Meuterei in Mali: Panik vor Putschversuch
Aufständische Soldaten bringen Teile einer Militärbasis unter ihre Kontrolle und bewegen sich auf die Hauptstadt Bamako zu.

Videos, die auf der Strecke aufgenommen worden sein sollen, zeigen, wie die in hohem Tempo durch den Staub rasende Fahrzeugkolonne von jungen Männern am Straßenrand bejubelt wird. Es gab unterschiedliche Mutmaßungen, ob ihr Ziel der Präsidentenpalast Koulouba in Bamako oder das Staatsfernsehen sein könnte.
Malischen Berichten zufolge wurden bereits am Morgen in Bamako mehrere Minister und andere hochrangige Persönlichkeiten entweder festgenommen oder von ihren Wachen in Sicherheit gebracht, was im Ergebnis auf dasselbe hinausläuft. Genannt wurden unter anderem der Finanzminister, der Parlamentspräsident und der Generalstabschef.
Die sonst so geschäftigen Straßen der Hauptstadt leerten sich in dem Maße, wie die Berichte über die Meuterei die Runde machten. Angestellte und Marktleute eilten nach Hause. Auf die gleiche Art wie jetzt hatte der Militärputsch 2012 begonnen, der Mali damals in einen bis heute nicht beendeten Bürgerkrieg stürzte.
Die französische Botschaft wies ihre Landsleute an, ihre Häuser nicht zu verlassen. Frankreich ist mit mehreren tausend Soldaten die wichtigste ausländische Militärmacht in Mali und dürfte im Falle eines Putsches vor der Frage stehen, ob seine Soldaten das gewähren lassen oder nicht – ebenso wie die Länder der westafrikanischen Region, die in den vergangenen Wochen mehrmals versucht haben, in der politischen Krise Malis zu vermitteln, bislang ohne Erfolg.
Seit Wochen anhaltende Proteste
Bamako wird seit zwei Monaten von regelmäßigen Protesten gegen die Regierung und vor allem gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keïta (IBK) erschüttert. Was als Unmut gegen mutmaßliche Manipulationen der Ergebnisse der Parlamentswahlen vom März und April begann, weitete sich schnell zu einer breiten Protestbewegung gegen Korruption und Unfähigkeit der Regierenden angesichts der sich ausbreitenden Gewalt in weiten Landesteilen Malis.
Die Protestkoalition M5-RFP, die sich um Oppositionsparteien und Anhänger des in Bamako sehr populären islamischen Predigers Imam Ibrahim Dicko gebildet hat, forderte den Rücktritt des Präsidenten und wich von dieser Forderung auch gegenüber Vermittlern der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) nicht ab. Präsident IBK willigte lediglich dem Austausch von Verfassungsrichtern und der Bildung eines neuen Kabinetts unter Beibehaltung seines Premiermiministers zu.
Mehrmals wurden Demonstranten von Sicherheitskräften getötet; Amnesty International warf vor zwei Wochen der Polizei und der Antiterroreinheit der Armee Schusswaffeneinsatz gegen friedliche Protestierende vor.
Am Samstag hatte das Bündnis M5-RFP eine „entscheidende Aktionswoche“ in Bamako angekündigt, die just an diesem Dienstag beginnen und am Freitag mit einem Großaufmarsch auf dem zentralen Platz der Unabhängigkeit ihren Höhepunkt erreichen sollte. Ein Grund für die Kompromisslosigkeit der Opposition sind die sich häufenden Berichte darüber, dass friedliche Demonstranten von Sicherheitskräften erschossen worden sind.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945