen sollen nicht erneut gesendet werden. Das Biounternehmen hatte beim Landgericht Hamburg zunächst ebenso Erfolg wie beim dortigen Oberlandesgericht, denn die heimlichen Aufnahmen beruhten auf einem Hausfriedensbruch, also auf einer Straftat. Die Ausstrahlung sei auch nicht gerechtfertigt, so die Hamburger Richter, da nur legale Zustände gezeigt wurden, jedenfalls keine groben Missstände.

ARD-Anwalt Peter Baukelmann

„Die Frage, wie Bio­produkte hergestellt werden, geht jeden Verbraucher an“

MDR-Anwalt Peter Baukelmann betonte, dass der Sender nicht selbst Hausfriedensbruch begangen habe, sondern nur entsprechendes Filmmaterial angekauft hatte. Er erinnerte daran, dass bei entsprechendem öffentlichem Interesse im Fernsehen auch illegal beschafftes Material gezeigt werden darf. „Die Frage, wie Bioprodukte hergestellt werden, geht jeden Verbraucher an“, so Baukelmann. Die Aufnahmen seien authentisch und nicht manipuliert. „Auch über legale Zustände darf berichtet werden, wenn sie reformbedürftig sind.“

Christian Rohnke, der Anwalt von Fürstenhof, sah das anders: „Es gab keinen Gesetzesverstoß, kein moralisch vorwerfbares Verhalten.“ Natürlich könne man die Anforderungen des Gesetzgebers kritisieren. Aber das öffentliche Interesse daran sei lange nicht so groß wie bei Fragen, die bisher völlig ungeregelt waren und auf die der Gesetzgeber durch die Medien erst einmal aufmerksam gemacht werden muss. Rohnke kritisierte, dass gerade Fürstenhof an den Pranger gestellt wurde, um die Gesetzeslage zu kritisieren. „Man hätte ja auch die Bilder nutzen können, ohne den Namen des Unternehmens zu nennen.“

Der Vorsitzende Richter Gregor Galke deutete an, dass die Revision des MDR Erfolg haben dürfte. Die Einschätzung der Hamburger Gerichte von der Pressefreiheit „könnte zu eng sein“, sagte er zu Beginn der Verhandlung. Die Stallbilder könnten ein Kontrast zur Werbung des Unternehmens sein, bei der „glückliche, freilaufende und gut befiederte Hühner“ gezeigt werden. Das Urteil wird am 10. April verkündet.

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