Mehrheit der Deutschen bleibt bei Münzen: Keine Angst vorm Bargeld
Auch in der Corona-Pandemie verändet nur eine Minderheit ihr Zahlungsverhalten. Experten sehen kein erhöhtes Ansteckungsrisiko.
„Wir können aus der aktuellen Momentaufnahme nur erkennen, dass – auch wenn es ernst wird, also in der Krise – Bargeld immer noch ein sehr beliebtes Zahlungsmittel des täglichen Gebrauchs ist“, sagte Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann der Deutschen Presse-Agentur. „Unmittelbare Auswirkungen auf das mittelfristige Bezahlverhalten können wir aus der momentanen Situation nicht erkennen.“
Die Nachfrage nach Scheinen und Münzen bei der Bundesbank ist Beermann zufolge nicht geringer geworden. Nach einem Anstieg zu Beginn der Pandemie hätten sich die Mengen jetzt wieder in etwa auf Vorjahresniveau eingependelt. Dagegen habe die Bundesbank Erkenntnisse, „dass im bargeldlosen Bereich, zum Beispiel bei Kreditkarten, die Zahlungsvolumina deutlich zurückgegangen sind. Das kann auch gar nicht anders sein, weil viele Geschäfte ja geschlossen sind“, sagte Beermann.
Unter denjenigen, die ihr Zahlungsverhalten geändert haben, gaben die meisten (90 Prozent) an, Einkäufe seltener bar zu bezahlen. 79 Prozent zahlen häufiger kontaktlos mit der Girocard und 62 Prozent verstärkt mit PIN oder Unterschrift. Doppelnennungen waren möglich. Als Gründe nannten diese Befragten hygienische Überlegungen, Infektionsschutz und Kontaktvermeidung. Beermann betonte, es gebe keine Erkenntnisse, dass Verbraucher:innen bei der Verwendung von Bargeld einem höheren Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus ausgesetzt seien.
Ansteckung unwahrscheinlich
Auch Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, hatte im NDR-Podcast gesagt: „Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen.“ Der Grund: Bei Corona- aber auch Influenzaviren handele es sich um behüllte Viren. Diese seien gegen Eintrocknung „extrem empfindlich“. Es gibt allerdings andere Virusarten, bei denen ein Ansteckungsweg über Gegenstände deutlich wahrscheinlicher ist. Noroviren beispielsweise, die Magen-Darm-Erkrankungen auslösen können.
Ein Faktor, der die Kartenzahlung für Zahlende und Kassierende attraktiver machen könnte, wäre eher die Geschwindigkeit. Laut einer älteren Studie der Bundesbank waren Barzahlende an der Kasse zwar schneller als Kartenzahlende. Während eine Bar-Transaktion im Schnitt 22 Sekunden dauerte, waren es bei einer Kartenzahlung 7 Sekunden mehr (bei PIN-Eingabe) und 17 Sekunden mehr (mit Unterschrift).
Diese Erhebung stammt jedoch aus Zeiten, in denen kontaktloses Zahlen, ohne Eingabe von PIN oder Unterschrift und bis zu einem Maximalbetrag von je nach Bank 25 bis 50 Euro noch nicht üblich war. Möglich ist also, dass ohne PIN und Unterschrift die Kartenzahlung der Bargeldzahlung in Sachen Geschwindigkeit überlegen ist. Jedenfalls bei vier von fünf Einkäufen. Denn spätestens bei der fünften Zahlung ist die Eingabe der PIN ohnehin fällig – aus Sicherheitsgründen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden