Maut-Debatte im Bundestag: Die SPD bremst
Datenschutz, Einnahmen, Diskriminierung: Die SPD hat Zweifel an der PKW-Maut und will sich nicht treiben lassen. Der Verkehrsminister lässt sich die Laune nicht verderben.
BERLIN rtr | Die SPD hat zur Vorsicht bei der geplanten Pkw-Maut gemahnt und will das Vorhaben noch einmal genau prüfen. „Wir sollten uns damit von niemandem treiben lassen“, sagte SPD-Vize-Fraktionschef Sören Bartol am Donnerstag im Bundestag bei der ersten Beratung der Maut. Es gebe Zweifel bezüglich der angenommenen Einnahmen, zum Datenschutz und darüber, ob Ausländer diskriminiert würden. „Die vorgelegten Gesetzentwürfe werfen noch viele Fragen auf.“ Bartol reagierte damit auf Regierungspläne, wonach die Maut noch im März beschlossen werden sollte.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigte dagegen die Mut als gerecht und modern: „Wir leiten heute ein neues Kapitel der Infrastrukturfinanzierung ein und vollziehen einen echten Systemwechsel.“ Grünen-Vize-Fraktionschef Oliver Krischer sprach von einem Projekt einer Regionalpartei, das „auf den Müllhaufen blödsinniger CSU-Projekte“ gehöre.
Das Maut-Gesetz sieht vor, dass die Abgabe für alle Nutzer von Autobahnen erhoben wird. Für inländische Fahrzeughalter gilt sie formal auch auf Bundesstraßen. In Deutschland registrierte Fahrzeughalter sollen aber entsprechend der Maut-Kosten bei der Kfz-Steuer entlastet, so dass unterm Strich nur Ausländer zahlen. Sie müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, während Ausländer dem Gesetzentwurf zufolge auch für 10 Tage (10 Euro) oder zwei Monate (22 Euro) buchen können. Im Schnitt wird die Gebühr für ein Jahr dann bei 74 Euro liegen. Dobrindt plant, die Maut ab 2016 zu kassieren.
Als möglich gilt aber, dass die EU die Maut als Diskriminierung von Ausländer werten und sie mit einer Klage stoppen könnte. Die Kommission will sich dazu erst nach Verabschiedung des Gesetzes äußern. „Wir Sozialdemokraten nehmen die Bedenken sehr ernst“, sagte Bartol.
Die Frage ist: wie?
Er verwies darauf, dass für die SPD die Pkw-Maut ein Kompromiss im Koalitionsvertrag gewesen sei. „Damit wird sie kommen, die Frage ist nur wie.“ Auch müsse die Forderung des Bundesrates ernst genommen werden, der eine Zustimmungspflicht der Länderkammer sieht. Die Bundesregierung bestreitet das. Der Bundesrat hatte den Entwurf in einer Stellungnahme bereits mit großer Mehrheit abgelehnt.
Klargestellt werden muss laut Bartol zudem, dass im Fall einer erfolgreichen EU-Klage gegen die Entlastung deutscher Autofahrer nicht eine Belastung für alle komme. Zudem müssten die Einnahme-Berechnungen des Ministeriums noch einmal überprüft werden. Die Maut dürfe nur kommen, wenn sie wirklich zusätzliche Mittel bringe. Dobrindt rechnet nach Abzug von Kontroll- und anderen Verwaltungskosten mit jährlich 500 Millionen Euro. Dies wird von vielen Seiten als zu hoch bezweifelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“