Meduza-Auswahl 3. – 10. Dezember: Wie Russland in Syrien wieder Fuß fasste
Ein Jahr nach dem Sturz des von Russland unterstützen Diktators Assad in Syrien sind die Beziehungen zwischen Moskau und Damaskus erstaunlich warm.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Zeit vom 3. bis 10. Dezember 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Staatlich gewollte Zahlungsprobleme bei „OVD-Info“
Das Menschenrechtsprojekt „OVD-Info“ wurde am 5. Dezember 14 Jahre alt. Ende November haben russische Zahlungsplattformen es aber aus ihren Systemen ausgeschlossen und ihm damit seine wichtigste Einnahmequelle genommen. Regelmäßigen Spenden von 12.000 Menschen sind nun kaum mehr möglich.
„OVD-Info“ hilft politisch Verfolgten, verteidigt Menschen, die in Strafverfahren verwickelt sind, und dokumentiert Repressionen. Meduzu sprach auf Russisch mit dem Projektleiter Alexander Polivanow darüber, wie politische Gefangene unterstützt werden können. „Einer unserer wichtigsten Ziele ist es, neue Instrumente zu entwickeln, um Menschen für den Kampf gegen politische Repressionen zu gewinnen“, sagt er.
Wie es zwischen Moskau und Damaskus steht
Am 8. Dezember erklärten syrische Rebellen unter der Führung der Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) den Sturz des Regimes von Bashar al-Assad. Russland hatte jahrelang den Diktator unterstützt – und dabei genau die Kräfte bekämpft, die nun in Damaskus regieren. Viele Beobachter gingen davon aus, dass Moskau nach dem 8. Dezember 2024 vollständig aus Syrien verdrängt werden würde. Doch der der Kreml handelte schnell. Und baute Beziehungen zur neuen Führung unter Präsident Ahmed al-Scharaa auf.
Meduza sprach dazu mit Hanna Notte, Direktorin des Eurasia Nonproliferation Program am James Martin Center for Nonproliferation Studies: Wie haben sich die syrisch-russischen Beziehungen ein Jahr nach dem Sturz Assads entwickelt? Das Interview publiziert Meduza auf Englisch.„Nach meiner derzeitigen Einschätzung wird es Russland mittel- bis langfristig gelingen, in Syrien Fuß zu fassen. Allerdings nur in sehr bescheidenem Umfang. Ich sehe derzeit keine Entwicklungen, die dazu führen könnten, dass Russland aus seinen Stützpunkten vertrieben wird – zumal die Trump-Regierung offenbar keine großen Probleme mit dieser Präsenz hat“, sagt sie.
Russland und die Geldwäsche
Die Europäische Union plant, Russland auf ihre Liste der Länder mit hohem Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu setzen. Das berichtet Politico. Wird diese Entscheidung offiziell, würde Russlands Status als Pariastaat weiter verschärft. Meduza sprach dazu auf Englisch mit dem Anti-Korruptions-Experten Ilya Shumanov.
Die Aufnahme in die schwarze Liste der EU würde für Russland einen Rückschlag bedeuten – auch für künftige Generationen: Das Land wird aus künftigen Investitionsprogrammen und der globalen wirtschaftlichen Integration ausgeschlossen. „Im Grunde genommen rauben die russischen Behörden ihren eigenen Kindern und Enkeln die Zukunft. Sie werden allein aufgrund des Krieges in der Ukraine ärmer sein“, sagte Shumanov.
„Staatsverrat“ ist in Russland der Kontakt mit Ukrainern
Ein russisch-belgischer Doppelstaatler reiste jüngst nach St. Petersburg, um seinen kranken Vater zu besuchen. Doch an der Grenze wurde er festgenommen. Und wegen „Staatsverrats“ angeklagt. Der Grund: Er hatte mit einer ehemaligen Freundin aus der Ukraine korrespondiert und Geld an sie überwiesen. Das berichtet die Zeitung „Sever.Realii“. Meduza veröffentlicht den Text auf Russisch erneut.Der 48-jährige Michail Loschinin lebt seit 1999 in Europa, zuletzt in Deutschland, und arbeitet als Datenbankadministrator in Luxemburg. Seine Familie ist weit verteilt: Die Mutter lebt in Polen, der Vater in St. Petersburg. Michailos Schwester ist ukrainische Staatsbürgerin.
Anwalt Evgeny Smirnov kommentierte gegenüber Meduza den Fall von Loshchinin: „Mikhail Loshchinin hat Geld an eine Privatperson in der Ukraine überwiesen“. Nach Ansicht der Sicherheitsbehörden sei das eine Form des Landesverrats: Die finanzielle Unterstützung von Aktivitäten, die gegen die Sicherheit der Russischen Föderation gerichtet sind.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert