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Messung von LuftschadstoffenEuGH bestätigt strenge Vorgaben

Luftschadstoffe, Grenzwerte und Messstationen sind ein Streitthema. Die obersten EU-Richter haben nun ein weitreichendes Urteil gefällt.

Einige kritisieren, dass die Messstationen für Luftschadstoffe an Kreuzungen aufgestellt werden Foto: dpa

Luxemburg dpa | Bei der Messung von Luftschadstoffen in Europa gelten nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) strenge Vorgaben. Schon die Überschreitung von Grenzwerten an einzelnen Messstellen gelte als Verstoß gegen EU-Regeln, befanden die obersten Richter am Mittwoch in Luxemburg. Bürger können zudem bei Gericht überprüfen lassen, ob Messstationen richtig platziert sind. Das Urteil dürfte auch weitreichende Folgen für Deutschland haben.

Im konkreten Fall hatten Einwohner der belgischen Hauptstadt Brüssel und eine Umweltorganisation belgische Behörden auf Erstellung eines ausreichenden Luftqualitätsplans und Einrichtung der nötigen Messstationen verklagt. Das belgische Gericht bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts. Die Platzierung von Messstellen und die Spielräume bei der Einhaltung von Grenzwerten sind in der Debatte über Diesel-Fahrverbote auch in Deutschland immer wieder strittig.

In Deutschland werden an vielen Stellen Schadstoffwerte überschritten. 2018 wurde dem Umweltbundesamt zufolge in 57 Städten gegen den EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid verstoßen. CSU-Politiker äußerten in der Vergangenheit immer wieder Zweifel an der Platzierung der Apparate und der Aussagekraft der Messwerte. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kritisierte etwa, dass Geräte direkt an Kreuzungen oder Busbahnhöfen aufgebaut würden.

Die Luxemburger Richter befanden nun weiter, dass schon überhöhte Werte von Feinstaub, Stickstoffdioxid oder anderen in der EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa genannte Schadstoffe an einzelnen Messstationen als Verstoß gälten. Denn dort drohten Gesundheitsschäden. Durchschnittswerte für ein größeres Gebiet oder einen Ballungsraum haben damit wenig Aussagekraft.

Die EU-Regeln sähen zudem vor, dass Messstationen so einzurichten seien, dass sie Informationen über die am stärksten belasteten Orte lieferten, erklärten die Richter weiter. Die Standorte müssten so gewählt werden, dass die Gefahr unbemerkter Überschreitungen von Grenzwerten minimiert werde. Die Auslegung der geltenden Regeln durch den EuGH gilt nun für alle EU-Staaten.

Rechtssache C-723/17

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9 Kommentare

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  • Regeln und Gesetze sind dazu da, gebrochen zu werden. Was die Autoindustrie kann, kann die Regierung schon lange. Dem Wohlstand, Wachstum und der Beschäftigung zuliebe. Und natürlich den Renditen der Aktionäre.



    Seien es die Luftschadstoffe in Städten oder die Nitratwerte im Grundwasser (Verfahren gegen die Bundesrepublik läuft).



    Wie zahlen immer doppelt, mit unserer Gesundheit und mit unseren Steuern. Dass sich Verbrechen lohnt, erleben wir bei den Kaufanreizen und den Subventionen für die Autokonzerne, die Milliardengewinne durch ihren Betrug gemacht haben.

    Wie wäre es mit einem Nicht-Autofahrerschutz- oder einem Stadtbewohnerschutz-Gesetz, analog dem Nicht-Raucherschutz?

    • @Drabiniok Dieter:

      Die von Ihnen genannten "Aktionaere" haben keinen Vorteil vom Rechtsbruch der Staedte bzw. Regierungsbezirke. Soweit es sich um Aktionaere der Autoindustrie handelt, wuerden die Firmen und deren Aktionaere vermutlich sogar profitieren, wenn bestimmte Autos aus Innenstadten verdraengt wuerden, weil das den Neuwagenabsatz ankurbelt.

      Hiervon im Rundsatz unabhaengig ist der Dieselskandal mit zu hohen Emissionen der einzelnen Autos. Ja, da wurde zu lax reagiert. Aber fuer die VW-Aktionaere waere eine fruehzeitige Ueberwachung der Emissionen durch den Bund und dadurch Schadensvermeidung bestimmt billiger gekommen.

  • "....Die Platzierung von Messstellen und die Spielräume bei der Einhaltung von Grenzwerten sind in der Debatte über Diesel-Fahrverbote auch in Deutschland immer wieder strittig...."



    Kann mir irgendjemand im Netz mal logisch erklären warum im Zusammenhang von Feinstaub immer nur vom Straßenverkehr und davon nur von den Dieselfahrern geredet wird.



    Gerade Benziner sind oft die größeren Feinstaubschleudern, zusätzlich der Reifenabrieb ( bei SUV`s am stärksten ). Hinzu kommen gigantische Feinstaubschleudern wie Massentierhaltungsbetriebe, schwerölgetriebene Seeschiffahrt, Kohlekraftwerke usw.



    Der Dieselfahreranteil ist ein Bruchteil von der Gesamtbelastung.



    Diese ganze Diskussion geht doch scheinbar völlig am Kernproblem vorbei. Zumindest die Kohlekraftwerke sind umwelttechnisch unter schärfster Kritik, aber auch hier nur bezüglich C02. Die tausenden Lungenkrankheitstoten aufgrund Feinstaubbelastung aus Kohlekraftwerken werden seltenst benannt.



