Merkels Maßnahmenkatalog: Die Kanzlerin macht zu
Abgeriegelter Schengenraum, mehr Frontex-Einsätze und Rücknahmevereinbarungen: Bundeskanzlerin Merkel kommt mit vielen Maßnahmen vom EU-Gipfel zurück.
Die betreffenden Flüchtlinge sollen in den Zentren ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen und einer erweiterten „Residenzpflicht“ unterliegen – die Betroffenen sollen also Auflagen bekommen, die verhindern, dass sie sich aus den Einrichtungen entfernen. Zudem soll eine Verteilung auf die Kommunen ausgeschlossen werden.
Nach Informationen der dpa beauftragte Bundesinnenminister Seehofer Experten seines Hauses damit, die von Merkel vorgestellten Maßnahmen zu prüfen. Demnach will sich Seehofer im Laufe des Tages nicht öffentlich zu den Vorschlägen und dem weiteren Vorgehen in dem Streit mit Merkel äußern. An diesem Sonntagnachmittag kommen die Spitzengremien von CDU und CSU zu getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Angesichts der Asyl-Vereinbarungen beim EU-Gipfel verlangt SPD-Chefin Andrea Nahles von der CSU ein Ende der Eskalation in der Bundesregierung. Sie fordere die CSU auf, auf Basis dieser Ergebnisse „die Instrumentalisierung dieses Themas jetzt einzustellen und wieder zur Vernunft zu kommen“, sagte Nahles am Samstag in Berlin.
Strenge Regeln für Visa-Vergabe
Mit Griechenland und Spanien hat Merkel weitergehende Rückübernahmevereinbarungen getroffen. Die beiden Länder haben sich bereiterklärt, Flüchtlinge wieder aufzunehmen, die dort registriert sind, dann aber an der deutschen Grenze aufgegriffen werden. Dafür kündigte Merkel in dem Schreiben die Einrichtung „grenznaher Rückkehrmechanismen“ an. Die Detailverhandlungen darüber könnten noch im Juli die Innenminister führen und auch beenden. Demnach müsste der Bundesinnenminister, CSU-Chef Seehofer, selbst die Verhandlungen führen.
Vorgesehen ist dem Papier zufolge auch eine striktere Handhabung bei der Vergabe von Visa für den Schengen-Raum. Dies solle Visa-Missbrauch begegnen und so dazu beitragen, die Zahl der Asylanträge in Deutschland weiter zu verringern. Hintergrund ist demnach, dass mehr als 10.000 Asylsuchende im vergangenen Jahr einen Eintrag im EU-Visa-Informationssystem hatten.
Merkel kündigte außerdem an, Bundespolizisten zur Verstärkung der EU-Außengrenze nach Bulgarien entsenden zu wollen. Durch diese Maßnahme solle in Übereinkunft mit Bulgarien die Zahl der in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum Einreisenden weiter gesenkt werden.
„Wir werden die in Griechenland an den Grenzen zu Mazedonien und Albanien eingesetzten Frontex-Verbände verstärken“, kündigt die Kanzlerin in dem Schreiben zudem an. Griechenland und Bulgarien sollten bei der Verstärkung ihrer Grenzpolizeien unterstützt werden. Diese Maßnahmen will Merkel schon bis Ende August umsetzen. „Wir müssen auch bereit sein, im Bedarfsfall Slowenien und Kroatien beim Grenzschutz zu unterstützen“, schreibt die Kanzlerin weiter.
In dem Schreiben präsentiert Merkel ihre Ergebnisse vom EU-Gipfel in Brüssel und den parallel von ihr geführten weiteren bilateralen Verhandlungen mit einzelnen EU-Ländern. Damit will sie offenbar den Streit mit Seehofer und der CSU über umfassende Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen lösen oder zumindest entschärfen. Seehofer hatte damit gedroht, notfalls im Alleingang Flüchtlinge zurückzuweisen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert sind.
Zusagen für beschleunigte Rückführung
Merkel lehnt ein unilaterales Vorgehen aber weiterhin ab, wie sie in dem Schreiben noch einmal betont – und schlägt stattdessen nun die Unterbringung der betreffenden Flüchtlingen in den Ankerzentren vor. Dieses Verfahren will Merkel bei allen Flüchtlingen anwenden, die nicht in Griechenland und Spanien registriert sind und die ungeachtet der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ins Land kommen. Bislang werden nur drei große Grenzübergänge kontrolliert.
Merkel hat bei ihren Verhandlungen zur besseren Steuerung der Migration von 14 Ländern Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern erhalten. Unter den Ländern, von denen es Zusagen auf politischer Ebene gibt, entsprechende Abkommen abzuschließen, sind auch Länder wie Ungarn und Polen, die bisher als die schärfsten Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik galten. Nicht auf der Liste stehen aber weiterhin Italien und Österreich.
Merkel hatte die Koalitionspartner am Freitagabend in getrennten Telefonaten über ihre Verhandlungen in Brüssel informiert.
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