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Mietendeckel in BerlinSechs Stunden reichen nicht

Nach stundenlangen Gesprächen vertagt die rot-rot-grüne Koalition die Diskussion um den Mietendeckel. Eine Einigung sei aber nah.

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher Foto: dpa

Berlin taz | Die rot-rot-grüne Koalition hat sich beim Mietendeckel am Donnerstag nicht final einigen können – und wird ihre Gespräche am Freitag um 13 Uhr fortsetzen.

„Wir haben uns heute vorgenommen zu einer Einigung zu kommen. Das ist in weiten Teilen gelungen“, so Antje Kapek, Fraktionschefin der Grünen zur taz. „Wir sind einer Lösung sehr nah, aber für brauchen noch Berechnungen für letzte Details.“, so Kapek weiter. Dem Vernehmen nach geht es dabei um eine Berechnungsgrundlage für Mietobergrenzen.

Ab 13 Uhr traf sich der Koalitionsauschuss mit je vier VertreterInnen pro Partei im Roten Rathaus. Was die Sache so schwer machte: Alle drei Partner hatten sich extrem weit aus dem Fenster gehängt und ihre jeweiligen Positionen schier in Stein gemeißelt. „Mit dem SPD-Modell gehen wir nicht aus der Sitzung raus“, hieß es beispielsweise zuvor bei den Grünen.

Die Linke war in die Sitzung mit einer rechtlichen Erwiderung zum von der SPD in Auftrag gegebenen Gutachten des Staats- und Verwaltungsrechtlers Ulrich Battis gegangen, der die Absenkung der Mieten und die Festlegung von Mietobergrenzen als verfassungswidrig gewertet hatte. Beides sind zentrale Streitpunkte zwischen den Koalitionären.

Der Verwaltungsrechtler Max Putzer kam zu einem anderen Schluss als Battis. „Im Ergebnis kann ich daher nicht erkennen, warum man – jedenfalls kompetenzrechtlich – das Einfrieren anders beurteilen sollte als die Regelungskonzepte zur Einführung einer Tabellenmiete und zur sogenannten Absenkung von Mieten“, so Putzer.

SPD wollte plötzlich weniger

„SPD-Modell“, das stand für das, was im Januar die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl und andere SPDler vorgeschlagen hatten: Nämlich die Mieten für fünf Jahre einzufrieren, um so für eine Verschnaufpause zu sorgen, bis dann hoffentlich genug neu gebaute bezahlbare Wohnungen auf dem Markt sind. Die von der Linkspartei geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung reichte das nicht aus, sie drängte schon im Frühjahr auf Obergrenzen und Mietsenkungen – was die SPD auch mitzutragen schien.

Als sich das in den vergangenen Wochen änderte, verwiesen Linkspartei und Grüne darauf, dass die SPD hinter das zurück gehe, was man im Senat schon Mitte Juni als Eckpunkte beschloss – denn darin ist auch von Mietabsenkung die Rede. Finanzsenator Matthias Kollatz von der SPD relativierte schon nach der Senatssitzung am Dienstag vor Journalisten: Da sei vieles mit Prüfaufträgen verbunden gewesen.

Gelingt am Freitag eine Einigung könnte der Senat den Gesetzentwurf in seiner nächsten Sitzung am kommenden Dienstag beschließen und ins Abgeordnetenhaus einbringen. Bei zügiger Beratung könnte ihn das Parlament bei seiner letzten Sitzung in diesem Jahr am 12. Dezember beschließen. Der Mietendeckel würde dann im Januar Januar 2020 in Kraft treten und rückwirkend zum 18. Juni gelten, dem Tag, an dem der Senat die Eckpunkte des Gesetzes beschloss.

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6 Kommentare

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  • Solange wie die Gegenwehr schwach war, kam aus der Immobilienlobby nur jede Menge Angeberei und Großmannsgetue, man denke nur an Zitelmanns Buchreihe "Reich werden mit Immobilien", und der ist immerhin über viele Jahre Deutschlands einflussreichster Immobilienberater gewesen. Schenkelklopfend riss man in der Branche seine Witze über stetig steigende Preise und Profite.



    Jetzt wird so getan, als würde man dort jeden Cent umdrehen, um nur irgendwie die Häuser zu erhalten. Lächerlich.



    Und dieser Widerspruch: Einerseits seien Immobilienanlagen als Altersvorsorge unverzichtbar, andererseits schuften Vermieter den ganzen Tag für ihre Mieter*innen. Was denn nun? Tatsächlich wollen die einen auch im Alter noch ihre Kreuzfahrten machen und treiben damit die anderen in die Altersarmut.

  • Aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung:



    www.diw.de/documen...727.de/18-21-1.pdf



    „Bei Mieterinnen und Mietern ist die Armutsrisikoquote seit 1991 deutlich gestiegen: Lag die Armutsrisikoquote hier Anfang der 1990er Jahre bei etwa 16 Prozent, betrug sie im Jahr 2015 knapp 29 Prozent (Abbildung 9)“.



    Und der Anteil steigt weiter. Die Schwelle zum Armutsrisiko wird bei 1.090,-€ gelegt. Fast ein Drittel der Mieter*innen verfügt also über 1.090,-€ oder weniger. Daran muss sich Wohnungspolitik orientieren.



    Menschen mit kleinen EInkommen (mit "Schwäche" hat das übrigens nichts zu tun)hilft es nichts, wenn nur Mieten abgesenkt werden, die aus einer Perspektive der oberen Mittelschicht vielleicht als "Wuchermieten" gelten.



    Gesellschaftliche Ressourcen müssen insgesamt so umverteilt werden, dass dieser Anlagedruck gar nicht erst entsteht. Menschen, die Geld übrig haben, wollen dieses noch vermehren, mit welchem Recht?

    • 0G
      07301 (Profil gelöscht)
      @Margit Englert:

      Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Die Studie zeigt, dass die Einkommen zu gering sind (Einkommensarmut).

      Hier sollte angesetzt werden, so dass Menschen kleinen Einkommen befähigt werden, ein größeres Einkommen zu erzielen.

      Eine Umverteilung von Ressourcen ist immer ein Streitthema. Umgekehrt könnte man fragen, mit welchem Recht, Menschen, die Geld übrig haben, dieses nicht nutzen dürfen - zu welchem Zweck auch immer.

      Die Folgen, dass man Geld nicht investieren darf (was sie mit Vermehren meinen), wäre halt, dass keiner mehr in Deutschland unternehmerisch aktiv wäre.

  • 0G
    07301 (Profil gelöscht)

    Das lustige an dem Ganzen ist, dass es egal was für eine Einigung erzielt wird, das ganze zum Bundesverfassungsgericht wandern wird. Ob durch Landtag oder Bundestag oder individuell. Da wird dann endgültig beurteilt werden, ob dies in Einklang mit der Kompetenz und verfassungsrechtl. gewährleisteten Rechten ist (wie zb Eigentum).

    Das einzige Gutachten, welches ich bisher als unabhängig einstufe, ist das vom wissenschaftlichen Dients des Bundestags, welcher Zweifel an der Kompetenz geäußert hat. Einen Eingriff in Grundrechte kann erst burteilt werden, wenn der Gesetzestext tatsächlich vorliegt.

    Ich bin gespannt und hoffe, dass es einen ordentlichen Schadensersatz vom Land Berlin gibt.

    • @07301 (Profil gelöscht):

      Du findest das lustig?



      Musst Du Deinen Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen? Wohnst Du zur Miete?

      • 0G
        07301 (Profil gelöscht)
        @Rosmarin:

        ja, ja und ja.

        wie sieht es denn mit dir aus?