Medien in Norwegen: Samstags ohne Zeitung

Norwegen streicht Subventionen für die Zustellung von Wochenendausgaben. Das ist eine Folge der Postliberalisierung innerhalb der EU.

Am Wochenende zeitungsfrei: Briefkästen auf dem Lande in Norwegen   Foto: Imago / Chromorange

Zehntausende norwegische ZeitungsabonentInnen können sich ab November an Samstagen den Gang zum Briefkasten sparen. Die Wochenendausgabe werden sie erst am Montag erhalten. Betroffen sind rund 40 Tageszeitungen und eine Auflage von 100.000 Exemplaren.

Das zeitungsfreie Wochenende ist Folge der Postliberalisierung innerhalb der EU und des Beschlusses der norwegischen Regierung, die Samstagszustellung nicht mehr zu subventionieren. Anders als ihre Vorgängerregierungen, die diesen Schritt verschoben hatten, setzte die rechtspopulistisch-konservative Koalition die „dritte Postdirektive“ der EU – Norwegen ist Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums – in diesem Jahr um.

Die Konsequenz: Seit März kommt der Briefträger nur noch Montag bis Freitag. Die von Brüssel nicht zwingend vorgeschriebene Samstagszustellung wurde gestrichen.

Zwar beruht der Zeitungsvertrieb zu einem großen Teil auf eigenen Zustelldiensten der Verlage, doch auf dem Land gibt es bislang keine Alternative zum staatlichen Posten Norge. Eine Ausschreibung für die Samstagszustellung verlor die Post gegen einen kleinen Zustelldienst, der nur eine Belieferung von 15 Prozent der betroffenen Haushalte versprach.

Die gute alte Zeitung

Einfach mal so: Die gute, alte, gedruckte Zeitung ist in die Jahre gekommen. Das ist kein Grund, sie weniger zu lieben! Willkommen zu einer Sammlung schöner Momente, die man mit ihr verbringen kann. Liest man Zeitung in der Fußgängerzone, scheint die Welt stillzustehen. Expertentipp: Ist man im Detektivmilieu tätig, lassen sich hinter bedrucktem Papier zudem Zielpersonen observieren.   Imago/Rainer Unkel

Kann es einen schöneren Duft geben, als eine Mixtur aus Chesterfield-Sessel und frischgedruckter Zeitung? Die Parfümidee "Le fragrance du journal Chesterfield" wäre nicht nur in aristokratischen Kreisen ein Verkaufsschlager.   Imago/Günter Schneider

Kein Akku, der den Geist aufgibt, kein Display, in dem man bei Sonneneinstrahlung nur sich selbst sieht: Die Zeitung ist ein robustes Alltagsprodukt.   Imago/Kai Horstmann

Wer kennt das nicht: Sonntags in der Kleinstadt-Fußgängerzone. Kein Geschäft hat auf, nach dem dritten Straciatella-Becher hat man auch auf Eis keine Lust mehr. Zum Glück gibt es den Zeitungsaushang der lokalen Redaktion, um der Feiertagstristesse per Lektüre zu entfliehen.   Imago/ecomedia/robert fishman

Stände dort stattdessen bald ein weiterer Shop mit Backwarenramsch – nicht auszudenken! Nur im Bahnhofskiosk kann man sich schließlich kofferbepackt für zehn Stunden breitmachen und obendrauf sämtliche Produkte konsumieren, ohne zu bezahlen.   dpa

Eine ernste Leseambition liegt wohl nicht vor. Dennoch muss gesagt werden: Es sähe dämlich aus und wäre wenig zielführend, hielte sich der Delinquent ein iPhone vor's Gesicht. Insofern auch ein schöner Moment: Die Zeitung als Retter der Privatsphäre.   dpa

Mit einer Zeitung zur Hand sind in die Jahre gekommene Liebesgefühle im Nu reanimiert – dazu einfach das Printmedium von beiden Seiten mit einer Hand festhalten und darin schmökern. Eine ganz neue Art der Verbindung, klappt garantiert.   Imago/INSADCO

Was ist das für 1 Entspannung? Natürlich schützt auch die Zeitung vor Müdigkeit nicht. Dennoch sieht der Power-Nap auf dem Hochplateu mit ihr gleich intellektueller aus.   Imago/Peter Widmann

PolitikerInnen vertrauen bei Parlamentsdebatten seit jeher auf die Zeitung als effektives Mittel, Desinteresse auszudrücken. Liest die Dame hinter Björn Höcke hier wohl gerade einen Artikel über die Lügenpresse?   Imago/pictureteam

Weil sich damit fünf Millionen Euro jährlich sparen lassen, entschied sich die Regierung für die Minimallösung und gegen das Parlament: Das hatte empfohlen, „eine Lösung zu finden, mit der Samstagszeitungen im ganzen Land sichergestellt sind“.

Eine Beschleunigung des Auflagenschwunds befürchtet Irene Halvorsen, Chefredakteurin der Tageszeitung Nationen: „Gerade die Wochenendausgaben sind ja zum Langlesen gedacht.“ Kämen die erst am Montag, würden manche ihre Abonnements überdenken. Und sie kritisiert: „Der Staat steckt Milliarden in die Asphaltierung von Straßen und übersieht, dass das nicht die einzige Infrastruktur ist, die wird brauchen.“

Comments

[wxyz]

Hat man denn total übersehen, daß dies eine riesige Gefahr für das Establishment darstellt?

 

Samstags keine Zeitung mehr bedeutet doch unter dem Strich, daß die Menschen plötzlich anfangen könnten, an Samstagen mit ihrem eigenen Kopf zu denken.

[trippel]

Deshalb lieber freiwillig für eine zustellungsunabhängige taz auf dem Tablet zahlen.

[JoWall]

Welche Subvention wurde nun gestrichen? Allgemein die Samstagszustellung von Post auf dem Land oder nur die Zeitungszustellung am Samstag? Dann schickt die Wochenendausgabe eben am Freitag oder abonniert die digitale Version.

[Thiemo4]

@JoWall:

Sie haben recht, der Artikel lässt viele Fragen offen.

 

Ich vermute aber, dass bisher die norwegische Post eine Subvention für die Sonntagszustellung erhalten hat, von der dann die Zeitungsverlage profitiert haben, weil die "Rosinenpickerei " betreiben und deshalb nur in den städtischen Bereichen eigene Zustelldienste haben.

 

Warum die norwegische Post eine Subvention für die Samstagszustellung braucht, die sonst kein anderes staatliches Postunternehmen in Europa benötigt und trotzdem die Post zustellt, wäre die eigentliche Frage.

 

Die zweite Frage ist, warum die Zeitungsverlage nicht andere Dienstleister beauftragen? Weil Zeitungsaustragen ein geschützter Bereich ist, in dem keine Konkurrenz zur staatlichen Post erlaubt ist?