Missouri klagt wegen Corona: Muss China vor Gericht?

Der US-Bundesstaat Missouri hat wegen der Corona-Pandemie Klage gegen China eingereicht. Die Aussicht auf Erfolg ist jedoch minimal.

Bild des Coronavirus aus einem Elektronenmikroskop.

Kann man eine Schuld zuweisen? Das Coronavirus in einer Mikroskopaufnahme Foto: U.S. National Institutes of Health/ap

BERLIN taz | In den USA gibt es erste Bestrebungen, wegen der Coronapandemie juristisch gegen China vorzugehen. Am Dienstag reichte der republikanische Justizminister des US-Bundesstaats Missouri Klage gegen China ein mit Entschädigungsforderungen für die Folgen der Pandemie.

Peking habe „die Welt bezüglich der Gefahren des Coronavirus belogen, Whistleblower zum Schweigen gebracht und wenig getan, um die Ausbreitung zu verhindern“, heißt es. China sei verantwortlich, „eine globale Pandemie verursacht zu haben, die unnötig und vermeidbar war“.

Meldepflichten ohne Sanktionsregeln

Zu einem Verfahren vor dem Gericht in Missouri dürfte es aber kaum kommen, und selbst wenn das Gericht die Klage annehmen und ein Urteil fällen würde, hätte dies keine rechtlichen Folgen. Denn Klagen einer föderalen Teilregion (z. B. auch eines deutschen Bundeslandes) gegen einen souveränen Staat sind nicht möglich. Klageberechtigt gegen China wären nur die USA. Und das allein vor dem für zwischenstaatliche Streitigkeiten zuständigen Internationalen UN-Gerichtshof (IGH) in Den Haag.

22 republikanische Senator*innen riefen US-Präsident Donald Trump deshalb auf, China vor dem IGH zu verklagen wegen Verstoßes gegen die „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ (IGV). Die im Jahr 2005 von den 194 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vereinbarten IGV enthalten detaillierte Melde- und Sorgfaltspflichten im Fall von ungewöhnlichen Krankheitsfällen. Die Vereinbarungen sind völkerrechtlich verbindlich, es fehlen aber Haftungs-, Entschädigungs- oder Sanktionsregeln.

China und USA erkennen IGH-Urteile nicht grundsätzlich an

Diese Lücke könnte der IGH durch ein entsprechendes Urteil füllen. Dabei könnte er sich auf Artikel 31 des Entwurfs der Völkerrechtskommission für eine Konvention zur „Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidriges Handeln“ stützen.

Dieser liegt der UN-Generalversammlung bereits seit 2001 zur Beratung vor. Die Völkerrechtskommission wurde 1947 von der Generalversammlung eingesetzt zur Weiterentwicklung des Völkerrechts. Ihr gehören 34 unabhängige Jurist*innen aus allen weltweit existierenden Rechtssystemen an.

Doch selbst wenn der IGH ein Urteil fällen würde, hätte das kaum praktische Konsequenzen. Denn eine „allgemeine Unterwerfungserklärung“ gegenüber dem IGH zur grundsätzlichen und ausnahmslosen Anerkennung seiner Urteile hat China nicht abgegeben – ebenso wenig wie die USA: Ein Urteil mit Entschädigungsforderungen, das der IGH 1986 fällte wegen der völkerrechtswidrigen Unterstützung von Rebellen gegen die Regierung Nicaraguas und der Verminung der Häfen, hat Washington bis heute nicht anerkannt.

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