    Bezüglich Verkehr in Innenstäden gibt es ein rießiges Gesamtproblem: Die Städte sind vollkommen autoverstopft mit hoher Lärmbelastung und vollgeparktem öffentlichen Raum.



    Statt endlich massiv gegen diesen Verkehrswahn anzugehen durch die Verbannung dieser Blechlawienen aus den Innenstädten wird über das punktuelle Aufstellen von Messstatiönchen und Dieselfahrer diskutiert, als würde man damit das Problem angehen.



    Als Radfahrer atme ich jeden Tag den Dreck aus allen möglichen Auspuffen ein, mit meinen ca. 0,2 PS und ohne Knautschzone fahre ich überholenderweise täglich an tausenden Blechkarossen mit 100, 200 und mehr PS vorbei, die sich von Stau zu Stau quälen.



    Diese Autoidiotie grenzt schon an Gehirnverstümmelung.



    Auch das soll mir mal einer erklären:



    Warum braucht ein Mensch für den langsamen Stadtverkehr 200 PS unterm Arsch. Fast immer sitzt er allein am Steuer. Was macht das für einen Sinn ?



    Dieser Mensch verbraucht den meisten Stadtraum. Den Gesamtdreck aus seinem Auspuff ist ihm egal. Radfahrern und Fußgängern aber nicht !!!

    • @Traverso:

      Kohlekrafterke: Wo wuerde eine Schliessung der rheinischen Braunkohleverbrennung eine Unterschreitung der Grenzwerte ergeben?



      Koennte die DUH auch diese Massnahme als Forderung aufstellen, solange es Ueberschreitungen gibt?

  • Korrekt. Zeit wird‘s.

    unterm—-zum ergänzenden - Gegenlesen - Schland/NRW - OVG Münster -



    “…Der Umweltverband „Deutsche Umwelthilfe e. V.“ hat Klagen auf Fortschreibung von Luftreinhalteplänen in insgesamt 14 nordrhein-westfälischen Städten erhoben. Ziel aller Klagen ist, dass die jeweiligen Luftreinhaltepläne ausrei­chende Maßnahmen anord­nen, damit die Grenzwerte für Stickstoffdioxid so schnell wie möglich eingehalten werden. Umstritten ist in diesem Zusammenhang insbeson­dere, ob und inwieweit zur Erreichung dieses Ziels Durchfahrtverbote für (Die­sel‑)Fahrzeuge angeordnet wer­den müssen.…



    Am 9. Mai 2019 werden insbesondere folgende Fragen erörtert:

    Aufstellung der Messstellen (Kriterien, Auswirkung der Variationsbreite auf Messergebnisse)....ff

    Aktenzeichen: 8 A 2851/18 (Aachen; I. Instanz: VG Aachen 6 K 2211/15), 8 A 4774/18 (Bonn; I. Instanz: VG Köln 13 K 6682/15), 8 A 4775/18 (Köln; I. Instanz: VG Köln 13 K 6684/15)



    www.ovg.nrw.de/beh...8_190417/index.php

    &! Zu den Mühen der Ebene



    “Münster Bei einer Expertenanhörung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wegen der drohenden Dieselfahrverbote in mehreren Städten in NRW haben sich Fachleute einen Streit über die Entstehung der geltenden Grenzwerte geliefert.“



    rp-online.de/nrw/p...werte_aid-38698871



    &



    “…Richter: Städte habe zu wenig für saubere Luft getan

    Gleich zu Beginn erklärte ein Richter, das "kölsche Grundgesetz", also der Satz "Et hätt noch immer jot jejange" (Es ist noch immer gut gegangen), zähle für dieses Verfahren nicht. Die Städte hätten das Thema saubere Luft über Jahre sträflich vernachlässigt. Man habe sich nicht intensiv genug um Verkehrsplanung gekümmert.



    …ff (wer den alten 🏀er noch vom VG Köln kennt - wundert sich nicht.



    Den Korb & ff - macht er lässig.

    www1.wdr.de/nachri...rverboten-100.html

    • @Lowandorder:

      & womer grad am “…zum Kerbe flachten“ sün - de beed denn doch noch

      “…Grenzwert von 40 Mikrogramm gilt weiter

      Außerdem sagt der Richter, dass die Grenzwerte von 40 Mikrogramm in Deutschland gelten. Damit erteilte er indirekt eine Absage an das neue Bundesimmissionsschutzgesetz, dass auch vorsieht auf Fahrverbote zu verzichten, wenn die gemessenen Wert bis zu 50 Mikrogramm reichen.

      Die Richter befragten die geladenen Sachverständigen zuerst zum Thema Messstellen und Messmethoden. Dabei ging es auch um den Punkt, ob es Fehler-Toleranzbereiche bei den Messungen geben könnte. Ein Chemiker sagte, dass die erhobenen Daten nur eine geringe Abweichung hätten.…“

      ebenda & s.o. & s.u.



      www.spiegel.de/aut...ffe-a-1274343.html



      &



      dejure.org/dienste...zeichen=C-723%2F17



      &



      dejure.org/dienste...zeichen=C-723%2F17

      Etwas fitzelig aber mach was 🎭

  • Ich halte es für geboten, die durchschnittliche Feinstaubverunreinigung der irdischen Atmosphäre als Maßstab zu nehmen. Dann bliebe zum Handeln noch ausreichend Zeit und wir hätten eine Sorge weniger.

  • Fragt sich ob die Grenzwerte richtig gewählt sind, wenn sie überall überschritten werden.

    • @Ansgar Reb:

      Antwort: Dreck-Schleudern ächten und verbieten - überall!