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Ministerpräsidentenkonferenz in HannoverStrompreisbremse ab 1. Januar

Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder fordern von der Bundesregierung mehr Entlastungstempo. Kritik üben sie am Zeitplan der Gaspreisbremse.

Mahnen die Bundesregierung zu mehr Tempo: die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst und Stephan Weil Foto: Michael Matthey/dpa

Berlin taz | Mit einem Appell an die Ampelkoalition, schnell für Entlastungen der Bür­ge­r:in­nen zu sorgen, endete am Freitag die Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder in Hannover. „Wir brauchen zügige Entscheidungen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Anschluss an die zweitägigen Beratungen.

„In allen sechszehn Ländern haben wir erhebliche Sorgen“, sagte Weil, der in diesem Monat turnusgemäß den Vorsitz der Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen­kon­fe­renz (MPK) übernommen hat. Das beträfe die sozialen Auswirkungen und die wirtschaftlichen Konsequenzen der Energiepreiskreise, aber auch das gesellschaftliche Klima. „Es braucht Tempo, es braucht Klarheit, wie es weitergeht“, forderte sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Hendrik Wüst (CDU).

Auf ihrer gemeinsamen Abschlusspressekonferenz plädierten die beiden insbesondere für ein Vorziehen der Gaspreisbremse. Die Län­der­che­f:in­nen würden unisono der Bundesregierung „dringend abraten“, an dem von der Gaspreiskommission vorgeschlagenen Zeitplan festzuhalten, sagte Weil.

Nach den Kommissionsvorschlag soll der Staat im Dezember eine Abschlagszahlung der Gasrechnung übernehmen, ab März soll es dann eine Deckelung des Gaspreises für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Verbrauchs geben. Angesichts der Belastungen für die Bür­ge­r:in­nen dürfte ein solches Vorgehen „außerordentlich schwer zu kommunizieren“ sein, mahnte Weil. Ein Hin- und Her aus Be- und Entlastungen sei nicht vertretbar und den Menschen auch nicht zu vermitteln.

Auch MPK-Vizechef Wüst sprach sich entschieden dafür aus, die Gaspreisbremse fürher in Kraft treten zu lassen. „Sie muss früher kommen“, sagte er. „Eine Wirksamkeit ab 1. Januar wäre deutlich besser als eine Wirksamkeit ab März.“ Wenn ein Inkrafttreten der Gaspreisbremse vor Anfang März nicht möglich sei, sollte diese zumindest rückwirkend ab Jahresanfang 2023 greifen.

Strompreisbremse zum Jahreswechsel

In einem Beschluss forderten die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen darüber hinaus, dass es auch für diejenigen, die mit Öl oder Holzpellets heizten, eine gleichwertige und pauschalierte finanzielle Unterstützung geben müsse. Auch müsse der vorgeschlagene „Hilfsfonds für soziale Dienstleister“ – insbesondere für Krankenhäuser – schnellstmöglich umgesetzt werden. Zudem müsse bei der gesetzgeberischen Umsetzung insbesondere die Regeln für Mie­te­r:in­nen sowie private Ver­mie­te­r:inn­nen praktikabler ausgestaltet werden.

In einer Protokollerklärung forderte das rot-rot-grün regierte Thüringen, dass eine absolute Obergrenze und ein haushaltsbezogenes Mindestkontingent festgelegt werden sollten, bis zu denen die Rabatte auf die Abschlagszahlung höchstens wirken. Dabei sei zu gewährleisten, dass bei großen Wohnkomplexen mit zahlreichen Wohnungen die Obergrenze eine ausreichende günstige Energieversorgung sicherstellt.

Zufrieden zeigten sich die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen über eine Neuigkeit, die ihnen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mitgebracht hatten, die am Freitagvormittag an der Konferenz teilnahmen: Laut Weil soll am 1. Januar die angekündigte Strompreisbremse in Kraft treten. Die Entlastung für die privaten Haushalte und die Unternehmen solle etwa in dem Umfang ausfallen, wie dies beim Gas vorgesehen ist. „Das begrüßen wir sehr“, sagte Weil.

Laut einem Konzeptpapier der Bundesregierung soll die Strompreisbremse ähnlich wie beim Gas umgesetzt werden. Zur Gegenfinanzierung der Strompreisbremse sollen dabei Zufallsgewinne der Stromversorger abgeschöpft werden. Auch hier gab es noch ein interessantes neues Detail: Da das ein nicht so schnell begehbarer Weg wäre, die Bür­ge­r:in­nen aber nicht so lange warten könnten, sei „eine Zwischenfinanzierung durch den Bundesfinanzminister in Aussicht gestellt worden“, führte Weil weiter aus.

Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen tauschten sich zudem zu einer Reihe noch weiterer offener Fragen mit dem Bund aus, etwa zur Finanzierung der Unterbringung von Geflüchteten oder des öffentlichen Nahverkehrs und der Nachfolge für das 9-Euro-Ticket. Konkrete Vereinbarungen gab es jedoch keine. Die soll es aber nach dem Willen der Länder bei den nächsten Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 2. November geben. „Wir haben einen Entscheidungsstau derzeit, diesen Stau wollen wir auflösen“, so Weil.

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