Militär in den Sahelstaaten: Afghanistans Schatten
Die Armeen der Sahelstaaten sind von ausländischer Militärhilfe abhängig. Nun fragen sich viele: Kann das gutgehen?
Malis Putschisten von 2020 und 2021 gingen just aus den Reihen der Spezialkräfte hervor, die vorrangiges Objekt von US-Training sind. Spezialkräfte stehen im Mittelpunkt der internationalen Militärstrategie gegen islamistische Terrorgruppen in Mali, Niger und Burkina Faso. Den regulären Armeen dieser Länder bringen die ausländischen Partner weniger Vertrauen entgegen.
Vor diesem Hintergrund hat der plötzliche Zusammenbruch der US-gestützten Regierung Afghanistans, deren Armee sich gegenüber den Taliban als kampfunfähig erwies, auch in Mali Debatten ausgelöst. Tiébilé Dramé, ehemaliger Außenminister und bei Malis letzten Wahlen 2018 Wahlkampfleiter des mittlerweile verstorbenen Oppositionsführers Soumaila Cissé, äußerte sich gleich am Sonntag auf Twitter: „Der Ausgang des Krieges in Afghanistan sollte in Mali und im Sahel zu denken geben. Vor allem jenen, die seit Jahren dieselben Forderungen erheben wie die Terroristenführer. Konzentrieren wir uns auf den Aufbau eines lebensfähigen Staates. Einheit oder Untergang!“
„Aufbau eines lebensfähigen Staates“ steht in Malis politischer Debatte für Skepsis gegenüber zu großer Abhängigkeit von ausländischer Militärhilfe. Afghanistan führt vor, was geschehen kann, wenn diese Hilfe plötzlich entzogen wird, bevor die eigenen Streitkräfte gut aufgestellt sind. Da Frankreich seine 5.300 Mann starke Sahel-Antiterroroperation „Barkhane“ reduzieren will und noch dieses Jahr wichtige Basen in Mali schließt, ist mehr militärische Eigenständigkeit für Mali zentral.
Genauso wichtig ist bessere Zusammenarbeit zwischen Mali, Niger und Burkina Faso. Das Dreiländereck zwischen ihnen ist eine Hochburg der islamistischen Untergrundkämpfer. Sie nutzen auch den Nationalpark Ansongo-Menaka in Mali an Nigers Grenze als Rückzugsgebiet. Zuletzt starben am Montag 37 Zivilisten außerhalb des Dorfes Darey-Daye im Kreis Banibangou in Niger. In der aktuellen Regenzeit sind dort ganze Bauernfamilien zur Aussaat auf ihren Feldern – ohne Schutz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil