Mikrokedite in Peru: Stauraum für neue Perspektiven
Kleinkredite sind in Peru nicht ohne Weiteres zu bekommen. Eine Ausnahme bildet die Stadtsparkasse Arequipa, die kleine Selbstständige finanziert.
AREQUIPA taz | Mit einem hellen Surren dringt die Schraube in das Bohrloch der Sperrholzplatte ein. José Carlos Varagán setzt gleich die nächste Schraube an und sein Sohn Carlos Andrés macht gegenüber das Gleiche. In der kleinen Werkstatt in der Calle Costa Rica von Arequipa werden Möbel produziert.
Regalwände aus mit Kunststoff ummantelten Sperrholz werden hier genauso wie Vitrinen für das peruanische Wohnzimmer in und um Arequipa hergestellt. „Rund siebzig Regale, mit Glaseinsätzen und ohne, produzieren wir im Monat“ erklärt Julia Silva Andía. Sie ist die treibende Kraft hinter dem Familienunternehmen und hat 2002 angefangen die ersten Möbel mit ihrem Mann zu bauen.
„Damals haben wir den ersten Kredit bei der Stadtsparkasse beantragt“, erklärt sie. Sie ist zufrieden mit der Zusammenarbeit mit den Finanzberatern der Bank, die es ihr ermöglicht haben den Familienbetrieb aufzubauen. Zweittausend Dollar hat sie 2002 aufgenommen, um die Produktion starten zu können.
Der derzeit laufende Kredit ist mit 35.000 US-Dollar bereits deutlich höher und Julia Silva ist eine gern gesehene Kundin, die problemlos auch zusätzlich eine Zwischenfinanzierung erhält, wenn größere Materialmengen einmal umgehend gezahlt werden müssen, so Patricia Torres Ita von der Sparkasse.
Die Produktion stetig ausgebaut
Torres ist für das Mikrokreditgeschäft der Bank verantwortlich und hat die Sparkasse zur Nummer zwei bei der Mikrokreditvergabe in Peru gemacht. Nur der Marktführer „Mi Banco“ liegt noch vor der Sparkasse, die kleinen Selbständigen wie Julia Silva unter die Arme greift. Die hat in den letzten zehn Jahren die Produktion stetig ausgebaut.
Noch erfolgreicher als die agile Frau ist Mauro Puma Torres, der den Aufstieg vom Schuhmacher zum Schuhfabrikanten geschafft hat und nun eine Fabrik bauen will, um die fünf Produktionsstätten zusammenzufassen. Die Finanzierung übernimmt die Sparkasse, die den Unternehmer seit 1992 begleitet.
Zwei erfolgreiche Beispiele unter rund 200.000 laufenden Kleinkrediten, die an Klein- und Kleinstunternehmer vergeben wurden. Dabei hat die Sparkasse vorwiegend positive Erfahrungen gemacht, wie die Ausfallquote von gerade fünf Prozent verdeutlicht, so Frau Torres Ita.
Das Geldhaus kalkuliert mit Zinssätzen zwischen zwanzig und dreißig Prozent je nach Höhe des Kredits und verweist darauf, dass die Kleinunternehmer oft detailliert beraten werden müssen, bis ein Vertrag unter Dach und Fach ist. Das nehmen Kreditnehmer wie Julia Silva Andía in Kauf, denn ohne Kredite wäre ihr Start in die Selbständigkeit nicht möglich gewesen und bisher hat sie ihre Kleinkredite überpünktlich zurückgezahlt.
Keine Negativbeispiele
Negative Beispiele wie in Indien, wo Kleinunternehmerinnen in die Schuldenfalle gerieten und Selbstmord begingen, hat es in Peru nicht gegeben. Dort genießt das Mikrokreditwesen und dessen „Erfinder“ Muhammad Yunus einen guten Ruf, denn anders als die Kreditinstitute in Indien arbeitet die Sparkasse nach Kriterien der Gemeinnützigkeit, so dass der Profit nicht im Vordergrund steht.
Ein Vorgehen, das auch die Entwicklungsbank der deutschen Kreditanstalt für Wideraufbau (KFW) zu schätzen weiß. Sie hat die Sparkasse Arequipa seit 2004 mit über zwanzig Millionen Euro unterstützt – explizit, um das Mikrokreditgeschäft auszubauen. In der Region Arequipa hat sich das ausgesprochen positiv niedergeschlagen.
Seit mehreren Jahren wächst die Region im Süden Perus über dem Landesdurchschnitt. Eine Tatsache, die Julia Silva Andía immer neue Aufträge beschert. Gemeinsam mit ihrem Mann wird sie am Wochenende Möbel in Puno ausliefern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen