Messerangriffe in Israel: Gewalt wird zum Dauerproblem
Bei Angriffen mit Messern gibt es in Israel weitere Tote. Sie können jederzeit stattfinden. Ein Wundermittel dagegen gibt es nicht.
Paradoxerweise handelt es sich bei dem Opfer der Scherenattacke um einen Palästinenser aus Bethlehem, während ein israelischer Sicherheitsmann offenbar infolge eines Querschlägers Verletzungen an der Hand davontrug.
Der Überfall war der erste Anschlag in Jerusalem seit zwei Wochen. Die meisten Angriffe ereignen sich im südlichen Westjordanland. Israels Sicherheitsapparat verhängte ein Einreiseverbot. Die rund 2.000 Palästinenser, die im Siedlungsblock Gusch Etzion zwischen Bethlehem und Hebron ihren Lebensunterhalt verdienen, können derzeit ihre Arbeitsplätze nicht erreichen.
Unter Berufung auf Augenzeugen berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan von „fliegenden Straßenkontrollpunkten“. Laut Nachrichtenportal Ynet ist offenbar auch die Errichtung weiterer permanenter Trennanlagen in der Diskussion. US-Außenminister John Kerry wird am Dienstag zu erneuten Vermittlungsgesprächen in Jerusalem erwartet.
Die Vorstellung, dass die aktuelle Gewaltwelle in absehbarer Zukunft wieder abebben wird, ist vorbei. Das Hauptproblem bei den Messerattacken, so erklärt der Terrorexperte Shaul Shay vom Interdisziplinären Zentrum für Politik und Strategie in Herzlia, ist, dass sie „jederzeit, überall und durch jeden verübt werden können“.
Das Täterprofil umfasst Männer und Frauen, Palästinenser aus dem Westjordanland und arabische Israelis. Die Altersspanne reicht von 11 bis 40 Jahren. Eine neue Dimension ist der Einsatz von Schusswaffen. Ein „Wundermittel“, so meint Shay, „gibt es weder für die eine noch die andere Art der Angriffe.“
„Schon schlimmere Zeiten erlebt“
Wichtig sei, dass die Öffentlichkeit wachsam bliebe, außerdem seien ein umfangreiches Sicherheitsaufgebot und Abschreckungsmaßnahmen nötig. „Die Terroristen müssen wissen, dass ihre Chancen, lebend davonzukommen, minimal sind, und dass die Familien ihre Häuser verlieren.“ Teil der israelischen Anti-Terror-Maßnahmen ist die Zerstörung der Häuser, in denen die Attentäter leben. Israel habe „schon schlimmere Zeiten erlebt“, sagt der Terrorexperte und rät dazu, die Proportionen nicht aus den Augen zu verlieren.
22 Tote forderte die Gewalt bisher auf israelischer Seite, 97 Palästinenser starben, und rund 1.200 sind in den vergangenen Wochen verhaftet worden. In den palästinensischen Medien ist von „Hinrichtungen“ die Rede, wenn bei einer Messerattacke der Angreifer „neutralisiert“ wird, so der israelische Wortlaut, der in der Regel die Tötung des Angreifers meint. Ausgelöst wurden die neuen Eskalationen durch das Gerücht, Israel wolle den Status quo auf dem Tempelberg abschaffen und an der Stelle der islamischen Heiligtümer einen jüdischen Tempel errichten.
„Die Situation ist nicht einfach“, sagt Saki Jahab, Rettungssanitäter des Roten Davidsterns. „Man fragt sich immer, ob man richtig gehandelt hat, vor allem, wenn ein Verletzter stirbt.“ Mehrmals pro Woche wird der 47-Jährige zum Einsatz gerufen. Er behandelte die 21-jährige israelische Tramperin, die am Sonntag im Gusch Etzion mit einem Messer überfallen wurde und kurze Zeit später ihren Wunden an Kopf und Oberkörper erlag.
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